Susan Andersen
Teenager!
Bisher war sie bei ihrem Rundgang durchs Zimmer noch nicht bis zu Darnell und Emilia gekommen. Jetzt stellte sie sich hinter Darnells Bild. „Oh“, rief sie, während sie das Porträt der drei Frauen, die die Köpfe zusammensteckten, anstarrte. „Das ist großartig, Darnell!“
„Die Idee habe ich von einem Foto, das meine Grandma von ihrer Großmutter und ihren zwei Großtanten hat“, sagte Darnell, der augenblicklich seinen Stolz und seine Verlegenheit vergessen zu haben schien.
Eingehend betrachtete Poppy das Bild und bewunderte die Art, wie die drei Frauen geradezu aus der Leinwand zu springen schienen. „Haben Sie sich schon einen Titel überlegt?“
„Nach dem Kirchgang.“
Sie lachte. „Ja, das kann ich mir vorstellen – wie sie gerade von den harten Kirchenbänken aufgestanden sind und darüber reden, wer was getragen und wer noch einen Kater vom letzten Abend gehabt hat. Sie haben diese Ahnung von Tratsch eingefangen und mit dem Hauch einer alten, längst vergangenen Ära durchtränkt. Und doch ist das Thema heute noch genauso aktuell wie zur Zeit Ihrer Ururgroßmutter. Es ist fantastisch, Darnell. Und ich mag die gewagte Farbwahl.“
„Grandmas Foto ist Schwarzweiß, aber sie sagt, dass ihre Familie immer Farbe geliebt hat.“ Er grinste. „Und das glaube ich sofort, wenn man nach mir und meiner Grandma gehen kann.“
Zwei der Frauen hatte er überwiegend in Primärfarben gemalt. Eine in strahlendem Blau mit einem blaugelben Kopftuch, die andere in Gelb mit einem breitkrempigen Hut mit grünen Federn und einem passenden Band unter dem Kinn. Er deutete auf die dritte Figur, die bisher nur mit Bleistift gezeichnet war. „Für sie wollte ich das Zinnoberrot.“ Dann richtete er sich wieder zu seiner beeindruckenden Länge auf und sah das Mädchen neben sich an. „Aber es tut mir leid, wie ich dich genannt habe, Emilia. Das war idiotisch, und meine Grandma würde mir den Mund mit Seife auswaschen, wenn sie das gehört hätte.“
„Das mache ich schon selbst, wenn du mich jemals wieder so ansprichst.“ Aber Emilia reichte ihm die Farbtube. „Tut mir leid, ich war auch nicht gerade respektvoll.“
„Ich spreche kein Spanisch, also hättest du alles zu mir sagen können, ich hätte es sowieso nicht kapiert. Wie hast du mich genannt?“
Das Mädchen verzog die Lippen zu einem schiefen Lächeln. „Ist bestimmt besser, wenn du’s nicht weißt.“ Dann betrachtete sie sein Gemälde. „Du bist wirklich gut, Darnell. Ich kann Menschen nicht malen, ums Verreck...“ Schnell warf sie Poppy einen Blick zu. „Ah, nichts.“
„Aber dafür kannst du Gebäude echt gut malen. Ich will im Hintergrund einen Kirchturm zeichnen. Aber so oft, wie ich ihn schon weggradiert habe, um die Proportionen hinzukriegen, ist es ein Wunder, dass die Leinwand kein Loch hat.“
„Ich könnte dir nach dem Unterricht ja zeigen, wie das geht. Aber dann musst du mir zeigen, wie man so was hier malt. Wie sagt man? Menschenstudien.“
„Klar.“ Er wandte sich wieder seiner Staffelei zu. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Klar. Das wäre gut. Wir könnten zu Starbucks gehen und uns einen Tisch suchen, wo wir unseren Schei..., äh, unseren Kram ausbreiten können.“
Als sie sich später auf den Heimweg machte, war Poppy sehr zufrieden mit sich und ihren beiden Schülern. Sie fuhr bei einem Baumarkt vorbei, um einige Farbtabellen für die Villa mitzunehmen und kaufte ein paar Lebensmittel bei Marketime ein. Doch als sie zu Hause ankam, hatte sie keine Lust zu kochen. Also warf sie ihre Farbtabellen auf den Tisch, verstaute die Einkäufe und lief dann rüber zu Mad Pizza, wo sie eine kleine Pizza zum Mitnehmen bestellte. Wieder zurück setzte sie sich an den winzigen Tisch, lauschte Zero 7 auf dem CD-Player und studierte vergnügt die Farbpaletten, während sie drei Pizzastücke mit einer Flasche Bier hinunterspülte.
Sie fühlte sich so gut, dass sie tatsächlich den Stapel Papierkram für das Jugendförderprogramm bearbeitete, der sich seit sechs Wochen ganz oben auf dem Bücherregal anhäufte. Danach fühlte sie sich weitaus glücklicher, als das Erledigen einer solchen Arbeit eigentlich rechtfertigte. Beim Anblick der jetzt staubfreien Stelle im Bücherregal dachte sie tatsächlich kurz daran, den Staublappen hervorzukramen.
Doch dann lachte sie. „Nö.“ Es gab keinen Grund zu übertreiben.
Allerdings wischte sie den Tisch ab, um ihre Grußkarten-Utensilien darauf auszubreiten. Voller
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