Susan Andersen
Schwung brachte sie das Design zu Ende, das sie gestern begonnen hatte. Gleich danach begann sie ein neues und gelangte schnell in eine Phase, in der ihre Gedanken umherwanderten, während die Kreativität nur so sprudelte.
Erst nach einer Weile bemerkte Poppy, dass sie Primärfarben benutzte. Darnells Gemälde hatte sie zu dieser Farbwahl inspiriert. Vielleicht sollte sie einen Antrag auf weitere Zuschüsse stellen – um Jugendlichen beizubringen, wie man Grußkarten entwarf, die man verkaufen konnte. Sicher, bisher hatte sie erst eine einzige Karte an eine große Firma verkauft, aber auch mit den anderen Karten, die sie in kleinen, ausgesuchten Boutiquen anbot, lief es ganz gut. Damit verdiente sie zwar nicht mehr als ein Taschengeld, bewies aber immerhin, dass handgefertigte Karten durchaus verkäuflich waren.
Irgendwann, wenn die Villa fertig renoviert war und sie sie verkauft hatten, würde auch sie Geld haben. Abgesehen von einem neuen Auto brauchte sie für sich selbst nicht viel. Mit Miss Agnes’ Geld könnte sie noch mehr Teenager erreichen – viel mehr. Und der alten Dame würde das gefallen.
Das Leben war wirklich gut zu ihr.
Das Telefon klingelte. Poppy sprang auf, bereit, ihre Idee zu teilen und ein langes, befriedigendes Gespräch mit Jane oder Ava oder ihrer Mutter zu führen.
Allerdings stellte sich heraus, dass es keine der drei war, und als sie eine Viertelstunde später wieder auflegte, hämmerte ihr Herz heftig in ihrer Brust. Sollte sie nun wie eine Irre lachen oder mit dem Kopf gegen die nächstbeste Wand schlagen?
Ihre drei Graffiti-Sprayer hatten soeben eine zweite Chance bekommen – und sie damit auch. Sie konnte ihnen helfen. Das war gut.
Fantastisch, um genau zu sein.
Wenn man einmal davon absah, dass sie einen Aufpasser bekommen sollte. Und zwar keinen anderen als ihren Lieblingspolizisten: Jason de Sanges.
4. KAPITEL
Hab’ ich etwa nach Strich und Faden gelogen? Kann man wohl sagen! Und fühle ich mich deswegen schlecht? Hm, ist klar.
I rgendetwas gab Jase das vage Gefühl, einen Zusammenhang mit der kürzlich aufgetretenen Flut von Einbrüchen zu erkennen, die das Raubdezernat verfolgte. Er konnte das Gefühl allerdings nicht richtig fassen. Es bewegte sich am Rande seines Bewusstseins, näherte sich und gelangte dann wieder außer Reichweite. Ungeduldig blätterte er seine Notizen durch, weil er wusste, dass ihm irgendetwas darin den Anstoß gegeben hatte. Doch er kam nicht darauf. Also versuchte er, gar nichts mehr zu denken. Er lehnte sich still in dem lärmenden Großraumbüro zurück und hoffte, dass die Verbindung, nach der er suchte, wieder etwas näherrücken würde. Ein Aufglimmen. Tatsächlich, es kam näher und näher ... ja, komm zu Daddy, du hast es fast geschafft ...
„Yo, de Sanges!“
... und war wieder verschwunden. Als Jase mit seinem Stuhl herumwirbelte, sah er Bob Greer. Der Lieutenant streckte den Kopf aus seinem Büro von der Größe eines Schuhkartons.
„Kommen Sie kurz rein, ja?“, forderte er Jase auf.
Dieser wusste sofort, dass ihm nicht gefallen würde, was er zu hören bekäme, als Greer sagte. „Schließen Sie die Tür.“
Die Hände in die Taschen gestopft, musterte Jason seinen Vorgesetzen. „Was gibt’s?“
„Setzen Sie sich.“
Der Lieutenant lehnte sich an den Rand des Schreibtischs. „Ich habe einen Anruf vom Commissioner bekommen, der wiederum einen Anruf vom Bürgermeister bekommen hat.“
Ach du Scheiße, dachte Jason ungläubig, das hat sie nicht gewagt. Nicht noch einmal. Doch er befürchtete das Schlimmste. „Und?“
„Und offenbar ist uns jemand ernsthaft verbunden. Denn raten Sie mal, wozu Sie abkommandiert worden sind.“
Jason rieb sich mit einer Hand übers Kinn. Atmete. „Fuuuuck.“ Er dehnte diese eine Silbe so lange aus, bis der Fluch im Grunde nicht mehr anstößig war.
„Betrachten Sie es doch mal so“, sagte Greer. „Auf diese Weise tauchen Sie auf dem Radarschirm des Bürgermeisters auf. Wenn Sie gute Arbeit leisten, wird er sich daran erinnern, wenn es so weit ist und Sie das Examen zum Lieutenant ablegen. Ein Wort von ihm könnte den Unterschied zwischen einer anständigen Dienststelle und Peoria machen.“
Sicher. Allerdings wäre der Bürgermeister längst nicht mehr in Amt und Würden, wenn das nächste Examen anstand. Doch Jase nickte, als ob er den Gedanken ernsthaft abwog. „Ja, da ist was dran. Also, was soll ich tun?“
„Sorgen Sie dafür, dass diese drei Kids nichts
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