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Susan Andersen

Susan Andersen

Titel: Susan Andersen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosarot in Seattle
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mochte, sie war durchaus in der Lage, sich professionell zu verhalten.
    Darum sollte er künftig besser vorsichtig sein. Denn sie war eine Frau mit einer Mission.
    Allerdings eine, die peinlich darauf achten musste, nicht noch einmal in Griffnähe dieses Mannes zu geraten.

5. KAPITEL
Und ich soll Künstlerin mit einem guten Auge für Kunst sein. Tolles Auge. Denn dieses Cory-ist-ein-Mädchen-Ding habe ich nun wirklich nicht kommen sehen!
    D  ie knapp fünfzehnjährige Cory Capelli zog ihre Zeitungsjungenkappe tiefer in die Stirn. Sie stellte den Kragen der abgewetzten Lederjacke ihres Vaters auf und entfernte sich von den Leuten, mit denen sie auf der Ave im U District abgehangen hatte. Es machte ihr Spaß, sich ab und zu mit anderen Graffiti-Künstlern und Taggern zu treffen und dem neuesten Tratsch zu lauschen. Aber sie arbeitete am liebsten allein.
    An diesen Grundsatz hätte sie sich auch vor zwei Wochen halten sollen, statt sich mit Danny G. und Henry Wieheißter-nochmal zusammenzutun. Danny allein wäre ja in Ordnung gewesen. Er machte die besten Graffiti in der Gegend, Graffiti, die Geschichten erzählten. Cory betrachtete sich selbst auch als Künstlerin und nicht als Taggerin. Vielleicht waren ihre Bilder nicht besonders raffiniert. Dafür aber war ihr Tag CaP an und für sich schon ein Kunstwerk mit seinen fetten, zweidimensionalen bunten Buchstaben und der Kappe, die ihr Markenzeichen war und von dem kleinen a herunterbaumelte. Zwischen ihrem Tag und diesem hässlichen Herumgekritzel auf Schildern oder Gebäuden lagen Welten. Außerdem arbeitete sie zu Hause an einer Graphic Novel, einem illustrierten Roman. Bisher hatte sie sich aber nicht getraut, die Zeichnungen jemandem zu zeigen. Und genau darum hatte sie beschlossen, sich mit Danny G. zusammenzutun.
    Henry hingegen gehörte zu diesen Kritzeltypen. Sein Vorschlag, in einer Gegend, die sie nicht gut kannten, eine Hauswand zu bemalen, hatte sie völlig überrumpelt.
    Sie musste echt mehr an ihrem – wie hieß das gleich – Durchsetzungsvermögen arbeiten. Denn was hatte sie sich mit ihrem Schweigen eingehandelt? Sie waren gekascht worden. Und jetzt mussten sie alle morgen früh irgend so eine Weltverbesserin treffen, um ihre Graffiti zu überstreichen. Na super, dachte Cory, als sie plötzlich eine hübsche Wand zwischen einer Zahnarztpraxis und einem Juwelier entdeckte.
    Natürlich war es immer noch besser, als vors Jugendgericht zu kommen. Das würde das Herz ihrer Mom endgültig brechen. Cory hatte kapiert – wirklich kapiert –, dass Danny C, Henry und sie echt Glück gehabt hatten mit den Leuten, deren Gebäude sie getagged hatten. Na ja, Henry hatte getagged. Er hatte sein bescheuertes Zeichen auf so ziemlich jeder denkbaren Fläche hinterlassen, bevor sie oder Danny ihre Sprühdosen überhaupt aus den Taschen gezogen hatten.
    Okay, das war nicht ganz richtig. Beide hatten bereits ihre Sprühdosen rausgeholt, als der Typ aus dem Laden von gegenüber sie hochnahm. Vielleicht war Henry schneller gewesen, aber sie hatten schließlich etwas ganz anderes vorgehabt als er. Sie hätten selbst mit links noch verdammt viel besser gemalt als dieser Kritzler.
    Was für ein Glück, dass sie gerade an diese Ladenbesitzer geraten waren! Denn die hatten zwar die Bullen gerufen, sich aber geweigert, sofort Anzeige zu erstatten. Vorher wollten sie alle miteinander besprechen, was aus ihr und den beiden Jungs werden sollte. Diese Säuberungsaktion war allemal besser als eine Anzeige.
    Aber nicht sehr.
    Der Gedanke daran versaute Cory den Abend ganz gewaltig. Sie war total frustriert. Es war spät, und die Studenten der University of Washington, auch U-Dub genannt, hatten sich längst in die verschiedensten Kneipen und Bars verzogen. Immerhin erhöhte das ihre Chance, nicht geschnappt zu werden. Aber es fühlte sich so einsam an, und Regenwolken fegten über den mondlosen Himmel. In dem gedämpften Licht einer Straßenlampe betrachtete sie lustlos die buttercremefarbene große Hauswand.
    Cory schüttelte sich innerlich, zog die Sprühdose mit der kobaltblauen Farbe heraus und genoss das tröstliche Klackern der Kugeln darin. Eigentlich sollte sie begeistert sein, eine so jungfräuliche Wand wie diese entdeckt zu haben.
    Nur ...
    Sie hatte nicht die geringste Idee, was für einen neuen Schnörkel sie an ihr Tag hängen konnte. Normalerweise purzelten die Einfälle nur so aus ihr heraus. Aber allmählich war sie es leid, dieselben Buchstaben wieder und wieder zu

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