Susan Andersen
verteilte.
Himmel noch mal!
Ms. C. förderte ein Päckchen Taschentücher zutage, und Cory wischte sich die Wange ab und putzte ihre Nase.
„Hier.“ Ms. C. kam näher und tupfte mit einem Taschentuch ihre Augen trocken. Dann betrachtete sie Cory nachdenklich: „Sie sehen ohne dieses ganze Make-up viel hübscher aus“, meinte sie, knäulte das mit Wimperntusche und Eyeliner verschmierte Taschentuch zusammen und lächelte.
„Das sagt meine Mom auch“, schniefte Cory.
„Sprechen Sie mit ihr. Wenn Ihre Mutter nur ein bisschen wie meine ist, dann würde es sie umbringen zu wissen, dass Sie das alles für sich behalten.“
Obwohl der Gedanke verlockend war, entgegnete sie nur: „Ich denk darüber nach.“
„Sie ist die Erwachsene in Ihrer Familie, Cory. Es würde ihr bestimmt nicht gefallen, dass Sie auf Kosten Ihres eigenen Seelenfriedens versuchen, sie zu beschützen.“ Dann winkte sie ab. „Aber ich will nicht meckern. Lassen Sie uns stattdessen lieber über Detective de Sanges sprechen.“
Sofort schlug Corys Herz schneller. „Er ist gemein!“
„Nein“, entgegnete Ms. C. ruhig. „Er knausert ein bisschen mit seinem Lächeln, und er ist verdammt dickköpfig, aber ich glaube nicht, dass er gemein ist. Sein Job ist ihm unglaublich wichtig. Ich bin sicher, wenn er zu dem Team gehört hätte, das für Ihren Vater zuständig war, hätte er alles getan, damit so etwas nicht passiert.“
„Vielleicht“, grummelte sie mürrisch, nicht bereit, an das Gute in irgendeinem Bullen zu glauben. Aber vielleicht war er tatsächlich gar nicht so schlimm. Denn jetzt, wo die Panik nachgelassen hatte, fiel ihr auch wieder ein, dass er vorgeschlagen hatte, Ms. C. zu holen, als sie sich geweigert hatte, mit ihm zusammenzuarbeiten.
Zumindest das musste sie jetzt nicht mehr. Na bitte, dann hatte dieser peinliche Tränenausbruch in aller Öffentlichkeit also doch etwas Gutes.
„Tut mir leid“, entschuldigte sich Ms. C. „Das zu sagen, war nicht sonderlich hilfreich, weil sich an der Vergangenheit nichts mehr ändern lässt. Aber wenn Sie Detective de Sanges etwas besser kennenlernen, werden Sie sicher feststellen, dass er gar nicht so schlimm ist.“
Das klang gar nicht gut. „Hm? Wenn ich ihn besser kennen...
„...lerne“, beendete Ms. C. für sie den Satz. „Denn Ihnen ist natürlich klar, dass er nach wie vor Ihr Partner sein wird, oder? Zumindest bis diese Arbeit hier abgeschlossen ist.“
9. KAPITEL
Ach, verdammt. Kaum habe ich mir meine Meinung gebildet und mich gut damit gefühlt, kommt Jason an und wirft wieder alles über den Haufen. Ich hasse es, wenn Tatsachen meinen Vorurteilen in die Quere kommen!
A ls Bruno Arturo einen Teenager mit Spraydosen entdeckte, drehte er um und schlenderte auf ihn zu. Sicher, Schultz hatte gesagt, dass er die Sache auf sich beruhen lassen solle, aber das hier war Kismet, Schicksal, Mann. Warum sonst sollte so ein Grafflti-Freak, den er schon öfter hier hatte rumlungern sehen, genau in dem Moment auftauchen, in dem er darüber nachdachte, wie beschissen es war, dass er seinen Tagger nicht finden konnte. „Heyjunge!“
Nach einem kurzen Blick über seine Schulter schlurfte der Junge in seinen ausgebeulten Jeans, aus denen fünf Zentimeter der Boxershorts herausschauten, dem übergroßen Kapuzenshirt und den riesigen, nicht zugebundenen Sneakers weiter.
„Hey du! Ich rede mit dir!“ Jesus, was dachten sich diese Kids nur dabei, wenn sie solche Klamotten überzogen? Bruno fuhr mit der Handfläche über seinen exakt geschnittenen grauen Anzug, und als der Junge wieder den Kopf abwandte, schnauzte er: „Wag es nicht, einfach weiterzugehen, du Spinner!
„Was is’ los, Alter?“ Jetzt blieb der Junge stehen, lehnte aber den Oberkörper zurück und verschränkte die Arme über der Brust. „Was gibt’s?“
„Du sollst mir nur ein paar Fragen über deine Leute beantworten.“
Der Teenager kniff die Augen zusammen. „Von was für Leuten sprichst du, Arschloch? Vielleicht von Schwarzen?“
„Nein, Idiot. Ich suche nach einem Tagger. Einem weißen Tagger“, betonte er.
„Kenn ich keinen.“
„Schwachsinn. Ich seh euch doch die ganze Zeit zusammen rumhängen. Und auf euren Dosen steht immer Krylon, scheint die einzige Farbe zu sein, die ihr Typen benutzt. Also erzähl mir, wo ich den hier finde.“ Er beschrieb den Sprayer vom Dach so gut er konnte.
Doch der Junge zuckte nur mit den Schultern. Bruno hatte das Gefühl, dass er nicht einmal zugehört
Weitere Kostenlose Bücher