Susan Andersen
auf, sah aufs Display und drückte es ans Ohr. Während er lauschte, kam er weiter auf sie zu, blieb dann aber auf einmal stehen. Ihre Blicke trafen sich. Er hob einen Finger, das weltweit anerkannte Zeichen für „einen Moment bitte.“
Warum ausgerechnet diese schlichte Geste ihr zur Erkenntnis verhalf, wusste sie auch nicht. Doch mit einem Mal war sie sich ganz sicher. Voller Verwunderung starrte Poppy ihn an.
Heilige ...
Himmel ...
Sie atmete zischend ein. Stieß die Luft wieder aus.
Und stellte sich der Realität. Du. Lieber. Gott.
Sie hatte sich in diesen Mann verliebt.
Etwas später klappte Jase sein Handy zu und sah, wie die Kids unter Poppys Aufsicht gerade das Material in den Kofferraum ihres Wagens räumten. Als er sie beobachtete, wie sie lachend das Verstauen der Farbdosen und verschiedenen anderen Malutensilien überwachte, kam ihm erneut ein Verdacht, der nun schon seit ein paar Tagen an ihm nagte.
In Wahrheit hatte er abgesehen von dem Tag, als sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten, die gesamte Woche das Gefühl gehabt, dass er die falsche Spur verfolgte. Wieder und wieder hatte er sich im Kreis gedreht, genauso sinnlos, wie ein Windhund einem mechanischen Hasen nachjagt. Je mehr Zeit er mit Poppy verbrachte, desto unwahrscheinlicher erschien es ihm, dass der Irre, der Leitern sabotierte und Autos als Waffe benutzte, es auf sie abgesehen hatte.
Natürlich legte sich diese Frau schon mal mit jemandem an – überwiegend allerdings mit ihm. Und eigentlich auch nur, wenn es um ihre Schüler ging. Ansonsten war sie, soweit er es erlebt hatte, anderen gegenüber entweder äußerst freundlich oder zumindest höflich. Meine Güte, Poppy war ein offenes Buch. Punkt. Bei ihr bekam man, was man sah. Die Leute wussten bei ihr immer genau, woran sie waren. Sie war einfach nicht der Typ Mensch, der Gefühle versteckte. Was es sehr unwahrscheinlich machte, dass sie ein dunkles Geheimnis hütete, das einen anderen dazu veranlassen konnte, sie aus dem Weg zu räumen.
Gut, letzten Herbst hatte es Probleme mit der Wolcott-Villa gegeben, aber soweit er wusste, war es damals ausschließlich um ihre Freundin Jane gegangen. Heute hatte er mit Marlene Stories gesprochen. Er wollte herausfinden, ob sie an dem Tag, an dem Poppy beinahe von dem Schraubenschlüssel erschlagen worden wäre, jemanden angeheuert hatte, um das Dach zu reparieren.
Wie sich herausstellte, hatte sie tatsächlich jemanden gebeten, eine undichte Stelle an ihrem Dachfenster zu reparieren. Und zwar genau den Typen, der den Kopf über die Dachrinne gestreckt hatte, um sich zu entschuldigen. Das war also tatsächlich nur ein Unfall gewesen. Das beruhigte Jase, weil es den verdammten Psychofaktor ein bisschen zurechtstutzte.
Aber die anderen beiden Ereignisse ließen sich nicht als Unfälle abtun. Wie er Poppy bereits letzte Woche erklärt hatte, glaubte er nicht an Zufälle. Und auch wenn zwei direkt aufeinanderfolgende Unfälle statistisch möglich waren, so waren sie trotzdem verdammt unwahrscheinlich. Zudem erinnerte er sich an Poppys Behauptung, dass ihr Vater seine Sachen immer tipptopp in Ordnung hielt, und Henrys Aussage, dass der Wagen direkt auf sie und Cory zugerast war.
Auf beide. Sie und Cory. Wenn man also den Schraubenschlüssel außen vor ließ und davon ausging, dass niemand hatte voraussehen können, wer an diesem Tag auf die Leiter steigen würde, hatte der Typ es möglicherweise gar nicht auf Poppy abgesehen.
Aber so sehr Jase sich auch das Hirn zermarterte, er konnte sich nicht vorstellen, warum jemand Cory etwas antun wollte. Trotzdem war mit diesem Mädchen in letzter Zeit etwas nicht in Ordnung. Und sein Instinkt sagte ihm, dass sie der kleinste gemeinsame Nenner bei diesen Vorfällen war – die Verbindung, nach der er suchte.
Leider wusste er aber auch, dass es vollkommen sinnlos war, von einem Teenager Antworten zu verlangen, bevor man nicht einmal im Ansatz wusste, wonach man überhaupt suchte. Da könnte er sich genauso gut selbst mit einem Schlosserhammer bewusstlos schlagen – das hätte denselben Erfolg.
Ganz zu schweigen von dem Heidentheater, das Poppy aufführen würde, wenn er es wagte, das Mädchen ins Kreuzverhör zu nehmen.
Das konnte er sich in den buntesten Farben ausmalen. Das Babe würde in einer Million Jahren nicht einfach nur dasitzen und zusehen, wie er Cory ausfragte. Und Himmel, ohne wirklichen Verdacht hätte sie auch recht damit.
Aber eben am Telefon hatte er mit seinem Spitzel
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