Susan Mallery - Bakery Sister - 03
die Sprache verschlagen. Glücklicherweise entdeckte sie Sid, der auf sie zukam. Seine Miene verriet nichts, aber so hatte sie ihn noch nie erlebt.
„Was ist los?“, fragte Nicole.
„Nichts. Leitung zwei. Den Anruf musst du annehmen.“
Nicole ging zu dem alten Telefon an der Wand, drückte auf einen Knopf und nahm den Hörer ab.
„Nicole am Apparat“, meldete sie sich misstrauisch. Etwa dreißig Sekunden lang hörte sie zu und bat dann den Anrufer, einen Moment zu warten. Sie hielt Jesse den Hörer hin. „Das ist für dich“, sagte sie, drückte ihr den Hörer in die Hand und rauschte ab.
Verblüfft starrte Jesse ihr nach. Was um alles in der Welt? „Hallo?“
Die Frau am anderen Ende der Leitung seufzte. „Und mit wem spreche ich diesmal?“
„Jesse Keyes.“
„Wirklich? Das ist ja fantastisch. Endlich. Es war nicht leicht, Sie ausfindig zu machen. Die Nummer, die ich von Ihnen in Spokane gefunden hatte, war auf eine andere Leitung umgestellt, aber Sie haben nie abgenommen. Ich wusste nicht, was ich sonst noch tun sollte.“
Jesse runzelte die Stirn. „Die habe ich doch auf mein Handy umgeleitet.“
„Vielleicht sollten Sie es dann auch einmal eingeschaltet lassen, wissen Sie. Das würde es erleichtern, Sie zu erreichen.“
„Wer sind Sie?“
Die Frau lachte. „Richtig. Entschuldigung. Margo Walkin. Ich bin Produzentin hier bei Good Morning America. Jetzt lebe ich in New York, aber ich komme aus Seattle. Ich habe Geburtstag, und meine Mom hat mir zusammen mit meinem Geschenk auch ein paar Ihrer Brownies geschickt. Oh. Mein Gott. Sie waren einfach unglaublich. Dann hat sie mir erzählt, dass die Presse da draußen schon einen ganz schönen Wirbel veranstaltet hat, deshalb dachte ich mir, dass ich auch mal was darüber bringen könnte. Über die Brownies, über Sie. Ich weiß, dass es eine Story ist. Deshalb wollte ich ein Telefoninterview organisieren, damit wir beide uns unterhalten können. Anschließend schicke ich Ihnen dann noch ein Team für ein paar Filmaufnahmen raus. Was halten Sie davon?“
Jesse sah auf den Parkplatz, der von Autos überfüllt war, und dachte an den Artikel in der Zeitung, dann lachte sie. „Ich glaube, das wird heute ein ganz wunderbarer Tag!“
Nicole setzte sich auf die Couch, warf sich dann gleich auf die Seite und vergrub das Gesicht in einem Kissen. „Ich bin ein schrecklicher Mensch“, brummte sie.
„Das bist du nicht.“
Claires Stimme war warm und liebevoll. Die perfekte Schwester, die sie unterstützte. Nicole wusste, dass sie das nicht verdient hatte.
„Ich bin abscheulich“, murmelte sie in den Stoff. „Ich sollte ein Schild und eine Glocke tragen, damit die Leute gewarnt sind, wenn ich komme, und weglaufen können. Gefühlsmäßig bin ich wie eine Aussätzige.“
„Du bist keine Aussätzige, auch nicht gefühlsmäßig“, versicherte ihr Claire. „Obwohl du dramatisch bist. Normalerweise verhältst du dich vernünftiger.“
„Wenn es um Jesse geht, kann ich anscheinend nicht vernünftig sein. Ich glaube, das ist das Problem.“
„Sieht ganz danach aus. Nun setz dich mal gerade hin. In dieser Haltung wird dir noch der Rücken wehtun.“
Nicole richtete sich auf. Eins der Dinge, die sie an Claire am meisten liebte, war, dass ihre Schwester immer das Beste in den Menschen sah. Claire hörte ihr zu und tat alles, damit es ihr wieder besser ging. Anders als Jesse, die ihr deutlich machte, dass sie sich wie eine Zicke verhielt, nur um dann festzustellen, dass sie verdiente, was sie davon hatte.
„Ich vermisse sie“, bekannte Nicole. „Ich habe sie vermisst, als sie weg war, und jetzt, wo sie wieder da ist, vermisse ich sie sogar noch mehr. Ich hasse das, was geschieht. Ich hasse es, mich so zu verhalten. Ich höre die Worte und kann nicht glauben, dass sie aus meinem Mund kommen.“
„Warum sagst du es dann? Bist du denn immer noch sauer auf sie wegen Drew?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht. Ja.“
„Glaubst du ihr denn, dass sie nicht mit ihm geschlafen hat?“
Nicole wollte das nicht vertiefen. „Ja, ich glaube ihr, aber ich bin noch immer so verletzt und aufgebracht. Anscheinend kann ich da nicht loslassen. Es ist jetzt fünf Jahre her. Müsste ich nicht längst darüber hinweg sein?“
„Wahrscheinlich schon, aber du bist es nicht.“
Nicole sah sie an. „Wenn ich an dich denke, bist du immer die hilfreiche Schwester für mich.“
„Ich versuche es. Schau mal, es sind jetzt fünf Jahre her, aber für dich hat
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