Susanne Barden 02 Zeig, was du kannst
den Unterröcken verwickelt. Aber das kam erst später. Bevor diese sonderbare Sache einige Bedeutung erlangte, ereignete sich noch allerlei anderes.
Susy gefiel es gut auf Station 8, obwohl sie es dort viel schwerer hatte als auf Station 20, denn die meisten Patienten waren sehr krank. Fräulein Hendrick, die energische und gesprächige Oberschwester, begrüßte Susy herzlich und ließ ihr dann vollständig freie Hand bei der Arbeit.
>Nichts nimmt einen so völlig in Anspruch<, dachte Susy, >wie ein schwerkranker Mensch.< Er brauchte einfach alles, was man geben konnte - Geschicklichkeit, unerschöpfliches Mitgefühl und Verständnis. Susy liebte den langen Krankensaal mit den vielen weißen Türen, die kleine blitzblanke Küche und die Geschäftigkeit, die überall herrschte. Vor allem aber liebte sie die Patienten. Sie bedauerte sie wegen ihrer Hilflosigkeit und freute sich über ihre fortschreitende Genesung.
>Ich würde mich nicht zur Privatpflege eignen<, dachte sie mehr als einmal. >Ein einziger Patient genügt mir nicht. Ich will viele um mich herum haben und eine Menge Dinge, mit denen ich schalten und walten kann.<
So vergingen einige Tage in befriedigender Tätigkeit. Nur der Gedanke an den Operationssaal beunruhigte Susys inneres Gleichmaß ein wenig. Es ging nämlich das Gerücht um, daß in Kürze einige der neuen Seniorinnen dorthin geschickt werden sollten.
Während Susy Betten machte, Medizinen eingab und Fieber maß, träumte sie unaufhörlich von dem bevorstehenden Erlebnis. Sie wollte die beste Operationsschwester werden, die es je gegeben hatte, nahm sie sich vor. Gewiß, auch Kit und Connie ... Aber hier riß ihr Traum jedesmal ab, denn zum erstenmal paßte Connie nicht in das Bild.
Es war nur natürlich, daß ein phantasiebegabtes und empfindsames Mädchen wie Connie sich davor scheute, einer Operation beizuwohnen. Die meisten Mädchen waren nervös, wenn sie zum erstenmal in den Operationssaal kamen, überwanden ihre Nervosität jedoch gewöhnlich sehr bald. Schwerer war es für diejenigen, die
Furcht hatten. Aber Connies Fall lag noch etwas anders.
Seit der Unterhaltung auf dem Dach von Haus Brewster, bei der Connie ihre Angst offen eingestanden hatte, war das Thema mit keinem Wort mehr von ihr berührt worden. Und wenn Connie ungewöhnlich schweigsam war, quälte sie sich mit einem Problem.
>Sie darf im Operationssaal nicht versagen<, dachte Susy. >Sonst werden die anderen Schwestern wieder behaupten, daß die Tochter eines Millionärs nicht zur Krankenschwester tauge. Sie hätten es ja von Anfang an gesagt, und wenn es wirklich darauf ankäme, dann schaffte sie es eben doch nicht. < Als wenn zwei Jahre anerkannt guter Arbeit kein Beweis dafür wären, daß sie in Ordnung war! Und Connie war so zartbesaitet. Es würde sie empfindlich kränken, wenn die anderen Schwestern sie fühlen ließen, wie sie über sie dachten.
Connies Angst vor Operationen mußte geheimgehalten werden, bis sie darüber hinweg war. Aber wie? Susy wußte keinen Rat.
Eines Tages suchte sie im Wäschezimmer neue Laken heraus, als das Telefon läutete. Bevor sie Zeit fand, die Wäsche aus der Hand zu legen, hörte sie, wie die Oberschwester sich am Apparat meldete. »Station 8, Oberschwester Hendrick. Gewiß. Sofort.« Der Hörer wurde wieder hingelegt.
Fräulein Hendrick kam ins Wäschezimmer. »Ach, da sind Sie ja, Schwester Barden! Die Schulleitung hat soeben angerufen. Ich werde Sie leider verlieren. Das ist sehr schade. Ich hatte beabsichtigt .«
Susy legte die Laken auf den Tisch.
»Man will mir eine andere Schwester für Sie schicken«, fuhr Fräulein Hendrick fort. »Warum werden solche Wechsel nicht am Nachmittag vorgenommen? Nun, in Ihrem Fall ging es wohl nicht anders. Aber man hätte die andere Schwester doch wenigstens schon gestern nachmittag herschicken können, damit sie sich ein wenig einarbeitete. Nun kommt sie erst am Morgen, wo die Arbeit immer so drängt ...«
»Entschuldigen Sie bitte, Fräulein Hendrick«, unterbrach Susy ihren Redestrom. »Sie haben mir noch gar nicht gesagt, wohin ich gehen soll.«
»Ach herrje! Wirklich nicht? Sie sollen sich sofort in der Operationsabteilung melden.«
»In der Operationsabteilung?« Susy stockte das Herz.
»Ja. Im übrigen machen Sie auch weiterhin hier Dienst. Aber Sie werden sicherlich erst am Nachmittag zurückkommen, gerade früh genug, um noch die abendlichen Temperaturen messen zu können.«
Die Oberschwester machte eine Pause und sah
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