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Susanne Barden 04 - Weite Wege

Susanne Barden 04 - Weite Wege

Titel: Susanne Barden 04 - Weite Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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schüttelte Hände und rief noch einmal letzte Abschiedsgrüße. Die Haustür hinter ihr stand weit offen, und ein eisiger Wind fegte durch das kleine Haus. Marianna schloß die Tür und brummte, als sie sofort wieder aufgerissen wurde und ein junger Ehemann zurückkam, um die Handschuhe seiner Frau zu holen.
    Susy hatte sich in eine Ecke geflüchtet und sprach noch ein paar Worte mit Sergeant O’Day.
    »Sie sehen müde aus«, sagte der Polizist. »Ich will Sie nicht länger aufhalten.«
    Susy sah zu ihm auf. Hier war noch ein guter Freund, der aus ihrem Leben schied. Sie machte alle Türen hinter sich zu. »Gehen Sie nicht!« sagte sie unwillkürlich.
    Er verstand sie wohl. »Nichts auf dieser Welt steht still, Mädchen. Man muß entweder vorwärts oder rückwärts gehen.«
    »Ich weiß. Mir war nur einen Augenblick wie einem kleinen zaghaften Veilchen zumute, das sich an seinen Blumentopf klammert und nicht nach draußen verpflanzt werden will - obwohl man New York eigentlich kein schützendes Heim für Treibhauspflanzen nennen kann.« Sie drückte ihm die Hand. »Leben Sie wohl, Sergeant O’Day! Und Dank für alles!«
    »Ich hab Ihnen zu danken.« Er blickte auf ihre schmale Hand, die in seiner großen Pranke fast verschwand. »Sieht wie ein nutzloses kleines Ding aus, ist aber durchaus nicht nutzlos. Leben Sie wohl, Mädchen! Ich wünsch’ Ihnen viel Glück. Und geben Sie nichts darauf, was ich von dem Ring gesagt hab’ - daß es nichts Gutes bedeutet, wenn man ihn verliert. Es war nur dummes Geschwätz. Leben Sie wohl!«
    Einen Augenblick versperrten seine breiten Schultern die Haustür. Dann war er fort.
    Susy blieb reglos auf der Stelle stehen, wo er sie verlassen hatte, fühlte nach ihrem Ring und drehte ihn unaufhörlich um den Finger. Als Kit endlich ins Haus zurückkam, rief sie erschrocken: »Susy, du siehst ja ganz elend aus! Warum gehst du nicht schlafen?«
    »Wo soll ich denn schlafen? Vielleicht auf dem Fußboden oder an der Decke hängend?«
    Marianna kam aus der Küche. »Ich hab bei dir aufgeräumt, Susy. Du kannst dich sofort ins Bett legen.«
    »Danke, Marianna.« Innerlich stöhnte Susy, denn sie wußte, was Marianna unter Aufräumen verstand. »Ja, dann werd ich jetzt gehen, wenn ihr nichts dagegen habt.« Langsam stieg sie die Treppe hinauf. Als sie oben angelangt war, drehte sie sich um und sah zu den beiden Mädchen hinunter, Kit vornehm und gepflegt, Marianna robust und mit zerzaustem Haar. Einen Augenblick schnürte sich ihr die Kehle zusammen. Dann lächelte sie die Freundinnen, ohne ein Wort zu sagen, warm und bezaubernd an. Plötzlich wandte sie sich um und verschwand in ihrem Zimmer.
    »Jemine!« stieß Marianna hervor. Kit aber sagte kein Wort.

 
     
Ende und Anfang
    Susy wußte, daß jemand sie rief, aber der Schlaf hielt sie noch gefangen. »He, Susy!« hörte sie wieder, machte die Augen auf und blinzelte in die Sonne. Gewohnheitsmäßig glitt ihr Blick zu dem Wecker auf dem Nachttisch hin. Fünf Minuten bis neun! Sie kam zu spät zum Dienst! Mit einem Ruck fuhr sie in die Höhe.
    »Warte!« sagte Marianna beruhigend. »Du gehst nicht zum Dienst, sondern zum Bahnhof. Und dein Zug fährt erst um zwei, aber du mußt noch packen.«
    Susy ließ sich zurücksinken. »Ach, richtig! Aber warum bist du zu Hause?«
    »Soll ich es dir aufschreiben? Ich und Kit - falls du dich an uns erinnerst - haben heute frei, damit wir dich zur Bahn bringen können.«
    Susy blickte in das ernste Gesicht Mariannas und lächelte. Sie wollte ihr den Abschiedsschmerz nicht unnötig schwer machen. Gähnend schlug sie die Bettdecke zurück und reckte sich. »Nett, daß du das Fenster zugemacht hast!«
    Marianna brummte etwas. In diesem Augenblick rief Kit von unten herauf: »Du hast einen Brief bekommen, Susy - aus Springda- le.«
    Sofort war Susy munter. »Gut, daß ich es weiß! Beeil dich nicht zu sehr. Ich möchte nicht gern, daß du außer Atem gerätst, wenn du ihn mir raufbringst.«
    Kit blieb mitten auf der Treppe stehen. »Dann kann ich ja hier sitzenbleiben, bis du ihn dir holen kommst.«
    »Du Ekel!« schrie Susy. »Marianna, nimm ihr den Brief weg!«
    Grinsend legte Marianna die gekreuzten Arme auf eine Stuhllehne. Die lustigen Hänseleien zwischen Susy und Kit bezauberten sie immer wieder aufs neue. Bevor sie zu den beiden gekommen war, hatte sie nur Zank und Streit gekannt, dem gewöhnlich Gewalttätigkeiten gefolgt waren.
    Niemals hätte sie sich damals träumen lassen, daß sich zwei

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