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Susanne Barden 04 - Weite Wege

Susanne Barden 04 - Weite Wege

Titel: Susanne Barden 04 - Weite Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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kann ja nicht spurlos verschwunden sein.«
    Nach kurzem Zögern gab Susy widerstrebend nach. Marianna folgte ihr, und das kleine Zimmer blieb seiner Unordnung überlassen. Auf den Fensterscheiben zeichneten sich zarte Eisblumen ab. Als die Haustür geöffnet wurde und fremde Stimmen und Gelächter ins Haus ließ, wehte der Luftzug ein paar Watteflöckchen unter das Bett. Marianna hatte die Lampe nicht ausgemacht; ihr Licht fiel auf Susys umherliegende Habe.
    Auf dem Frisiertisch standen in einfachen Lederrahmen zwei vergrößerte Fotografien. Die eine war ein Familienbild. Susy blickte darauf lachend zu ihrem Vater auf, dem man auf den ersten Blick seinen Beruf ansah. Susys Mutter pflegte zu sagen: »Einem Arzt liest man seinen Beruf vom Gesicht ab, selbst wenn er schläft. Es liegt etwas Besonderes drin.« Die kleine rundliche Frau stand auf dem Bild neben ihrem Mann und blickte auf einen hochaufgeschossenen Jungen, Susys Bruder Ted. Das zweite Foto zeigte Bill im weißen Arztkittel und trug die handschriftliche Unterschrift »Dein Bill« mit einem Datum, das zwei Jahre zurücklag.
    Aus einer Schublade des Schrankkoffers guckte der Ärmel einer grauen Schwesterntracht. Sie stammte noch aus der Zeit, da Susy im Krankenhaus ausgebildet worden war. Auch andere Kleidungsstücke, jetzt schon recht abgetragen, erinnerten an die damaligen Tage. Da hing der Morgenrock, den sie angehabt hatte, als sie sich von einer Blinddarmoperation erholte. Ein winziger Riß an der Schulter war die einzige Spur von dem erbitterten Kampf mit einer Patientin, die im Fieberdelirium aus dem Fenster springen wollte. Neben dem Morgenrock hing ein alter Wintermantel; Susy hatte sich ihn fröstelnd um die Beine gewickelt, als sie durchs Fenster gestiegen war und angstbebend unter dem Bett der Inspektorin lag. Daneben hing das Kleid, das sie zu Connies Hochzeit getragen hatte.
    Auf einem Stuhl lagen die blauen Kleider der Schwesterntracht von Henry Street - sauber gewaschen und gestärkt, als wären sie niemals mit dem Geruch von Kohl, Zwiebeln, Heringen und ungelüfteten Zimmern in Berührung gekommen. Susy wollte diese Kleider tragen, wenn sie verheiratet war, aber diesmal auf den Straßen der Weißen Berge, wo es nach frischer Luft und Tannennadeln roch, und in einsam gelegenen Farmhäusern, die im Winter zwischen Schneemassen eingebettet waren und im Sommer unter der heißen Sonne dörrten. Die Kleider waren noch gut; Susy hatte sie ja kaum ein Jahr lang getragen. Nur in einem Ärmel befand sich ein kleines Loch, das von der zerbrochenen Sodawasserflasche herrührte, mit deren Inhalt sie die Schlagaderwunde des Lastwagenfahrers ausgewaschen hatte. In der Kleiderkammer hing ein Abendkleid aus jadegrünem Chiffon. Auch dieses Kleid hatte seine Geschichte. Susy hatte es an dem Abend angehabt, an dem sie ihr Verlöbnis mit Bill gelöst hatte. Fassungslos hatte Bill es zwischen den Tischen des luxuriösen Dachgartens verschwinden sehen, Susys rotes Haar wie eine lodernde Flamme darüber. Hinter dem Kleid aber, im Dämmer der Kammer, hing Susys neuer Wintermantel, und in einer Tasche dieses Mantels ruhte der verlorengegangene Ring, dessen Stein in dem dunklen Versteck nur schwach glimmte.
    Rot von der Anstrengung, korrekt zu sprechen, kam Marianna rasch ins Zimmer und schloß mit einem kleinen Seufzer die Tür hinter sich. Dann machte sie sich energisch auf die Suche nach dem Ring. Methodisch nahm sie ein Kleidungsstück nach dem anderen aus der Kammer, schüttelte es über dem Bett aus und ließ es danach achtlos auf die Erde fallen. Als der Ring aus der Manteltasche rollte, griff sie mit einem Freudenschrei danach und lief zur Tür. Doch nach ein paar Schritten blieb sie stehen, sah sich nachdenklich im Zimmer um und ließ sich aufs Bett fallen. Von morgen an würde sie in diesem Bett schlafen und nicht mehr auf der Couch im Wohnzimmer. Sie würde ein Zimmer für sich allein haben. Aber Susy würde fort sein, und Susy bedeutete für Marianna mehr als alles andere auf der Welt. Susy hatte vor einem Jahr gesagt, daß sie nicht mehr in Kellern und Torwegen schlafen, sondern bei ihr in diesem Haus bleiben solle. Susy hatte ihr eine Stellung besorgt, und Susy zuliebe besuchte Marianna jetzt die Abendschule. Als Marianna bemerkte, daß ihr Kinn zitterte, stand sie hastig auf. »Heul nur, Baby!« knurrte sie und ging aus dem Zimmer.
    Stimmengewirr und Gelächter schlugen ihr aus dem Wohnzimmer entgegen. Marianna betrat es steif und sah nach Susys rotem

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