Susanne Barden 05 - Jung verheiratet
erklärte Susy, wie es zwischen ihr und Bill stand. Als sie zu Ende war, dachte Marianna eine Weile schweigend nach.
»Ihr seid beide Idioten«, sagte sie schließlich. »Ihr macht die Augen zu und hofft, daß sich alles von allein bessern wird. So kommt ihr nicht weiter. Aber es ist schwer, die Dinge richtig zu sehen, wenn man sie zu nah vor der Nase hat. Wie lange seid ihr nicht voneinander getrennt gewesen?«
»Seit wir verheiratet sind, bin ich nur zweimal zum Wochenende fortgefahren.«
»Hm. Zwei Menschen wie ihr müßtet doch miteinander fertigwerden. Wenn einer von euch ein Ekel wäre, wär’s was anderes. Aber ihr seid doch beide anständige Kerle. Glaub’ mir, Susy, man erkennt am schnellsten, was man an einem Menschen hat, wenn man von ihm getrennt ist.«
»Getrennt? Wie denn?«
»Du solltest mal für eine Weile fortfahren. Ich wette, wenn du zurückkommst, ist alles ganz anders.«
Maxi wimmerte leise, weil Susy seine Ohren drückte. »Aber Marianna, wenn man nicht mehr geliebt wird, kann man nichts machen.«
»Hast du eine Ahnung! Außerdem weißt du doch gar nicht, ob Bill dich wirklich nicht mehr liebt.«
»Falls er mich noch liebt, hat er eine sehr sonderbare Art, es zu zeigen.«
»Nun ziehst du schon wieder über ihn her! So kommt ihr niemals zurecht. Paß auf! In zwei Monaten ist Diplomverleihung. Bis dahin läuft in der Schule alles ganz von selber. Nimm Urlaub für die Zeit und fahr irgendwohin.«
»Ich soll zwei Monate von Bill fortgehen?«
»Da siehst du es! Kaum denkst du an eine Trennung, so bist du ihm nicht mehr böse. Bei Bill wird es genauso sein.«
»Ja - vielleicht. Ich muß es mir überlegen.«
»Du wirst sehen, daß ich recht habe. Nach einer Woche kann ich wieder laufen. Dann zieh’ ich zu Iras Mutter. Sie ist zwar ein alter
Drachen, aber das schadet nichts.«
Je länger Susy über Mariannas Vorschlag nachdachte, desto gescheiter erschien er ihr. Es konnte jedenfalls nichts schaden, ihn zu befolgen. Aber vorher mußte sie sich gründlich mit Bill aussprechen. Abends war er jetzt immer so müde. Wann würde es sich am besten machen lassen? Nächste Woche war Unabhängigkeitstag, vielleicht paßte es dann. Sie würden allein zu Hause sein. Nina hatte Ausging, Kit war im Dienst, und Marianna wollte den Tag bei Iras Mutter verbringen - zur Übung, wie sie sagte. Und angeln gehen würde Bill nicht, weil am Feiertag zu viele Sonntagsangler unterwegs waren.
Ja, der vierte Juli eignete sich am besten für eine Aussprache. Aber sie mußte taktvoll und großmütig sein. Bisher hatte sie zu viel an sich selber und zu wenig an Bill gedacht. Gewiß war er sehr unglücklich. Sie durfte ihm keine Vorwürfe machen. Was hatte sie ihm denn eigentlich auch vorzuwerfen? »Nichts!« dachte sie verwundert. »Absolut nichts!«
Ihr mißfiel seine Ungeduld; dafür mochte er es nicht, wenn sie zur unrechten Zeit witzelte. Sie haßte sein gelegentliches Betonen männlicher Überlegenheit. Er mochte es nicht, wenn sie ein Thema totredete oder sich über seine Liebhabereien lustig machte. Sie konnte es nicht leiden, wenn er mit der Hand auf die Sessellehne schlug, aber er - Ach, es gab noch eine Menge solcher Kleinigkeiten.
Das hatte ihr Vater also mit seinen Worten gemeint, daß es in jeder Ehe eine Zeit gäbe, da Mann und Frau Seiten aneinander entdeckten, die ihnen nicht gefielen. Dann hinge das Glück der Ehe davon ab, ob beide die Eigenschaften, die ihnen gefielen, wichtiger nähmen als diejenigen, die ihnen nicht gefielen.
»Für mich sind die Eigenschaften Bills, die ich an ihm schätze, schon lange wichtiger als die mir unsympathischen Eigenschaften«, dachte Susy. »Aber wie ist es bei ihm? Bei ihm kann es nicht so sein, sonst hätte er sich doch mir gegenüber anders verhalten.«
Doch vielleicht lag es nur an ihr? Ja, sicherlich! Sie hätte ihm zeigen müssen, wie sie dachte. Statt dessen hatte sie sich zurückgezogen und geschwiegen. Hätte sie ihm zu verstehen gegeben, wie belanglos ihr die kleinen Reibereien hinterher erschienen waren, dann hätten sie sich wieder einander genähert.
Wenn sie von ihrer Reise zurückkäme und er unterdessen entdeckt hätte, daß er sie noch liebte - wenigstens ein bißchen -, dann würde wieder alles ins alte Gleis kommen. Aber zuerst mußten sie diese schreckliche Trennung durchmachen. Und wenn es nun nichts nützte? Wenn es ihm gefiel, ohne sie zu leben?
Am vierten Juli war das Wetter herrlich. Susy erwachte bei Tagesanbruch aus einem
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