Sushi Für Anfaenger
nächsten Tages.
Sie lag ganz still und strengte sich an, die Geräusche von rufenden Müttern, streitenden Kindern und lauten Spielen zu hören, die ihr andeuteten, dass die Welt da draußen in Bewegung war. Aber außer ein paar Vögeln in ihrem Garten, die zirpten und zwitscherten, als hätten sie im Lotto gewonnen, hörte sie nichts.
Als sie es nicht länger aushielt, nicht auf die Uhr zu gucken, drehte sie sich in ihrem zerwühlten Bett um und sah auf den Wecker. Halb acht, verdammt noch mal. Halb acht morgens!
Das verlängerte Wochenende verging im Zeitlupentempo. Und dadurch, dass sie ganz allein war, war es noch viel schlimmer.
Irgendwie hatte sie nicht damit gerechnet, dass sie es allein verbringen müsste. Während der Woche hatte sie im Hinterkopf gehabt, dass Ashling sie in den Pub oder zu einer Party oder zu einem Treffen mit diesen beiden Verrückten, Ted und Joy, einladen würde. Oder irgendwas. Schließlich lud Ashling sie andauernd zu etwas ein. Aber als sie am Freitag Abend nach der Champagner-Orgie schwindlig und beschwipst die Redaktion verließ, merkte sie erst, als sie nach Hause kam und wieder nüchtern geworden war, dass Ashling keine Einladung ausgesprochen hatte. Frechheit, eigentlich! Erst lädt sie Lisa ständig zu Sachen ein, zu denen sie gar nicht gehen will, und dann, wenn sie eine Einladung gut gebrauchen könnte, versäumte Ashling es, eine auszusprechen!
Missgelaunt zündete Lisa sich eine Zigarette an und verstieß gegen ihre Regel, nicht im Bett zu rauchen. Was war nur anders in Dublin? In London hatte sie nie Zeit übrig. Da liefen immer jede Menge Termine ein, die darauf warteten, dass sie sie absagte. Und wenn sich in seltenen Fällen wirklich einmal unvorhergesehene Freizeit ergab, konnte sie sie jederzeit mit Arbeit füllen.
Aber hier war das anders. Es war ihr nicht möglich gewesen, irgendwelche Termine aufs Wochenende zu legen. Die Journalisten, die Friseure, die DJs, die Designer - sie waren alle faule Säcke und verreisten über die freien Tage, und die, die da blieben, wollten eine ruhige Kugel schieben und hatten keine Lust auf Termine.
Das Schlimmste war, dass sie am Montag nicht in die Redaktion gehen konnte, weil das Gebäude geschlossen sein würde. Als sie das am Freitag morgen hörte, war sie unverzüglich in Jacks Büro marschiert und hatte ein richtiges Theater veranstaltet. »Kann der Hausmeister - wie heißt er noch? Bill? - nicht herkommen, mir aufschließen und wieder nach Hause gehen?«
»An einem Feiertag?« Jack schien aufrichtig belustigt zu sein. »Bill? Kein Gedanke dran!«
Fauler Hund, hatte Lisa in ohnmächtiger Wut gedacht. In London waren sie immer gekommen, um ihr aufzuschließen.
»Warum machen Sie sich nicht ein paar schöne Tage?«, hatte Jack ihr geraten. »Sie haben in der kurzen Zeit so viel erreicht. Sie haben eine Pause verdient.«
Aber sie wollte keine Pause, sie war zu aufgedreht. Drei komplette Tage, wie sollte sie die ausfüllen?
Und warum schlug er nicht vor, dass sie zusammen was unternehmen könnten, fragte sie sich frustriert. Sie wusste, dass er an ihr interessiert war, sie hatte den Ausdruck mehr als einmal in seinem Gesicht gesehen.
»Gehen Sie aus, genehmigen Sie sich ein paar Drinks«, drängte er sie.
Mit wem?
Sie erwog, über das Wochenende nach London zu fahren, war aber zu beschämt. Wo würde sie wohnen? Ihre Wohnung war untervermietet, und ihre Freundschaften hatte sie vernachlässigt die meisten davon waren ihrem hektischen Karrierestreben der letzten zwei Jahre zum Opfer gefallen, und die einzige Freundin, für die sie überhaupt von ihrer kostbaren Zeit etwas erübrigte, war Fifi. Aber seit sie nach Irland verbannt worden war, fand sie es zu peinlich, sie anzurufen. Wenn sie nach London fahren wollte, müsste sie in einem Hotel übernachten wie - sie schüttelte sich - wie irgendein... Tourist.
Aber am Freitagabend, als ihr bewusst wurde, dass sie mit der vielen Zeit, die sie über das Wochenende totzuschlagen hätte, ein veritables Blutbad anrichten würde, fand sie die Vorstellung, als Tourist nach London zu fahren, gar nicht so übel. Und dann musste sie feststellen, dass sämtliche Flüge von Dublin nach London ausgebucht waren. Alle versuchten verzweifelt, diesem kleinen miesen Land zu entkommen, und wer konnte es ihnen verübeln?
Der Samstag war dann gar nicht so schlimm gewesen, wenn sie ehrlich war. Sie hatte sich die Haare schneiden, die Wimpern färben, die Nägel mani- und pediküren lassen
Weitere Kostenlose Bücher