Sushi Für Anfaenger
hörte er plötzlich jemanden rufen: »He,Jack! Hier drüben.«
Und da, auf den Stufen zu einem Friseurgeschäft saß, mit einem Buch auf den Knien, kein anderer als Boo.
»Kleine Kneipentour?«, fragte Boo mit seinem zahnlückigen Grinsen.
»Ehm, nein.« Jack war verdutzt, dass Boo ihn gefunden hatte. »Ich habe in den letzten zwei Stunden nach dir gesucht.«
»Also Sie waren das.« JohnJohn hatte ihn gewarnt, dass ein Typ nach ihm gefragt hatte. Boo nahm an, es war ein Polizist in Zivil - wer konnte es sonst sein? -, aber ganz sicher war er sich nicht.
»Ja, ich war das.« Jack hockte sich neben ihn, und plötzlich, als hätte er eine unsichtbare Linie überschritten, traf ihn der Geruch wie ein Schlag mit dem Hammer. Mit enormer Kraftanstrengung zwang er sich, keine Reaktion zu zeigen.
»Was gibt es denn?« Boo war auf der Hut. Jack hatte ihm damals gefallen, als er mit ihm über die Modefotos geplaudert hatte. Aber normalerweise suchte niemand nach Boo, es sei denn, es gab irgendwelchen Ärger.
Jack tat so, als würde er den Geruch nicht bemerken, und versuchte, die richtigen Worte zu finden. Er wollte nicht herablassend klingen. Er wollte, dass Boo sein jetziges Leben mit Würde hinter sich lassen könnte.
»Ich habe ein Problem«, begann Jack.
Millimeterweise verschloss sich Boos Gesicht.
»Bei dem Fernsehsender, wo ich arbeite, gibt es eine freie Stelle, und ich suche nach jemandem, der dafür geeignet wäre. Dein Name wurde von einer Kollegin erwähnt.«
»Was soll das heißen?« Boos Augen waren schmal wie Schlitze vor Misstrauen.
»Ich biete dir einen Job an. Wenn du ihn möchtest«, sagte Jack rasch.
Boo begriff offenbar überhaupt nichts. Dies hier überstieg seinen Erfahrungshorizont.
»Warum?«, brachte er schließlich hervor. Die Menschen waren so selten freundlich zu ihm, dass er nicht bereit war, ihnen zu vertrauen.
»Ashling dachte, du wärst vielleicht geeignet, und ich halte viel von ihrer Meinung.«
»Ashling...« Wenn sie damit zu tun hatte, war das hier vielleicht keine Falle. Aber was könnte es sonst sein? In scharfem Ton sagte er: »Das ist wohl ein Scherz, oder?«
»Nein, wirklich nicht. Warum kommst du nicht zum Sender, dann können wir darüber sprechen, und vielleicht glaubst du mir dann.«
»Sie würden mich reinlassen?«
Bei der Frage wäre Jack fast das Herz zerbrochen. »Natürlich. Wie willst du denn sonst für uns arbeiten?«
Ab dem Moment wandte Boo sich gegen seinen natürlichen Instinkt und fing an, Jack zu glauben. »Aber warum...?« Seine Augen waren feucht, und er sah so jung aus, wie ein Kind. Jack spürte, wie auch er von Rührung überkommen war.
»Ich hatte noch nie einen Job.« Boo schluckte.
»Na, ist es dann nicht an der Zeit, damit anzufangen?«
»Ich kann ja schließlich nicht mein Leben lang auf der faulen Haut liegen.«
»Ehm, genau.« Jack wusste nicht genau, ob er lachen oder weinen sollte.
»Oh, seien Sie nicht so traurig.« Boo stieß ihm mit dem Ellbogen in die Rippen und grinste mit Tränen in den Augen. »Und sind es nur Buchbesprechungen, oder soll ich auch andere Sachen machen?«
»Ehm...« Darauf war Jack nicht vorbereitet. »Auch andere Sachen, denke ich.«
Am nächsten Morgen kam Jack mit seiner guten Nachricht zu Ashling, als wäre es ein Geschenk. »Ich habe Boo gefunden und mit ihm über den Job beim Sender gesprochen. Er wirkte sehr interessiert.«
»Schön!« Ihre begeisterte Stimme passte nicht zu ihrem bleichen Gesicht.
»Er hat nichts Rechtes anzuziehen, deswegen habe ich gesagt, er soll zu Kelvin kommen. In der ›Fashion-Abteilung‹ sind so viele Männersachen, die niemand will, damit kann er sich ja ausstatten.«
Ashling wurde sehr still. Sie hatte immer noch nicht geweint, aber das hier reichte fast, um sie in Tränen aufzulösen.
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte sie zu ihrer Brust.
»Was ich nicht verstanden habe«, sagte Jack verwirrt, »anfangs schien Boo zu denken, wir wollten, dass er Buchbesprechungen für Colleen schreibt. Wie kommt er darauf?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich.« Plötzlich wünschte sie sich, sie hätte das nicht gesagt, denn bei den Worten war etwas über Jacks Gesicht gehuscht, was ihr Schulterzucken in der Mitte erstarren ließ. Etwas Intensives, ihr Unbekanntes, und irgendwie fühlte sie sich plötzlich lebendig. Und verängstigt.
»Buchbesprechungen?« Sie überlegte, dann fiel es ihr wieder ein. »Ich habe ihm immer mal wieder Rezensionsexemplare
Weitere Kostenlose Bücher