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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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hielt ein Taxi an. Eine Viertelstunde später war sie bei Clodagh, wo sie Pizza aßen, Wein tranken und gnadenlos über Dylan herzogen.
    »Mir stinkt es, wenn er zu diesen Essen und Konferenzen fährt«, beschwerte sich Clodagh. »Und ich finde, er hat viel zu viele von diesen Terminen.«
    Das blieb einen Moment im Raum stehen, bis Ashling besorgt sagte: »Meinst du, er... führt was im Schilde?«
    »Nein!« Clodagh kicherte. »So meine ich das nicht. Ich meine einfach nur, ich beneide ihn um seine ... seine Freiheit. Ich sitze hier mit den beiden, und er ist in einem schicken Hotel und kann die Nacht ungestört schlafen und ist einfach für sich. Was würde ich nicht geben ...« Sie beendete den Satz nicht.
    Später, im Bett, nachdem sie ängstlich alle Türen und Fenster verriegelt hatte, dachte Clodagh über das nach, was Ashling gesagt hatte. Ob Dylan was im Schilde führte. Das würde er doch nicht tun, oder? Eine Affäre mit jemandem? Oder ab und zu eine anonyme Bettgeschichte? Schnell, leidenschaftlich und namenlos? Nein, sie wusste, dass er das nicht tun würde. Abgesehen von allem anderen würde sie ihn umbringen.
    Aber irgendwie erregte sie der Gedanke, dass Dylan mit einer anderen Frau schlafen könnte. Sie dachte darüber nach und gab sich ihren Fantasien hin. Würden sie es so machen wie sie und Dylan? Oder wären sie erfindungsreicher? Wilder? Schneller? Leidenschaftlicher? Sie malte sich die Sexszenen aus, ihr Atem beschleunigte sich, und als sie so weit war, verhalf sie sich zweimal zu einem schnellen, intensiven Orgasmus. Dann schlief sie tief und zufrieden, bis sie geweckt wurde, weil Molly Pipi machen musste.

12
    Ashling verbrachte den Samstagnachmittag mit einem Bummel durch die Geschäfte auf der Suche nach einem Kostüm, in dem sie schick und sexy aussehen würde. Eigentlich - dessen war sie sich jedoch nur dunkel bewusst - wollte sie so aussehen wie Lisa. Vielleicht würde das ihr Selbstvertrauen, dass sie der neuen Stelle gewachsen war, stärken und die lähmende Beklommenheit verdrängen. Doch was sie auch anprobierte, Lisas lässiger, eleganter Chic wollte sich nicht auf sie übertragen. Kurz vor Geschäftsschluss kaufte sie aus reiner Verzweiflung ein paar Sachen und machte sich müde und unzufrieden auf den Weg nach Hause.
    Diesmal lag der Junge nicht vor ihrer Tür, sondern hockte auf seiner orangefarbenen Decke seitlich des Eingangs. Es war das erste Mal, dass Ashling ihn wach sah. Einige der Fußgänger warfen ihm ein Münze zu, andere streiften ihn mit Blicken, in denen sich Abscheu mit Furcht mischte, aber die meisten Leute sahen ihn tatsächlich gar nicht. Sie hatten ihn aus ihrer Wirklichkeit wegretuschiert.
    Um zu ihrer Haustür zu gelangen, musste sie ganz nah an ihm vorbeigehen, war sich aber nicht sicher, welche Höflichkeitsregeln hier zur Anwendung kamen und ob sie etwas sagen sollte. Schließlich waren sie Nachbarn.
    »Ehm, hallo«, murmelte sie und warf ihm einen flüchtigen Blick zu.
    »Hallo«, sagte er und lächelte zu ihr rauf. Ihm fehlte ein Schneidezahn.
    Als sie an ihm vorbeieilte, deutete er mit dem Kopf auf ihre glänzende Einkaufstüte. »Was Schönes gekauft?« Sie erstarrte auf halbem Weg zwischen ihm und der Tür und wollte so schnell wie möglich weg. »Ehm, nichts Besonderes. Nur ein paar Sachen fürs Büro. Was man so braucht.«
    Sie hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Wie sollte er wissen, was man brauchte?
    »Es gibt da doch so einen Spruch.« Er kniff die Augen zusammen und dachte nach. »Man soll sich für den Job anziehen, den man gern hätte, nicht für den, den man hat, stimmt’s?«
    Ashling rauschte vor Verlegenheit das Blut in den Schläfen, so dass sie nicht klar denken konnte.
    »Würdest du...?« Sie ließ ihren Rucksack von der Schulter gleiten und kam nur mit Mühe an ihr Portemonnaie, weil die Tragetasche im Weg war. »Würdest du ...?«
    Sie gab ihm eine Pfundmünze, die er mit einem anmutigen Nicken entgegennahm. Beschämt angesichts der Diskrepanz zwischen dem, was sie ihm gegeben hatte, und dem, was sie für eine Bluse und eine Handtasche ausgegeben hatte, die sie nicht einmal brauchte, stapfte sie die Treppe hinauf. Ich verdiene mein Geld mit harter Arbeit, dachte sie verärgert. Mit verdammt harter Arbeit, präzisierte sie, als sie an die vergangene Woche dachte. Und ich habe mir seit Ewigkeiten nichts gekauft. Außerdem ist es alles auf Kreditkarte. Und ich kann ja nichts dafür, dass er Alkoholiker ist oder heroinsüchtig.

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