Sushi Für Anfaenger
Obwohl sie fairerweise zugeben musste, dass sie keine Fahne an ihm gerochen hatte und dass er auch nicht den Eindruck machte, als stünde er unter Drogen.
Als sie sicher in ihrer Wohnung war und die Tür fest hinter sich geschlossen hatte, atmete sie auf. Ich habe Glück, dass das nicht mein Leben ist, dachte sie. Ich hätte auch auf der Straße enden können. Doch dann schalt sie sich wegen ihrer melodramatischen Gedanken. Ganz so schlimm war es für sie nie gewesen.
Sie schleuderte ihre Tasche auf den Tisch, ihre Schuhe in die Ecke und sank ermattet nieder. Und jetzt sollte sie sich in Schale werfen und mit Joy ausgehen? Wie gerne würde sie das nicht tun!
Mit Anfang dreißig erlebte man die Jugend noch einmal im Rückwärtsgang. Ihr Körper veränderte sich, und manchmal ertappte sie sich bei seltsamen, sogar beschämenden Gelüsten. Dem Wunsch, zum Beispiel, an einem Samstagabend allein zu Hause zu bleiben, in der Gesellschaft eines Videos und einer Packung Ben-und-Jerry-Popcorn.
»So lernst du nie einen Mann kennen, wenn du nicht ausgehst«, beklagte Joy sich regelmäßig.
»Ich gehe ja aus. Außerdem habe ich Ben und Jerry. Das sind die einzigen Männer, die ich brauche.«
Aber diesmal musste sie ausgehen. Für die erste Ausgabe von Colleen sollten sie und Joy in einen Salsa-Club gehen und über die Chancen berichten, dort einen Mann kennen zu lernen. Für Woman‘s Place hatte sie dergleichen nie tun müssen, und manchmal, wie zum Beispiel gerade im Moment, vermisste sie ihren alten Job sehr.
Das lag nicht nur daran, dass sie früher nie den Samstagabend für die Arbeit hatte opfern müssen, sondern auch daran, dass sie ihre Aufgaben für Woman‘s Place im Schlaf erledigen konnte, während ihr Arbeitsfeld bei Colleen doch ziemlich vage definiert war. Sie befürchtete, es gab nichts, wofür man sie nicht einsetzen würde, und bei dem Gedanken, dass sie eines Tages mit einer Aufgabe betraut werden würde, die sie nicht erfüllen konnte, krampfte sich ihr Magen zusammen. Ashling brauchte ein Gefühl der Sicherheit, und bei Colleen bestand ihre einzige Sicherheit darin, dass sie nicht wusste, was als Nächstes passieren würde. Es war nervenaufreibend!
Aufregend, verbesserte sie sich. Und glanzumwoben. Außerdem war es sehr lustig, mit so vielen neuen Kollegen in einem Büro zu arbeiten. Bei Woman‘s Place hatte es außer ihr nur drei Vollzeit-Mitarbeiter gegeben. Andererseits waren sie alle richtig lieb gewesen. Keine schwierigen Typen wie Lisa oder Jack Devine. Aber auch keine lustigen Typen wie Trix und Kelvin, hielt sie dagegen. Es war jetzt nicht die Zeit zu lamentieren und zu verzagen.
Sie steckte eine Tüte Popcorn in die Mikrowelle, warf sich aufs Sofa, schaltete Blind Date ein und betete, dass Joy nicht kommen würde. Joy war bis sechs Uhr auf gewesen und hatte mit dem Halb-Mann-halb-Dachs-Typen gespielt - vielleicht wäre sie jetzt nicht in der Verfassung auszugehen Von wegen.
Obwohl sie nicht so gut in Form war wie sonst.
»Machst du mir einen Tee?«, fragte sie, als sie hereinkam. »Mit ganz viel Zucker.«
»So schlimm?«
»Ich hab das große Zittern. Aber es lohnt sich. Ich bin verrückt nach dem Halb-Mann-halb-Dachs-Typen, Ashling. Aber er wollte mich heute eigentlich anrufen und - o nein, die Milch schmeckt sauer. Scheiße! Ich bin bestimmt schwanger. In neun Monaten kriege ich ein Halb-Mensch-halb-Dachs-Baby.«
»Nein«, sagte Ashling, als sie die kleinen weißen Flocken in ihrer Tasse sah. »Es ist die Milch, sie ist sauer.«
Joy riss die Kühlschranktür auf und prüfte die vier Milchtüten, alle mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum. »Was hast du vor?«, fragte sie. »Spielst du russisches Roulette mit der Milch? Oder willst du eine Joghurtfabrik aufziehen? Hast du gegessen?«
Ashling deutete auf die halbleere Schüssel mit Popcorn.
»Du bist vielleicht ´ne Marke. In manchen Dingen bist du so gut organisiert, und in anderen ...«
»Man kann nicht alles gut können. Ich bin da sehr ausgewogen.«
»Du solltest dich mehr um dich selbst kümmern.«
»Fass dich mal an die eigene Nase!«
»Aber du kriegst Skorbut.«
»Ich nehme Vitamine. Es geht mir gut. Wo ist Ted?«
Ashling hatte Ted in den letzten Tagen kaum gesehen. Nicht nur lagen ihre Arbeitsplätze jetzt in entgegengesetzten Richtungen, so dass er sie nicht mehr auf dem Gepäckträger mitnehmen konnte, sondern er war auch damit beschäftigt, all die Mädchen zu vernaschen, die sich seit seinem erfolgreichen Auftritt für
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