Suzanna
das ebenfalls.«
»Bald?«, drängte Alex.
Sie wollte es versprechen, konnte es jedoch nicht. »Irgendwann. Lauft jetzt und sagt Tante Coco, dass ich daheim bin. Ich muss duschen und mich umziehen. In Ordnung?«
»Können wir morgen mit dir zur Arbeit mitkommen?«
Sie drückte Jennys Hand. »Carolanne passt morgen auf den Laden auf. Ich muss auswärts arbeiten. Nächste Woche. Lauft!« Suzanna öffnete die massive Eingangstür. »Nach dem Abendessen sehe ich mir euer Fort an.«
Zufrieden rannten die beiden durch die Halle, den Hund auf ihren Fersen.
Sie verlangen nicht viel, dachte Suzanna, während sie die geschwungene Treppe zum ersten Stock hinaufstieg. Aber sie wollte ihnen viel mehr geben. Die zwei waren glücklich und in Sicherheit. Sie hatten eine große Familie, die sie liebte. Mit einer verheirateten und einer verlobten Schwester hatten ihre Kinder auch Männer in ihrem Leben. Vielleicht ersetzten Onkel keinen Vater, aber das war das Beste, was sie ihnen bieten konnte.
Suzanna hatte seit Monaten nichts von Baxter Dumont gehört. Alex hatte nicht mal eine Karte zu seinem Geburtstag bekommen. Der Scheck für die Alimente kam wieder verspätet – wie jeden Monat. Bax war ein zu guter Anwalt, um die Zahlung völlig einzustellen, aber er sorgte dafür, dass sie immer Wochen nach dem fälligen Datum eintraf. Sie wusste, dass er sie testete. Er wollte herausfinden, ob sie betteln würde. Gott sei Dank hatte sie das bisher noch nicht nötig gehabt.
Die Scheidung war seit anderthalb Jahren rechtskräftig, aber er ließ nach wie vor seine Gefühle für sie an den Kindern aus, dem einzig wirklich Wertvollen, das sie gemeinsam hervorgebracht hatten.
Vielleicht lag es daran, dass Suzanna erst diese nagende Enttäuschung, dieses Gefühl von Betrug und Verlust und mangelnder Ebenbürtigkeit überwinden musste. Sie liebte Baxter nicht mehr. Diese Liebe war schon vor Jennys Geburt gestorben. Aber der Schmerz … Suzanna schüttelte den Kopf. Sie war bemüht, ihn zu verdrängen.
Sie betrat ihr Zimmer. Wie die meisten Räume in The Towers war Suzannas Schlafzimmer riesig. Das Haus war Anfang dieses Jahrhunderts von ihrem Urgroßvater erbaut worden. Es war ein Vorzeigeobjekt gewesen, ein Zeugnis für seine Eitelkeit, seinen Hang für das Üppige und sein Streben nach Ansehen. Es bestand aus fünf Geschossen aus nüchternem Granit mit verspielten Spitzdächern und Balustraden, zwei Rundtürmen und Terrassen auf verschiedenen Ebenen. Das Innere wies hohe Decken, kunstvolle Tischlerarbeiten und verschachtelte Korridore auf. Teils Burg, teils Herrenhaus, hatte es anfangs als Sommerhaus, später als Dauerwohnsitz gedient.
Die vergangenen Jahre und die finanziellen Wechselfälle waren nicht spurlos an dem Haus vorübergegangen. In Suzannas Zimmer zeigten sich, wie in den anderen, Risse im Verputz. Der Fußboden war verschrammt, das Dach leckte, und die Wasserinstallation gehorchte ihren eigenen Gesetzen. Doch die Calhouns liebten ihr Heim. Da nun der Westflügel renoviert wurde, hofften sie, das Haus würde sich eines Tages selbst tragen.
Suzanna ging zum Schrank, um einen Hausmantel herauszunehmen, und dachte, dass sie Glück gehabt hatte. Sie hatte ihre Kinder hierher in ein richtiges Zuhause bringen können, als ihr ursprüngliches Zuhause zerfiel. Sie hatte keine Fremden einstellen müssen, die auf die Kinder aufpassten, während sie Geld verdiente. Die Schwester von Suzannas Vater, die bereits Suzanna und deren Schwestern nach dem Tod ihrer Eltern erzogen hatte, kümmerte sich jetzt um Suzannas Kinder. Obwohl Suzanna bewusst war, dass Alex und Jenny Wildfänge waren, war für diese Aufgabe niemand besser geeignet als Tante Coco.
Und wenn sie demnächst Biancas Smaragde fanden, würde sich im Calhoun-Haushalt alles normalisieren.
»Suze.« Lilah klopfte kurz an die Tür, ehe sie den Kopf hereinstreckte. »Hast du ihn gesehen?«
»Ja, ich habe ihn gesehen.«
»Großartig.« Lilah, die gelockten roten Haare offen bis zur Taille hängend, kam herein, streckte sich diagonal auf dem Bett aus und schob ein Kissen gegen das Kopfteil. Lässig nahm sie ihre Lieblingshaltung ein – waagerecht. »Dann erzähl!«
»Er hat sich nicht sehr verändert.«
»Oh, oh!«
»Er war kurz angebunden und grob.« Suzanna zog das T-Shirt über den Kopf. »Ich glaube, er hat sogar überlegt, ob er mich wegen unbefugten Betretens niederschießen soll. Als ich zu erklären versuchte, was hier vor sich geht, grinste er nur verächtlich. Er
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