Svantevit - historischer Roman (German Edition)
einen dunklen Gegenstand und stürzten sich sofort tauchend auf ihn. Beider Hände umschlossen den Stein und als sie wieder an die Oberfläche kamen erblickten sie einen versteinerten Seeigel, zudem ein außergewöhnlich hübsches Exemplar. Die beiden Freunde grinsten sich an.
"Ich denke, ein kleiner Wettkampf sollte entscheiden, wem der Stein gehört", meinte Radik.
"Gut, lass uns noch mal sehen, wer am längsten tauchen kann", sagte Ferok, nicht weniger siegessicher.
"Nein, das hatten wir heute schon. Wie wäre es, eine Strecke festzulegen und dem schnellsten Schwimmer diesen Stein zu überlassen?"
Ferok zögerte, denn er wusste, dass Radik hierin nicht so leicht zu schlagen war. Da es letztlich aber vor allem um den Spaß ging, willigte er schließlich ein. Die beiden stellten sich im Wasser auf, das so tief war, dass nur ihre Köpfe herausguckten. Ivod sollte, zusammen mit dem Hengst, das Ziel markieren, indem er sich am Ende der Strecke hinstellte. Es dauerte eine ganze Weile, bis Ivod an dem Platz war, denn man wollte ruhig eine ansehnliche Entfernung zurücklegen. Schließlich gab er das Zeichen, wobei er ziemlich brüllen musste.
Ferok hatte den besseren Start erwischt und war eine halbe Körperlänge in Führung gegangen, aber Radik holte mit gleichmäßigen kräftigen Zügen langsam auf. Da kaum Wind wehte, gab es keinerlei Behinderung durch anrollende Wellen. Plötzlich spürte Radik einen Tritt in die Seite und verschluckte sich vor Schreck. Er sah, dass er etwas abgekommen und zu dicht an Ferok heran geschwommen war. Auch wenn dieser Zwischenfall letztlich also seine eigene Schuld war, konnte er sich nicht verkneifen, Ferok an dem Bein, das ihm den harten Tritt verpasst hatte, zu packen. Der ließ sich aber nur kurz irritieren und wand sich schnell wieder los. Radik setzte nach, doch Ferok hatte nun eine ganze Körperlänge Vorsprung und obwohl Radik sein Bestes gab, konnte er den Abstand nur verkleinern, seinen Kontrahenten jedoch nicht mehr einholen.
"Wenn ich gewusst hätte, dass du beim Schwimmen ausschlägst, wie ein störrischer Maulesel, hätte ich einen größeren Abstand gewählt", sagte Radik und hielt sich die Seite.
"Ich?", tat Ferok ungläubig, "Vielleicht ist dir ein Aal in die Quere gekommen."
"Ja, genau. Aber ich habe den Aal zu packen bekommen und der sah dir verdammt ähnlich."
"Ich weiß nur, wer der Schnellste war", meinte Ivod und übergab den faustgroßen Stein an Ferok, "Du kannst ja ein Loch durchbohren, ihn an eine Kette hängen und deiner Freundin schenken. Aber wundere dich nicht, wenn diese bald einen Buckel hat."
"Er bekommt doch sowieso nur eine Bucklige als Freundin."
Beim Spott waren sich die Brüder stets einig.
Radik war froh gewesen, als sein Hengst endlich ein Alter erreicht hatte, um geritten zu werden.
"Für dieses Tier trägst du die alleinige Verantwortung. Du allein kannst über ihn bestimmen", hatte Ugov ihm nochmals versichert, "Wenn du ihn schlachten wolltest, könntest du auch dies tun."
Wieder einmal lenkte Radik nun die Schritte seines gefügigen Pferdes zur Hütte des Alten, wobei er darauf achtete es in der Hitze nicht so sehr zu hetzen.
Womar hielt sich angesichts der hohen Temperaturen möglichst nur im schattigen Haus auf und Radik half Kaila bei der Arbeit mit den Bienen. "Pass auf, dass du nicht alles verplemperst!"
Radik schleppte einen Bottich voll Wasser zum Stall, um die Tiere, die zum Teil sehr unter der Hitze des Tages litten, damit zu versorgen. Kaila liebte es, Radik etwas zu necken und hatte ihm gegenüber nun jede Beklemmung verloren. Es war fast so, als wären sie Bruder und Schwester, dachte Radik manchmal, aber ihr Bruder wollte er nicht sein.
In einem Verschlag stand die Stute, die Womar seinerzeit von dem Bauern gekauft hatte. Auch ihr Fell hatte ein dunkles Schwarz, wie Radiks Hengst, der daneben angebunden war.
"Ein schönes Tier", meinte Radik, tauchte seine Hand in den Bottich und benetzte den Hals der Stute mit Feuchtigkeit.
Da zwängte sich unvermittelt Kaila zwischen ihn und das Tier und sah ihn herausfordernd mit ihren strahlend grünen Augen an.
"Findest du mich eigentlich auch schön?"
Die Frage klang ehrlich und Radik wusste, dass es ihr nicht um reine Koketterie ging. Sie war allein mit ihrem Großvater und ihrer Tante aufgewachsen. Sicher hatte ihr Großvater ihr unzählige Male gesagt, was für ein hübsches Mädchen sie sei, aber dies hätte er auch getan, wenn sie eine Hakennase und nur ein Auge
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