Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Soldaten, von der Güte und Allmacht des einzigen Herrn zu überzeugen, wozu man, des besseren Verständnisses und der Nachhaltigkeit wegen, einige Götzenbilder, die man sicher in dem Dorf finden würde, verbrennen oder, und seine Aufregung steigerte sich noch bei diesem Gedanken, falls sich die Möglichkeit bot, einen Tempel oder sonstiges Heiligtum zerstören könnte, um den Barbaren die Ohnmacht ihrer Götzen und damit die Gottlosigkeit ihres bisherigen Lebens eindrücklich vor Augen zu führen. Den Unbelehrbaren, Widerspenstigen und Störrischen, denen also, die Luzifer unrettbar in seinen Klauen hielt, mochten die Soldaten dann die Kehle durchschneiden. Der Dienst für den Herrn ist nicht immer einfach, dachte der Bischof und wischte sich mit dem Rücken seiner feisten ringgeschmückten Hand den Schweiß von der Stirn.
Als sie die Siedlung dann erreichten, war diese menschenleer, nur der steinerne Ofen im Backhaus glühte noch fast vor Hitze und es roch nach frischem Brot, aber nicht eine Krume war zu finden und auch die Häuser waren von allem geräumt, was die Bewohner hatten mitnehmen können, selbst der ziemlich schwere Malstein war fortgeschafft und sogar die Gemüsebeete abgeerntet worden. Die Dörfler rechneten also durchaus damit, dass ihre Behausungen ausgeraubt und eingeäschert werden würden, obwohl man dies auf Weisung Heinrichs in den anderen Dörfern unterlassen hatte. Schließlich sollten die Ranen ihm nach Gelingen dieses Feldzuges tribut- und lehnspflichtig werden und er schadete sich daher letztlich selbst, wenn er ihre Häuser und Felder verwüsten ließe.
Dass die Bauern hier trotz der anrückenden und in nächster Nähe vorbeiziehenden Armee den für die Verpflegung der Gemeinschaft wichtigen Backtag, der zu dieser Jahreszeit höchstens einmal die Woche stattfand, durchführten, zeigte allerdings, dass sie keinerlei Angst hatten, überrascht oder gar plötzlich überrannt zu werden. Das hieß, dass die Ranen, obwohl sie niemals zu sehen waren, die sächsisch-obodritische Streitmacht ständig beobachteten und über alle Bewegungen und Aktionen gut genug unterrichtet waren, um selbst kurzfristig darauf zu reagieren.
Doch wenn Heinrich über seine verantwortlichen Hauptleute zur Vorsicht mahnen ließ und einschärfte, keine Fehler zu machen oder Schwäche zu zeigen, weil diese der Feind sicherlich gnadenlos ausnutzen würde, so war dabei auch ein wenig der Wunsch der Vater des Gedanken, denn die herzoglichen Truppen waren mit ihren Verbündeten sowohl zahlenmäßig als auch an Waffen und Ausrüstung allem überlegen, was die Rügenslawen aufzubieten vermochten und der Glaube an den schnellen und sicheren Erfolg ihres Unternehmens basierte auf der Annahme, zumindest den größten Teil der heidnischen Horden, die sich ihm entgegenstellen würden, hier auf dem Festland vernichten zu können.
Sollten sich die Ranen mit ihren Kriegern völlig auf ihr eigentliches Stammesgebiet, die Insel Rügen, zurückziehen, so würde dies die Sache nicht nur erheblich komplizierter machen, sondern könnte durchaus zum Scheitern des ganzen Feldzuges führen. Denn dann würde man unter erheblichem zeitlichen und technischen Aufwand über den zu dieser Jahreszeit zwar ruhigen und strömungslosen aber doch gefährlich breiten Sund zwischen Festland und Insel übersetzen müssen, um dort, nachdem man den dichten Wald im Westen der Insel irgendwie überwunden hätte, auf die berüchtigten, äußerst wehrhaften und zählebigen Burgen der Slawen vorzurücken, in welche sich die Bewohner bei Gefahr zurückzogen und die man weder überrennen noch in kurzer Zeit aushungern konnte. Dazu kamen die Ausmaße der Insel, so dass Heinrich selbst ohne in Kämpfe verwickelt zu werden gut zwei Tage brauchen würde, um mit allem Gefolge die Insel von Süden nach Norden zu durchqueren, vorausgesetzt, alle Wege waren gut passierbar.
Vor ungefähr dreißig Jahren hatten die Dänen auf genau dieser Ebene vor Heinrichs nächtlicher Lagerstätte ein sich ihnen entgegenstellendes Heer der Rügenslawen so vernichtend geschlagen, dass sie danach fast ohne weitere Gegenwehr auf der Insel landen und das größte Heiligtum der Ranen, die Tempelfestung Arkona auf der Nordspitze Rügens schleifen und ausrauben konnten. Auch hatte man ein paar Priester zurück gelassen, um die Heiden zu missionieren und diese für tributpflichtig gegenüber dem dänischen König erklärt.
Da sich die Dänen aber gar nicht darüber einig waren, wer nun
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