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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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umging und dann angewiesen, die beiden ungestört zu lassen. Die Ähnlichkeiten zwischen Radmar, der Christian schon ans Herz gewachsen war, und diesem Ranen waren offenkundig: die hochgeschossene Gestalt und das hellblonde Haar ließen mehr als eine vage Vermutung zu.
    Kaila hatte sich ja bisher stets schwer damit getan, ihm bestimmte Dinge zu offenbaren, was weniger daran zu liegen schien, dass sie ihm nicht vertraute, als vielmehr an der Trauer und dem Schmerz, welche sie mit den Erinnerungen verband. Da traf es sich doch eigentlich ganz gut, dass der Rane die deutsche Sprache beherrschte und so einige Fragen beantworten könnte. Man müsste ihn nur abpassen, sobald er das Lager verlässt.
    Christian weihte Ronald in seinen Plan ein und sagte ihm auch, er brauche keinen Begleitschutz, sonst würde der Rane womöglich noch denken, man wolle ihn unter Drohungen verhören.
    Durch ein Zeichen wurde Christian, der sich etwas abseits postiert hatte, benachrichtigt, als Radik das Zelt verlassen hatte. Er stellte überrascht fest, dass der Rane zu Fuß ging und entgegen seiner eigentlichen Absicht beschloss er, ihn nicht sogleich anzusprechen, sondern ihm erst einmal zu folgen. Vielleicht könnte es ja nicht schaden, wenn man wüsste, wo der Bursche zu finden war.
    Christian hielt einigen Abstand, um nicht aufzufallen. Doch mit der Zeit musste er immer weiter aufschließen, da es zunehmend dunkler wurde und er den Ranen nicht aus den Augen verlieren wollte. Der Weg war doch unerwartet weit.
    Kaum zu glauben, dass er ihn noch nicht bemerkt hatte. Der Bursche musste wirklich tief seinen Gedanken nachhängen.
    Dann endlich schienen sie am Ziel. Der Rane stutzte kurz, als würde er seine eigene Hütte nicht erkennen, ging dann aber mit schnellen Schritten zur Tür.
    Sollte er ihn jetzt anreden? Christian war unsicher und sah sich, mehr aus Verlegenheit, kurz nach allen Seiten um. Da bemerkte er, im Dämmerlicht nur schwach auszumachen, wie jemand hinter einem Baum hervortrat, einen Bogen spannte und mit diesem auf den Ranen zielte. Ohne näher zu überlegen lief Christian los und stieß Radik weg, als auch schon der Pfeil herangeschossen kam.
     
    Radik fand sich unsanft auf dem Boden wieder. Schnell stieß er den vermeintlichen Angreifer fort und war überrascht, Christian zu erblicken, dem ein Pfeil in der Schulter steckte.
    "Pass auf! Dort!", schrie der Sachse mit schmerzverzerrtem Gesicht.
    Schon hatte Radik bemerkt, wo die Gefahr lauerte und wer der wirkliche Angreifer war.
    "Du?"
    "Damit hast du nicht gerechnet!", triumphierte Nipud, "Du Verräter! Hast uns feige den Dänen ausgeliefert! Doch jetzt wirst du dafür bezahlen!"
    Mit gezogenem Schwert stürmte er auf Radik zu, dem bewusst wurde, dass er nur ein Messer bei sich trug, da er die Dänen nicht hatte mit Waffen provozieren wollen. Schnell griff er Christian an den Bund und zog dessen Schwert aus der Scheide, gerade noch rechtzeitig, um den ersten Schlag zu parieren.
    Radik bemerkte trotz der Dämmerung, wie erbärmlich Nipud aussah, das Gesicht blassgrau und verschwitzt wie im Fieberwahn, die Kleidung voll von verkrustetem Blut. Er wunderte sich, welche Kraft sein Gegner dennoch aufbrachte. Nipud führte die Schläge mit solcher Wucht, dass Radik zunächst nichts übrig blieb, als langsam zurückzuweichen. Doch schon wurde das Atmen des Angreifers schwerer, seine Attacken erfolgten nun blindlings, ohne auf die Deckung zu achten. Schließlich fiel er über eine Baumwurzel und blieb regungslos liegen. Radik trat das Schwert mit dem Fuß weg und setzte Nipud seine Klinge an die Kehle. Als er überzeugt war, keine Gegenwehr mehr erwarten zu müssen, lief er in die Hütte, die zu seiner Verwunderung leer war.
    "Was werdet ihr mit dem Kerl machen?", fragte Radik Christian, der hinzugetreten war.
    "Kopf ab!", stöhnte Christian.
    "Vielleicht erledigt sich die Sache auch von selbst", sagte Radik, "Mir hat der Kerl vor Jahren übrigens auch mal einen Pfeil in die Schulter geschossen. Wie du siehst, habe ich es überlebt!"
    Wenig später fuhr ein Ochsenkarren vor. Rusawa stieg hinunter, mit der schlafenden Laja im Arm.
    "Wir waren im Dorf. Ich musste doch berichten, was hier geschehen ist und dass es uns gut geht. Dort hat sich ja seit Tagen niemand vor die Tür gewagt. Leider ist es nun etwas spät geworden." 
    "Welch ein Glück!", sagte Radik und schloss sie in die Arme, "Welch ein Glück!" 
     
     

Laurits Tuxen (1853 - 1927) "Bischof Absalon stürzt

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