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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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persönlich mit der Jagd beauftragt. Ich bin zwar nur ein Fischer, aber mit Robben werde ich besser fertig, als die Krieger des Tempels, zumal wenn es darum geht, diese lebend einzufangen. Das wissen sogar die Götter."
    Er zwinkerte Radik lächelnd zu, nahm sich ein Stück Brot vom Tisch und ging dann aus der Hütte. Radik blickte dem großen Mann, der sich mit kraftvollen, weit ausholenden Schritten entfernte und dem jedermann freundlich und respektvoll einen guten Morgen wünschte, eine ganze Weile stolz hinterher.
    "Beeilt euch! Und esst noch etwas!", sagte die Mutter und deutete auf den Topf, in dem sie gestern Abend das Robbenfleisch gekocht hatte.
    Radik angelte sich ein größeres Stück, teilte dies mit dem Messer und reichte seinem Bruder Ivod eine Hälfte. Beide setzten sich auf die Bank und kauten das feste Fleisch, das angenehm fett, fast schon ein wenig tranig schmeckte. Ivod war zwei Jahre jünger als Radik und eigentlich sah man die beiden fast immer zusammen. In letzter Zeit musste Radik allerdings immer häufiger seinem Vater bei der Arbeit helfen, was nicht selten hieß, den ganzen Tag auf Fischfang zu gehen. Dadurch hatten die beiden Brüder in diesem Sommer noch nicht viele Gelegenheiten gehabt, etwas gemeinsam zu unternehmen, was Radik sehr bedauerte.
    Ihre Schwester Rusawa war sechs Jahre alt. Das jüngste der Geschwister hieß Bosad und wurde von der Mutter noch gestillt.
    Alle wohnten in dem kleinen Blockhaus, das vier gleichlange Bohlenwände besaß und in dessen Mitte ein massiver Tisch aus Buchenholz stand. An den Wänden verlief eine fast durchgehende Reihe von Bänken, die sowohl dem Sitzen, als auch dem Schlafen diente und daher eine entsprechende Breite aufwies. Auf ihr lagen einige Felle und Leinendecken. In der nordöstlichen Ecke, der Wetterseite, befand sich ein kleiner steinerner Ofen, der zum Kochen diente und im Winter die Hütte erwärmte. Der Rauch zog direkt über eine Öffnung im mit Rohr gedeckten Dach ab. Neben dem Ofen war eine Vertiefung in den Boden gegraben. Dort wurden hinter einer hölzernen Luke Vorräte aufbewahrt.
    Als Radik vor die Tür trat, herrschte im ganzen Dorf bereits rege Geschäftigkeit. Er wusch sich kurz das Gesicht und den Oberkörper mit kaltem Wasser, das sein Vater in einem Bottich vom Brunnen hergeschafft hatte und spritzte Rusawa ein bisschen nass, die ihm gefolgt war.
    "Pass nachher bloß auf, dass dich im Trubel kein Fremder wegfängt. Manche von denen essen nämlich noch Menschenfleisch und kleine Mädchen mögen sie ganz besonders gerne."
    "Ja, ich glaube, wir sollten sie verkaufen, aber nicht an Menschenfresser, sondern nur an einen reichen Prinzen, der ein besonders hübsches Mädchen sucht."
    Ivod war hinzugetreten, nahm seine Schwester unter den Armen und drehte sich mit ihr im Kreis.
    "Zum Spielen ist jetzt keine Zeit!", mahnte die Mutter, "Radik, bring den Kleinen weg und hilf danach deinem Vater bei den Tieren."
    Sie hielt ihm Bosad hin, der ihn breit anlächelte und sofort nach seiner Nase griff, als er in Reichweite war. Radik setzte ihn sich auf den linken Arm vor die Brust und lief los, was seinen kleinen Bruder zu glucksendem Lachen veranlasste.
    Da alle heute das Dorf verlassen wollten, wurden die Kinder, die für das Fest auf der Burg noch zu klein waren, von zwei älteren Frauen betreut, die Erfahrung mit dem Nachwuchs hatten.
    Während Radik zu dem Haus lief, drehte er sich ein paar Mal im Kreis, um seinen kleinen Bruder bei Laune zu halten. Er wusste, dass es mal wieder ein schwerer Abschied für den Kleinen war, der es ganz und gar nicht mochte, wenn er kein vertrautes Gesicht in seiner Umgebung sah. Schon von weitem hörten sie die anderen Kinder. Ein dürres Weib stand in der Tür und streckte die Arme nach Bosad aus. Radik mochte die Alte nicht, obwohl er über sie nichts Schlechtes wusste, aber irgendwie fand er ihre Erscheinung abstoßend, fast gespenstisch – ihr schlechter Atem wehte ihm wie zur Bestätigung entgegen. Und Bosad hatte sich offensichtlich dieser Meinung angeschlossen, denn er schrie und klammerte sich an Radiks Hemd fest.
    Radik betrat das Haus und als Bosad die anderen Kinder sah, beruhigte er sich etwas. Auf einer Bank entdeckte Radik ein kleines Leinentuch; er nahm dieses, während er Bosad vorsichtig von seinem Hemd löste und vor sich hinsetzte, und machte einen Knoten in den Stoff, durch den er zwei Enden hindurchzog. Das so entstandene Wesen mit den großen Ohren ließ er mit der rechten Hand

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