Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)
Also forderte er drei Männer auf, zu dem Hof zu reiten, dessen Lage ihnen Kaila so genau wie möglich beschrieb. Sie sollten sich dort umsehen, aber jedem Streit aus dem Wege gehen.
Am Abend kamen die Reiter zurück. Ihnen war anzumerken, wie froh sie waren, wieder im sicheren Lager zu sein.
"Ständig fühlte man sich beobachtet und ich glaube nicht, dass wir uns das nur eingebildet haben."
"Nun berichtet endlich! Was habt ihr gesehen?", drängte Christian, der mit seinen Männer zunächst allein sprach.
Alles sei wie ausgestorben gewesen. Kein Mensch auf dem Weg, niemand auf dem Hof. Das Haus müsse erst vor kurzem verlassen worden sein, aber nichts habe auf überhastete Flucht hingedeutet. Ganz in der Nähe seien sie auf ein frisches Grab gestoßen, höchstens eine Woche alt, merkwürdigerweise mit einem massiven Holzkreuz versehen, welches kunstvoll geschnitzte Verziehrungen aufwies.
"Und mitten auf dem Grab stand ein Bienenkorb! Nicht etwa leer, nein, voll schwirrender Stachelviecher!"
Christian genehmigte den Männern eine Sonderration Schnaps, obwohl er sonst streng darauf achtete, dass nicht zu viel getrunken wurde, immerhin befand man sich im Felde. Dann berichtete er Kaila alles, was er gehört hatte. Sie weinte still und kurz und lehnte sein Angebot ab, sich in seiner Begleitung selbst zu dem Hof zu begeben, wobei sie sich bemühte zu zeigen, dass sie ihm wieder gut war.
In dieser doch betrübten Stimmung wirkte es irgendwie erlösend, dass es am nächsten Tag kurz nach Mittag plötzlich Tumulte im Lager gab. Überraschend war eine Schar von berittenen Ranen aufgetaucht, von den als Vorposten aufgestellten Männern zu spät bemerkt, und hatte sich mit lautstarken Schlachtrufen sogleich auf eine Gruppe Dänen gestürzt, die sich, nur mäßig bewaffnet, auf einer Wiese die Zeit mit kleinen Wettspielen vertrieb.
Schnell hatten die Angreifer, es waren etwa zwei Dutzend, eine blutige Schneise geschlagen und wendeten dann ihre Tiere, um das Werk fortzusetzen. Doch nun verteilten sich die Dänen, um auch den Feind dazu zu bringen, sich zu zerstreuen. Vom Lager kamen immer mehr Männer den ihren zu Hilfe, schwer bewaffnet, und versuchten, den Feind mit lautstarken Rufen auf sich zu lenken. Schon prasselten die ersten Pfeile, schon wurde der erste Rane vom Pferd gestoßen und erbarmungslos niedergemacht. Der Kampf war ungleich und nur die Überraschung hatte den Angreifern einen kurzen Erfolg beschieden, der jetzt teuer bezahlt wurde.
Unter den Ranen fiel ein Reiter auf, der stimmgewaltig Befehle brüllte und sein Schwert mit tödlicher Meisterschaft führte. Gerade hatte er drei Männern, die sich ihm in den Weg gestellt hatten, tödliche Verletzungen zugefügt, als er einer Überzahl Gegner auswich, indem er sein Pferd in hohem Tempo fast auf der Stelle wendete. Kein Zweifel, dass es sich bei ihm um den Anführer handeln musste. Dies spornte die Dänen besonders an, ihn möglichst schnell auszuschalten. Wer diesen Burschen zu Strecke brachte, konnte sich der Anerkennung seiner Kameraden sicher sein. Diese Hatz bezahlten noch einige Dänen mit ihrem Leben.
Endlich ließ ein Schwertstreich den Ranen zusammensinken, doch er fiel nicht. Das Pferd suchte eilig das Weite und hielt auf einen Wald zu. Pfeile pfiffen hinterher und ein Geschoß traf in die Schulter, ein weiteres den Oberschenkel. Man nahm die Verfolgung auf, eine dicke Blutspur wies den Weg. Doch in den Wald wollten sich die Dänen nicht begeben. Der Kerl würde ohnehin nicht mehr weit kommen, wenn er überhaupt noch am Leben war. Zunächst musste das Lager gesichert werden. Ein solcher Angriff sollte sich nicht wiederholen.
Schon wenig später kehrte wieder Ruhe ein. Radmar spielte mit einigen anderen Kindern und ein paar Halbwüchsigen. Sie näherten sich dabei immer mehr dem Burgwall und waren bald im Bereich der Bogenschützen. Doch ins Spiel vertieft bemerkte Radmar nicht, wie ein Pfeil auf ihn gerichtet wurde.
Feuerfalle
Radik war sofort zum Tor geeilt und hatte den großen Holzturm bestiegen. Von dort beobachtete er das Geschehen. In der Ferne waren Geräusche eines Kampfes zu vernehmen, aber es war kaum etwas zu erkennen. Das sollten die Truppen der Fürsten sein? Schon wenig später schien alles vorüber. Was war da nur los?
Granza hatte sich stumm neben ihn gestellt.
"Meine Worte waren ehrlich", sagte er schließlich in die einsetzende Stille.
"Ach, lass mich bloß damit in Ruhe!"
"Ich kann dich ja verstehen. Aber bitte
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