Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
nicht am Ende. Lassen Sie Kurs auf die Hafeneinfahrt nehmen.«
»Ist der Kapitän ein Feigling?«, murmelte der Ladekanonier am zweiten Geschütz zu seinem Kumpel.
»Die ihn kennen, sagen, er wäre ein guter Kämpfer«, antwortete der.
»Ihr seid auch zu dämlich!«, mischte sich der Geschützführer ein. »Ihr schreit doch am lautesten nach Prisengeldern. Dann müsst ihr doch froh sein, dass wir uns nicht stundenlang mit den Briten beschießen und keiner weiß, wie’s ausgeht. Das ist Sache der Flotte! Wir sollen Prisen machen. Der Käpt’n, so jung er ist, hat schon Kämpfe durchgestanden, wo andere sich nicht mehr bewegen konnten, so voll hatten sie die Hosen.«
Am Pier von Saint Pierre winkten ihnen Menschen zu, die schon am frühen Morgen das Schauspiel auf See bewundert hatten.
»Endlich am Ziel«, sagte Mr Gordon zu Sven. »Vielen Dank, dass Sie mich wohlbehalten hergebracht haben. Nun muss ich es allein schaffen. Hoffentlich kann ich was bewirken.«
»Das werden Sie sicher, Mr Gordon«, ermunterte ihn Sven. »Vielleicht hole ich einmal Waffen ab, die Sie vermittelt haben, und Sie begrüßen mich am Pier.«
Gordon lächelte. »Schön wäre es. Aber jetzt scheint jemand mich abholen zu wollen. Eine Kutsche kommt geradewegs an unseren Landeplatz. Oder erwarten Sie jemanden?«
»Nein, Mr Gordon. Ich muss zu denen gehen, die mich erwarten: der Hafenmeister, der Agent der Reederei, vielleicht noch ein Hafenarzt. Alles Gute dann!«
»Sie hören noch von mir«, versprach Mr Gordon und zog seinen Hut zu jemandem, der aus der Kutsche stieg und ihm zuwinkte.
In Saint Pierre erinnerte nichts an das heimatliche Philadelphia, obwohl die Stadt kaum weniger Einwohner hatte. Hier gab es keine weiten, schachbrettartig angeordneten Straßen, sondern nur ein Gewusel krummer Straßen und Gässchen, die sich zwischen Strand und dem ruhenden Vulkan Montagne Pelée zusammendrückten. In den Straßen brodelte es, wie Sven erfuhr, als er zum Agenten der Reederei ging. Joshua und ein Matrose, der aus Guadeloupe stammte, begleiteten ihn.
Sven kannte einige karibische Hafenstädte, aber so grell und laut hatte er noch keine erlebt. Man konnte ja keine fünf Schritte gehen, ohne sich vor einem Eselskarren, einem Lastenträger oder einer Sänfte an die Seite drücken zu müssen. Und wenn man sich an die Seite drückte, musste man aufpassen, dass man nicht in eine Auslage von Seefischen, in die Töpfe einer Suppenküche, die Menagerie eines Papageienverkäufers oder in die Werkstatt eines Schumachers fiel.
Sein Matrose aus Guadeloupe ging vor ihnen und rief dauernd, man möge ihnen Platz machen oder so etwas Ähnliches, denn Sven verstand nicht viel von dieser Mischung aus Französisch und irgendwelchen Negersprachen.
Sie gingen an einer großen Kathedrale vorüber, die an einem Friedhof lag. Ihr Matrose fragte einige Male Einwohner nach dem Weg, bis sie schließlich vor einem bürgerlichen Geschäftshaus standen, an dem ein Schild auf die »Mess. Archand et Myér« hinwies, die sich mit Im- und Export beschäftigen sollten.
»Wollt ihr mit rein oder dort in der Kneipe auf mich warten?«, fragte Sven.
Joshua erhielt einen Stoß vom Mann aus Guadeloupe und antwortete: »Wir warten dort, wenn es recht ist, Mr Larsson.«
Sven wurde freundlich von Monsieur Archand empfangen, der sich erkundigte, wie die Reise verlaufen war. Auf Svens kurzen Bericht folgte eine Diskussion über die Entladung der mitgebrachten Ware und eine Information über die neue Ladung. Das war natürlich nicht viel, denn die Freedom hatte bei der starken Besatzung wenig Laderaum. Aber die schweren Mörser, von Washingtons Armee sehnsüchtig begehrt, benötigten auch nicht viel Platz.
»Seien Sie und Ihre Offiziere vor allem bei Dunkelheit vorsichtig in der Stadt, Monsieur Larsson. Es muss hier eine Gruppe Kolonistenhasser geben, die sich in letzter Zeit darauf spezialisiert hat, Offiziere amerikanischer Schiffe zu ermorden. Manche meinen, dass fanatische Briten Mordprämien ausgesetzt hätten, aber bisher hat unsere Polizei noch nichts nachweisen können.«
Sven nahm sich vor, nicht auf seinen Säbel zu verzichten und seine Offiziere zu warnen. Aber seine Freunde waren damit nicht zufrieden.
»Mr Larsson«, erwiderte Adam Borg auf die Mahnung. »Ich habe schon vom Deck aus beobachtet, wie dort in dem Gewimmel die Taschendiebe am Werk sind. Ich habe sogar gesehen, wie ein Opfer abgestochen wurde, das sich gewehrt hat. Und keiner
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