Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
musst gerade stöhnen. Was sollen wir denn sagen«, scherzte Karl mit ihm.
»Ich kann dir ja heute Abend ein Brot kaufen, damit du stärker wirst«, gab Joshua zurück.
»Du hast wohl deine Bekleidung bezahlt.«
»Ja, sie ziehen mir nichts mehr von der Heuer ab.«
Und so aßen und tranken Sven und seine Kameraden noch spät am Abend in den Kneipen von Oranjestadt.Die nächsten Reisen nach Madeira, Halifax und Charleston hatten für Sven nicht viel Neues zu bieten. Er kannte Stürme, und er hatte in Flauten ausgeharrt. Er hatte gefroren und Eis von den Tauen abgeklopft. Und er hatte in der Hitze der Karibik die Planken mit Wasser befeuchten müssen, damit sie nicht ausdorrten. Ja, die Häfen waren anders, aber andererseits ähnelten sie sich doch auch wieder. Städte im Landesinneren hatten mit Hafenstädten wenig gemeinsam, erinnerte er sich aus seiner Jugend.
Lissabon hatten sie in der ganzen Zeit nicht angesteuert. Sven hatte oft sehnsüchtig an Rosita gedacht. Aber dann ergab sich in Charleston zufällig die Gelegenheit, wieder ein gepflegtes Bordell zu finden. Und dort war Conchita, eine rassige Mulattin. Sie war froh, dass Sven sich ihr zärtlich näherte und auch sie glücklich machen wollte. Sie revanchierte sich mit wilder Leidenschaft, sodass Sven erfüllt und erschöpft Rosita über Conchita vergaß. Aber diesmal hatte er zahlen müssen. Und seine Freunde hatten gemerkt, dass er bei einer Frau gewesen war.
Sie zogen ihn freundschaftlich auf, als sie wieder auf See waren. Mr Walker hatte etwas von ihrem Spott mitbekommen und scherzte, nun müsse er wohl bald befördert werden, damit er sich solche Vergnügen leisten könne.
Aus dem Scherz wurde schneller Ernst, als Sven es zu träumen gewagt hatte. In Philadelphia bestellte ihn der junge Mr Bradwick ins Büro und eröffnete ihm, dass er Mr Margot auf ein anderes Schiff als Obersteuermann versetzen müsse. Ob er sich zutraue, als diensttuender Untersteuermann auf der Victoria mit seinen alten Gefährten zu segeln.
»Ihre Vorgesetzten sind sehr zufrieden mit Ihnen, Mr Larsson, aber es ist natürlich eine besondere Sache, nun Vorgesetzter der alten Gefährten zu sein.«
»Das macht mir nichts aus, Mr Bradwick. Es sind alles anständige Kerle, die mir das Leben nicht schwer machen werden. Ich danke für das Vertrauen.«
»Gut! Bei der nächsten Reise werden Sie dann auch planmäßig Untersteuermann.«
»Er hat mich sogar mit ›Sie‹ angeredet«, erzählte Sven seiner Mutter.
»Du bist nun auch kein Jüngling mehr, und wenn du Dienst als Untersteuermann tun und die Verantwortung tragen sollst, dann müssen sie dich auch respektieren. Anders geht es nicht. Aber was werden deine Freunde machen?«
»Das hat er mich auch gefragt. Sie werden meine Freunde bleiben. Im Dienst werden sie ›Mr Larsson‹ und ›Sie ‹ sagen, und wenn wir allein sind, bin ich ihr Freund Sven. Es sind anständige Kerle. Sie freuen sich für mich.«
»Dann werden wir sie auch wieder einladen.«
Ingrid war mit ihren fünfzehn Jahren eine richtige junge Dame geworden. Sie hatte den Tod der Oma überwunden und lebte fröhlich und selbstbewusst, ohne ihr Ziel aus den Augen zu verlieren. Sie wollte Lehrerin werden wie ihre Mutter.
»Es gibt jetzt auch Colleges für Mädchen, und Sabrina Wilbur und ich werden uns im nächsten Jahr für eines einschreiben.« Dann blickten ihre Augen auf einmal sehr ernst. »Aber ich glaube nicht, dass Sabrina dort ihr Studium abschließen wird.«
»Aber warum denn nicht, Ingrid? Sie ist doch auch ein kluges Mädchen.«
»Ja, aber ihr Vater wird so angefeindet, dass er daran denkt, nach Kanada zu ziehen. Er ist Anhänger der britischen Regierung und des Königshauses und empfindet die Reden vieler Patrioten als Landesverrat und Hetze. Das verübeln ihm manche sehr.«
»Aber er ist doch ein guter Arzt, ein hilfsbereiter Mensch, der viel Gutes getan hat.«
»Das zählt für manche nicht mehr. Er verliert Patienten und wird verleumdet, er sei geldgierig.«
Sven war empört. »Das ist gemein! Er hat viele arme Leute kostenlos behandelt. Das kann doch niemand bestreiten.«
Die Mutter kam hinzu. »Man kann es leider doch, Sven. Wenn politische Auffassungen hart aufeinanderprallen, kommen Vernunft und Fairness leider oft zu kurz. Aber das sind Männersachen. Ich wollte dich schon immer fragen, ob du denn auch mal eine Frau kennen lernst, die dir gefällt.«
»Aber Mutti, wie soll ich auf See eine Frau kennen lernen?«
»Das stimmt, mein
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