Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Kneipe leer. Lachten die sie an?
Er sah noch einmal zu den Briten hin, aber deren Gesichter verschwammen so seltsam.
»Adam«, wollte er sagen, aber er stammelte mehr. Adam blickte ihn erstaunt an, doch dann sank sein Kopf nach vorn.
Karl saß auch ganz vornübergebeugt da. Kamen die britischen Matrosen an ihren Tisch?
Sven schloss die Augen und sackte zusammen.
Wer stößt mich denn da? Und was stinkt denn hier so? Dann hörte Sven eine Stimme: »Nun wach doch endlich auf!« Er blinzelte. Das war doch Joshua. Dahinter hockten Karl und Adam und rieben sich die Augen. Aber sie lagen ja auf nassen, stinkenden, dicken Tauen.
»Mein Gott!«, stieß Sven hervor.
»Ja, Sven. Man hat uns schanghait.« Adam sprach mit schwerer Zunge. »Ich wette, wir sind auf der britischen Fregatte, die gestern nebenuns lag. Das Schwein von Wirt hat uns Tropfen in den Grog getan und uns verkauft.«
»Wir müssen hier raus«, keuchte Karl. »Die Flotte ist die Hölle!«
Adam winkte ab. »Langsam! So schlimm ist es auch nicht. Hört her!« Seine Stimme wurde fester. »Bei nächster Gelegenheit flüchten wir. Aber ihr wisst, dass die Flotte jeden Deserteur jagt, bis sie ihn hat. Wir dürfen nicht unsere wahren Namen angeben. Wir verändern sie etwas. Sven Larsson wird Ben Larsberg, Karl Bauer wird Kurt Berger, Joshua Petrus wird Joseph Paulus und ich werde Alfred Berg. Merkt euch das schnell. Karl, wiederhole die Namen!«
Er tat es und dann noch Joshua.
»Wir müssen uns dann auch untereinander so anreden«, forderte Sven. »Nicht wahr, Alfred?«
Der schaute erst dumm, dann lachte er. »Du hast recht, Ben. Und du bist Untersteuermann, nichts mit ›diensttuend‹. Dann könntest du hier Maat werden und uns helfen.«
Und dann öffnete sich die Tür zum Kabelgatt. Für sie war es das Tor in eine neue Welt.
Im Dienst des
Tyrannen
(Dezember 1773–Dezember 1774)
Ein Matrose blickte grinsend in das Halbdunkel des Kabelgatts.
»Raus, ihr faulen Säcke! Aber schnell!«
Sven und seine Freunde krochen durch die niedrige Tür. Auf sie warteten mehrere Matrosen. Ein Maat klopfte sich mit einem Knüppel auf die Handfläche.
»Nun bewegt euch, ihr Lahmärsche! An Deck! Meint ihr, der Erste Leutnant wartet ewig auf euch?«
Sven und die anderen gingen noch etwas schwankend den engen Gang entlang. Was hat uns der Wirt nur in den Grog getan, dass mir immer noch schwindlig ist?, dachte Sven. Dann mussten sie den Niedergang emporsteigen und standen blinzelnd in der Helle des Decks. Ein kalter Wind durchfuhr ihre Kleider. Um das Schiff herum war nur Meer.
»Los, zum Achterdeck!«, schimpfte der Maat. »Mr Norman, der Erste, hat nicht ewig Zeit.«
Ein Offizier in blauer Alltagsuniform ging auf und ab. Als er sie kommen sah, blieb er stehen.
»Sind das die blinden Passagiere?«
»Aye, Sir«, antwortete der Maat.
»Wir sind keine …«, protestierte Karl, aber der Maat hieb ihm den Knüppel über die Schulter.
»Rede nur, wenn du gefragt wirst!«
Mr Norman achtete nicht weiter auf dieses Ereignis. Er musterte die vier Kolonisten.
»Scheinen ja wenigstens Seemänner zu sein«, sagte er zum Maat. Er fixierte Sven, der am besten gekleidet war. »Name, Dienstbezeichnung!«, stieß er hervor.
»Ben Larsberg, Untersteuermann«, antwortete Sven.
Mr Norman lachte kurz auf. »Warum nicht Kapitän? Dann sag mir doch mal, wer hat die Mondbewegungen tabelliert?«
»Der Göttinger Professor Mayer, und der britische Hofastronom hat sie erweitert, Sir.«
Mr Norman stutzte. »Er weiß ja etwas. Na, soll sich der Master drum kümmern.« Er wollte sich zum Nächsten wenden, aber Sven fragte: »Darf ich etwas sagen, Sir?«
»Was denn noch?«
»Wir sind keine blinden Passagiere, Sir. Wir sind Seeleute der Victoria aus Philadelphia und wurden schanghait. Wir protestieren gegen die widerrechtliche Gefangennahme.«
Mr Norman ballte die Fäuste. »Will er die Katze spüren, Kerl? Er kann ja eine Eingabe an die Admiralität oder den Gouverneur von New York schreiben. Wir segeln nach Portsmouth. Dort kann er sie aufgeben. Bis die Antwort eintrifft, tut er hier seinen Dienst wie jeder Untertan des Königs!« Er grinste noch höhnisch und bellte dann Adam an: »Name, Dienststellung.«
»Alfred Berg, Vollmatrose, Sir.«
Der Erste Leutnant nickte und ließ sich die anderen Namen sagen. Dann wandte er sich an den Maat. »Bringen Sie sie zum Schreiber. Er soll die Namen im Bordbuch notieren. Sie werden zur Division von Leutnant Aires eingeteilt. Der
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