Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
Sohn. Und die in den Hafenstädten solltest du besser nicht kennen lernen. Da müssen wir uns hier wohl einmal für deinen Bruder umsehen, nicht wahr, Ingrid?«
Sven protestierte, aber seine Mutter dachte schon an bestimmte Kaffeeeinladungen für einige Damen.
Aber es war für Sven doch eine neue Erfahrung, mit jungen Damen aus der Gesellschaft am Tisch zu sitzen und zu plaudern. Natürlich waren seine Mutter und die Mutter der jungen Dame mit am Tisch, denn es war ja eine höchst schickliche Kaffeegesellschaft.
Er musterte die junge Dame, von der er wusste, dass sie achtzehn Jahre alt war, mehr oder weniger verstohlen. Natürlich war sie anders gekleidet als die »Damen«, die er aus Hafenschenken kannte. Ihre Bluse war hochgeschlossen, ihr Rock von züchtiger Länge. Aber ihre Taille war nach der Mode eng geschnürt, und das Jäckchen ließ ahnen, dass sie einen stattlichen Busen hatte. Auch das Gesicht war recht ansprechend, und als sie dann nicht mehr verlegen zu Boden schaute, sah er strahlend blaue Augen.
Sven wurde nicht weniger genau gemustert. Sehr ungeniert registrierte die Mutter der jungen Dame, dass er ein stattlicher junger Mann war, der sich bei Tisch zu benehmen wusste. Wenn er mit nun zwanzig Jahren als diensttuender Steuermann fuhr, überdies aus einer respektablen Familie stammte, dann musste man ihn als Partie schon ernst nehmen.
Verstohlen musterte ihn auch die Tochter. Sie fand, dass er gut aussah und sich auch geschickt bewegte. Seine Mimik war angenehm. Er lachte ganz unbefangen und hatte eine sympathische Stimme.
Svens Gedanken gingen weiter. Wie näherte man sich einer jungen Dame aus gutem Hause? Man konnte sie doch nicht einfach in den Arm nehmen, ihr an den Busen fassen oder sie fest an sich drücken. Hatte er überhaupt Lust, mit einer jungen Dame gewählte Worte zu wechseln, um dann schließlich mal ihre Hand halten zu dürfen? Seine Gedanken gingen eigentlich mehr in die Richtung, bald wieder eineFrau nackt zu sehen und mit ihr das zu erleben, was ihm Rosita und Conchita geschenkt hatten.
Jedenfalls erregte keines der beiden jungen Mädchen, die seine Mutter nacheinander zum Kaffee eingeladen hatte, sein nachhaltiges Interesse.
»Das waren doch beides hübsche und wohlerzogene junge Damen aus gutem Hause. Und du zeigst kein bisschen Interesse, obwohl du ihnen gut gefallen hast«, tadelte seine Mutter.
»Woher willst du wissen, wie ich ihnen gefallen habe, liebe Mutter?«
»Das merkt man als Mutter, Sven.«
Aber Ingrid war mehr auf Svens Seite. »Das sind alberne Dinger«, vertraute sie ihm an. »Die haben nur Mode im Kopf, wollen bald heiraten und dann Kinder haben und mit anderen Frauen klatschen.«
»Und du willst etwas anderes?«, fragte Sven.
»Ja, ich will zeigen, dass ich selbst mein Leben gestalten und mir meinen Mann selbst aussuchen kann und mich nicht ihm vorführen lassen muss wie ein Stück Vieh.« Ingrid hatte sich richtig erregt.
»Denkt Sabrina auch so wie du?«, fragte Sven.
»Natürlich, sonst wären wir nicht so eng befreundet. Aber nicht viele denken wie wir. Die meisten haben auch kein Interesse, aufs College zu gehen. Aber du hast doch auch das getan, was du wolltest. Mutti wollte etwas anderes. Erinnerst du dich nicht mehr?«
»Doch«, gab Sven zu. »Ich bin auch glücklich, wie es gekommen ist. Aber ich muss mich erst daran gewöhnen, dass auch Mädchen so denken.«
Ingrid drohte ihm mit dem Finger. »Brüderchen! Werde bloß nicht so ein eingebildetes Mannsbild, das die Frauen nur als Betthäschen oder Dienstmagd sieht.«
Sven war schockiert. »Sag einmal, Ingrid. Was hast du für Ausdrücke? Wir sind doch nicht in einer Hafenkneipe!«
»Nein, da dürfen ja nur die jungen Herren hin«, gab Ingrid schnippisch zurück und drehte ihm eine lange Nase, ehe sie verschwand.
Sven musste über diese Szene lächeln, als er in Boston in einer Hafenkneipe saß und die aufreizend gekleideten Frauen betrachtete, die dort mit den Matrosen tranken. Nein, das waren auch keine Frauen, die man heiraten konnte. Aber wie sollte er eine Frau kennen lernen, die klug war, gut erzogen, anständig und doch kein albernes Plappermäulchen?
»He, Herr Untersteuermann, wir haben Euer Gnaden etwas gefragt!«, pflaumte ihn Karl an.
»Tut mit leid. Ich musste gerade an meine Schwester denken.«
»Wie kannst du in der Kneipe an dieses nette Mädchen denken?«, fragte Adam dazwischen. »Wir wollten wissen, was denn heute von der Agentur für eine
Weitere Kostenlose Bücher