Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
bilden und ihre Schiffe schützen. Auf der anderen Seite beunruhigen uns immer mehr britische Kaper und werden auch unseren gefährlich. Und unsere Transportkapazität haben wir vernachlässigt. Wir brauchen aber mehr Waffen und Munition, mehr Lebensmittel und Eisenprodukte. Wenn ich freies Geld hätte, würde ich Transportschiffe kaufen.«
Sabrina sah ihn nachdenklich an. »Sie klopfen doch auf den Busch, Mr Bradwick.«
Er lächelte. »Sie wären mir auch als aktive Teilhaberin willkommen, Frau Larsson. Sie durchschauen nicht nur Menschen, sondern auch geschäftliche Situationen. Ja, natürlich frage ich mich, nachdem ich von der Prise hörte, ob die Larssons nicht ihren Anteil vergrößern wollen. Wer jetzt nicht expandiert, kommt auch in Gefahren.«
Sabrina informierte Mr Bradwick, dass Sven und sie sich mit weiteren 7.000 Dollar beteiligen könnten. Er möge sie bitte informieren, wie er das Geld investieren wolle und ob es Sicherheiten gebe.
»Sicherheiten, Frau Larsson?« Er zuckte mit den Schultern. »Unsere guten Schiffe versichern wir bei holländischen oder französischen Gesellschaften zu teurem Geld. Aber mehr als die Hälfte des Schadens kriegt man bei diesem Risiko nicht erstattet. Schifffahrt ist unsicherer denn je, liebe Frau Larsson. Sie ist aber auch chancenreicher denn je, wie Ihr Gatte beweist.«
Sabrina nickte. »Ich muss noch ein wenig nachdenken. In zwei Tagen haben Sie meine Antwort, Mr Bradwick.«
»Sie laufen morgen Früh schon wieder aus, Mr Larsson?«, fragte Mr Talbot und wischte sich mit der Serviette über den Mund. Sie saßen beide beim Abendbrot.
»Ja, Mr Talbot. Mehr als eine Woche Pause konnten wir uns beim besten Willen nicht gönnen.«
»Haben Sie Post von Ihrer Gattin erhalten?«
»Leider nicht. Sie wird wissen, dass wir wieder hier eingelaufen sind und eine Prise abgeliefert haben. Aber bis ihre Antwort hier ist, bin ich schon auf hoher See. Aber ich bin nicht beunruhigt. General Howe unternimmt zurzeit ja nichts gegen Philadelphia.«
Talbot lachte. »Er ist wahrscheinlich zu sehr mit seiner Geliebten beschäftigt. Alle Welt spricht davon, wie intensiv er sich der Dame widmet.«
Sven wurde abgelenkt, denn ein Herr ging an ihrem Tisch vorbei und grüßte freundlich. »Verzeihung, Mr Talbot. Der Herr kommt mir bekannt vor.«
»Das ist Mr Gilbert von Gilbert & Co, Textilien. Er hat die Uniformenvon Ihrer letzten Prise aufgekauft und ein gutes Geschäft dabei gemacht. Da Sie mich als Ersten über die Ladung informierten, konnte ich ihm einen Tipp geben, und ich habe jetzt einen Gefallen bei ihm gut.«
»Vielleicht können Sie uns dann wieder einmal so sehr helfen wie bei unserem vorigen Aufenthalt, Mr Talbot.«
»Ach, Mr Larsson! Wie sollten wir uns in dieser Welt zurechtfinden, wenn wir uns nicht gegenseitig helfen würden?«
Etwa zweihundert Seemeilen nordöstlich von Charleston stampfte die Brigg Anne Sophie durch die mäßig raue See. Das Deck des dänischen Schiffes war viel stärker mit Menschen bevölkert als ein normales Handelsschiff. Es war ein Auswandererschiff, das Menschen vom europäischen Kontinent nach Amerika brachte, wo sie ein neueres und besseres Leben beginnen wollten.
Die Auswanderer hatten einen Sturm hinter sich und suchten an Deck frische Luft und etwas Sonne. Es waren vor allem Westfalen und Hessen, die auf dem Schiff zusammengepfercht waren. Wo sie sich jetzt an Deck ein wenig Bewegung verschafften, waren sie der Besatzung im Wege und wurden angebrüllt und gestoßen.
»Sie behandeln uns wie Vieh, Herr Vater«, sagte eine hübsche junge Frau zu einem besser gekleideten Herrn. Sie war ihrer Kleidung nach als unverheiratet zu erkennen.
»Das sind wir doch auch, Hanna. Fast alle Reisenden haben ihre Arbeitskraft auf drei Jahre verpfändet, um die Überfahrt zu finanzieren.«
»Wie gut, dass wir bei der Tante wohnen können.«
»Wichtiger ist mir, dass es mit der Stelle als Schriftsetzer beim ›Philadelphischen Staatsboten‹ klappt, liebe Hanna. Dann können wir uns bald selbst eine Wohnung leisten.«
In ihrer Nähe war lautes Geschimpfe zu hören. Ein Matrose hatte eine Frau angerempelt, die sich beklagte. »Die Schneidersfrau aus Kassel«, flüsterte der Vater seiner Tochter zu, »die muss einfach immer im Mittelpunkt stehen. Ich habe gesehen, dass es nur ein kleiner Schubser war und kaum mit Absicht.«
»Ja«, bestätigte seine Tochter. »Sie will bei allem dabei sein und gehört werden. Ihr Mann ist ein kleines
Weitere Kostenlose Bücher