Sven Larsson Bd. 2 - Unter der Flagge der Freiheit
über. Kapitän Larsson möchte mit Ihnen sprechen. Bitte sagen Sie mir vorher noch kurz, was als Wichtigstes getan werden muss, um Sie wieder segelfähig zu machen.«
»Sie sehen doch selbst, diese Mörderbande hat alle Seile gekappt.«
»Ich bringe schon Leute und Ersatztaue, habe aber nicht mehr als zwei Stunden Zeit. Brauchen Sie den Arzt oder Wasser?«
Der Kapitän verneinte. »Mein Steuermann hilft Ihnen mit unseren Leuten gern bei den Reparaturen. Für die Auswanderer kann der Herr dort sprechen. Sie haben ihn gewählt.« Und er zeigte auf den Schriftsetzer, bei dem wieder seine Tochter stand.
Karl Bauer verabschiedete sich vom Kapitän und ging zum Schriftsetzer. Dort zog er seinen Hut und stellte sich vor.
Auch der Schriftsetzer lüftete seinen Hut und sagte: »Mein Name ist Lader, und das ist meine Tochter Hanna. Wir wollen zu meiner Schwester in Philadelphia.«
»Wollen alle Auswanderer nach Pennsylvania, Herr Lader?«, fragte Karl.
»Nein, Herr Leutnant, die meisten haben mit einer Gesellschaft in Virginia einen Vertrag, die ihre Passage finanzierte. Bestimmungshafen ist Norfolk.«
Karl erfuhr, dass die Frauen gedemütigt und belästigt worden seien. »Aber Sie kamen, Gott sei Dank, so rechtzeitig, dass keine ernsthaft zu Schaden kam. Auch die Männer, die ihre Frauen verteidigten, haben keine schweren Wunden erlitten.«
Während dieser Erzählung wanderten Karl Bauers Blicke immer wieder zu Hanna. Sie war hübsch, jung und sympathisch. Aber sie hatte noch etwas, was Karl so fesselte. Er hätte nicht sagen können, was es war.
Da merkte er, dass Herr Lader ihn fragend ansah. »Verzeihen Sie, Herr Lader. Ich war durch das Spleißen dieses Taus dort abgelenkt.«
Herr Lader wiederholte seine Frage, wie es möglich sei, dass der Kutter verschiedene Flaggen gezeigt habe und auch sein Schiff vorher unter britischer Flagge gesegelt sei.
Bauer erklärte ihm, dass jede Flagge gezeigt werden könne, aber sobald eine kriegerische Maßnahme ergriffen werde, dürfe nur die eigene Flagge wehen.
»Komische Regelungen, Herr Leutnant. Erlauben Sie mir bitte noch die Frage, ob Sie in einem deutschen Staat aufgewachsen sind, weil Sie so gut Deutsch sprechen.«
»Nein, Herr Lader, ich bin in Germantown geboren, wo viele Deutsche wohnen. Wir sprachen nur Deutsch. Ich musste später einiges tun, um richtig Englisch sprechen und schreiben zu können. Es ist von meiner Heimat nicht weit nach Philadelphia. Darf ich fragen, ob Sie dort schon eine Stellung haben?«
»Ja, ich soll den Schriftsatz beim ›Staatsboten‹ reorganisieren. DasMaterial haben wir im Schiff geladen. Meine Tochter will Lehrerin werden.«
»Das Gebäude des ›Staatsboten‹ kenne ich. Vielleicht sieht man sich einmal. Aber jetzt muss ich mich um die Reparaturen kümmern. Alles Gute, Herr Lader, gnädiges Fräulein.«
Hanna knickste und blickte ihn stumm an. Bedeutungsvoll, wie Karl Bauer meinte. Herr Lader verbeugte sich.
Leutnant Bauer inspizierte an Deck die noch zerschnittenen Taue und entschied mit dem Steuermann, was zuerst mit den Seilmachern der Enterprise ersetzt werden könne und was dann später selbst zu machen sei.
»Sie brauchen bis Norfolk nicht länger als zwei Tage, wenn Ihnen das Wetter keinen Streich spielt. In der Zeit können Sie noch die eine oder andere Wante spleißen. Wir müssen leider eilig zu den Bermudas.«
Sven hatte noch beobachtet, wie Leutnant Bauer das Deck des Auswandererschiffes betrat und den Kapitän instruierte. Dann winkte er Leutnant Pendleton und den Bootsmann zu sich heran.
»Meine Herren, wir können hier nicht zwei Stunden nutzlos herumliegen. Wir werden die Bramstengen fieren und heißen. Dazu sind wir bisher noch nicht gekommen. Und wenn uns ein schwerer Sturm erwischt, sehen wir blass aus. Bereiten Sie alles vor. Ich rede kurz mit dem Kapitän.«
Einer der Neuen an Bord hatte mitgehört und fragte einen erfahrenen Matrosen leise: »Warum sollen wir die Bramstengen fieren?«
»Wenn ein Sturm droht, müssen die oberen Teile jedes Mastes eingeholt oder gefiert und an Deck festgezurrt werden, damit bei hohem Wellengang der Schwerpunkt des Schiffes tiefer liegt und der Mast weniger Angriffsfläche für den Wind bietet. Das sollen wir jetzt üben.«
Der Neuling sah zum oberen Mast und schüttelte den Kopf. »Wie sollen wir denn die oberen Teile einholen? Die sind doch fest mit dem unteren Teil verbunden. Und da sind doch auch noch die Rahen, die quer stehen.«
Der ältere Matrose hob
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