Sydney Bridge Upside Down
schafft es nicht, Papa einzuholen«, sagte Dibs, »er hat keine Chance.«
»Dein Vater hätte ruhig mal anhalten können, wer weiß, vielleicht will Mr Wiggins etwas von uns«, sagte Mrs Kelly zu Dibs. Sie stand schon wieder auf, um nach vorne zu gehen, aber der Wagen schaukelte so stark, dass sie sich wieder hinsetzen musste, beinahe wäre sie über Caroline gepurzelt.
Als wir gerade in die nächste Kurve fuhren, sah ich den Lieferwagen, Mr Wiggins versuchte ganz bestimmt, uns einzuholen.
Ich suchte Carolines Blick, aber sie bemerkte es nicht. Wohl aber Mrs Kelly, sie starrte mich an.
Mr Wiggins jagte uns bis Bonnie Brae hinterher, er ließ sich nicht abschütteln, obwohl die Straße schmal und voller Kurven war. Auf beiden Seiten taten sich steile, felsige Schluchten auf, wir rasten vorbei und sahen tief unten das Meer, die mächtige Brandung. Es war richtig gefährlich, aber Mr Kelly kannte die Straße sehr gut, genau wie Mr Wiggins. Ein- oder zweimal sah es danach aus, dass Mr Wiggins uns einholen würde, wenn er zu nah kam, schaute ich immer wieder voller Sorge in Carolines Richtung, bis ich erleichtert feststellte, dass unser Reo davonzog. Dibs hatte wohl recht, Mr Wiggins hatte keine Chance.
Ich wusste übrigens, warum Mr Wiggins nach Calliope Bay unterwegs gewesen war, jetzt war ich erst recht froh, dass Mr Kelly Mrs Kellys verrückte Idee ignoriert hatte, Sam Phelps mitzunehmen. Wenn wir nämlich auf Sam Phelps gewartet hätten, wäre Mr Wiggins noch zeitig genug in Calliope Bay angekommen. Er hätte bestimmt versucht, Caroline zum Mitfahren zu überreden, und auch wenn ich mir sicher war, dass Caroline nicht in seinen Wagen gestiegen wäre, fand ich die Vorstellung, wie er sich aufgeführt hätte, abscheulich. Ich wusste ja, wie er sie immer ansah, es war mir nämlich leider nicht gelungen, Caroline jedes Mal fernzuhalten, wenn er in Calliope Bay vorbeischaute. Immerhin blieb ich in der Nähe, wenn er ins Haus kam, ich ließ nicht zu, dass er allein mit ihr war. Er war hartnäckig und versuchte es immer wieder, aber ich blieb einfach stur sitzen und hörte zu. Manchmal gelang es ihm sogar, ihr ein Lächeln zu entlocken, das war leider nicht zu übersehen, wie es ihm ja auch manchmal gelang, Mrs Kelly und anderen Frauen ein Lächeln zu entlocken. Selbst das störte mich so, dass ich Caroline schließlich fragte, was er eigentlich bei solchen Gelegenheiten sagte, und sie antwortete, dass es eigentlich egal war, was er sagte, es sei einfach seine freche Art, die sie erheiterte. Ich bat sie, mir ein Beispiel zu geben. Sie überlegte kurz, dann erzählte sie, dass er gesagt hatte, er sehne sich nach dem Tag, an dem ihr Slip einmal hervorschauen würde. Sie fand derartige Bemerkungen eigentlich auch nicht lustig, musste aber über die Art und Weise lachen, wie er es sagte. Das brachte mich leider überhaupt nicht weiter. Einmal stand ich an seinem Transporter, als er genau so etwas zu Mrs Kelly sagte, und auch sie lächelte, Mr Wiggins hatte offenbar einfach eine geheime Art, mit Mädchen und Frauen umzugehen. Sie verstanden selbst nicht, wie es ihm gelang, ihnen dieses Lächeln zu entlocken, mit dem Quatsch, den er erzählte. Hypnose vielleicht? Wer weiß.
Wir befanden uns knapp eine Meile vor Bonnie Brae, als sich noch jemand an uns hängte, es war Buster Kelly auf seiner Indian. Dibs sah ihn als Erster, er sah, wie Buster Mr Wiggins auf einem geraden Stück überholte. Kurz darauf raste er mit heulendem Motor hinter uns her, wir sahen ihn grinsen und winken. Toll, dass wir Buster einmal wiedersahen, er war wirklich ein netter Kerl. Ich war ziemlich enttäuscht gewesen, als er vor einer Woche nicht nach Hause gekommen war, wie Dibs versprochen hatte, und diese Enttäuschung hatte gar nicht allein mit der Munition zu tun, um die ich ihn bitten wollte, nicht einmal mit dem Wunsch, auf der Indian mitzufahren – es war einfach, weil ich ihn mochte. Er war sich nicht zu schade, mit uns Kindern zu reden, er kam auch nicht auf die Idee, uns herumzukommandieren.
»Sei vorsichtig, Buster!«, rief Mrs Kelly, als er seine Fahrkünste vorführte und die Hände vom Lenker nahm.
Was ihn dann auf die Idee brachte, die Hände hinter seinem Kopf zu verschränken, während er hinter uns herraste.
»Ein Teufelskerl, unser Buster«, sagte Mrs Kelly zu Caroline. Caroline antwortete mit einem Lächeln. Sie hatte Buster noch nie gesehen, ich spürte, dass sie ihn gern anstrahlte, dass sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher