Symbiose (Schicksal)
schüttelte den Kopf und reichte ihm wieder meine Hand. Hand in Hand gingen wir den Weg entlang. Irgendwie war es witzig. Er konnte so liebevoll und hilfsbereit sein. Doch wenn jemand zu dicht hinter ihm fuhr wurde er stinksauer. Ich drängte den Gedanken weg. Es war zu schön hier, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Ein paar Blätter hatten sich bereits rot gefärbt, doch die meisten waren noch hellgrün. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Der Duft der Rosen war überwältigend. Es beflügelte mich. Vielleicht lag es an der Sonne, dem Duft und den vielen bunten Farben, aber ich sagte zu mir selbst, dass es wohl an meiner Begleitung liegen musste.
Wir schlenderten herum, bis Logan einen einsamen Pavillon entdeckt hatte. Er zog mich mit und sah nun plötzlich todernst aus. Sein Gesicht wurde härter, sodass ich seine Wangenknochen deutlich sehen konnte. Es schien als hätte er schlechte Nachrichten für mich. Wollte er vielleicht wieder mit mir Schluss machen? „Komm, setz dich neben mich.“ Der Pavillon war weiter weg von den anderen und durch die grünen Bäume vor neugieren Blicken geschützt. Ich gehorchte ihm und saß nun auf einen der Steinbänke. Er berührte mein Knie und streichelte es sanft im Kreis. Logan schloss die Augen kurz und blickte mir dann in meine verwirrten Augen. „Ist alles okay Logan?“
Er biss sich auf die Lippen und sah für einen kurzen Moment weg. Doch gleich daraufhin sah er mich wieder an. Sein Gesicht war ein bisschen weicher als gerade eben noch, doch ich sah die Sorge in ihm. „Darf ich dir mal eine Frage stellen?“ fragte er.
Zögernd fragte ich, was er wissen wollte.
Er schaute in Richtung Himmel. Und es schien, als wollte er eigentlich um Hilfe bitten, bei dem was er gleich fragen wollte.
„Glaubst du an Menschen, die zwei Gesichter haben? Ich meine ein Gutes und ein Böses? Dass ein Mensch weiß, dass er etwas falsch macht und es trotzdem tut?“
Irgendwie war ich erleichtert, doch es zerbrach auch die Stimmung, die unser Spaziergang gerade aufgebaut hatte. Ich sah, dass es ihn wirklich beschäftigte. „Ich glaube schon, wieso?“ Er öffnete den Mund, um ihn gleich wieder zu schließen. Noch bevor er mir sagen konnte, was ihn beschäftigt. „Ich verstehe zwar nicht, warum du mich so was fragst, aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass es so was gibt. Man sieht es oft im Fernsehen. Es gibt Studien darüber, dass Mörder und Kinderschänder auch ein Gewissen haben. Sie tun es, obwohl sie wissen, dass sie es nicht dürfen. Klar gibt es auch die Wenigen, die nichts dafür können und mit einem Hirnschaden zur Welt kommen. Doch die meisten dieser Schweine sind ganz klar im Kopf.“
Nun war er still. Logan sagte kein Wort mehr zu mir. Ich war mir nicht sicher, ob das die Antwort war, die er hören wollte. Aber so sah ich die Dinge und wer fragt, muss auch die Antwort akzeptieren können. „Warum fragst du mich so was?“ Er winkte ab und sprach in einer etwas lockeren Stimme weiter. „Ich wollte dich nicht aufbringen. Bitte entschuldige, dass ich davon angefangen habe. Nun habe ich uns die ganze Stimmung versaut.“ Jetzt war sein Lächeln erzwungen. So wie auch die Stimme, denn er klang nicht mehr so fröhlich wie vorhin noch, als er mir ins Ohr geflüstert hatte. Obwohl ich diese Meinung wirklich vertrete wünschte ich mir, ich hätte sie für mich behalten. „Ich glaube nicht, dass es der richtige Zeitpunkt ist, mit dir über solche Dinge zu reden.“
Dieses Thema hatte ihn bedrückt, aber reden wollte er darüber auch nicht. Ich war mir nun so unsicher. Ich wollte, dass er mir vertraute, dass ich die Jenige war, mit der er alles besprechen konnte. Aber wenn ich ihn nun zu sehr drängte, hätte er mir das vielleicht übel genommen. Vielleicht wäre er sauer gewesen. Ich blickte verschämt in seine Augen. Da erkannte ich, dass nicht ich die Jenige war, die sich unsicher fühlte, sondern er. Es war ihm scheinbar genauso unangenehm wie mir. Also probierte ich es doch, mehr aus ihm heraus zu holen.
„Was meinst du denn damit? Du kannst mir alles sagen.“
„Ist schon gut Youna. Ich denke, du hast mich falsch verstanden. Es war nur eine rhetorische Frage, nichts von Bedeutung.“ „Ich glaube dir nicht.“ Nachdem ich das gesagt hatte stand er auf. Er baute sich auf und einen kurzen Moment war ich starr vor Angst. Nur einen kurzen Moment, danach hatte ich mich wieder unter Kontrolle. Doch es schien, als hätte er es nicht einmal mitbekommen.
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