Symphonie der Herzen
Bett begeben würde, ganz in Ruhe zu studieren.
Nichtsdestotrotz dauerte es noch ein paar Stunden, bis Louisa sich endlich entkleiden und in ihr pinkfarbenes Satinnachthemd schlüpfen konnte. Letzteres bereitete ihr besondere Freude, hatte sie sich, als ihre Aussteuer zusammengestellt wurde, doch geschworen, niemals wieder eines dieser unschuldig-weißen Nachthemden anzuziehen, wie sie sie als unverheiratete Frau hatte tragen müssen. Anschließend machte sie es sich auf ihrem Bett gemütlich und öffnete den ersten Brief. Jedoch schaffte Lu es nur gerade eben, die Begrüßungszeile zu lesen, als James auch schon in der geöffneten Verbindungstür erschien.
Lächelnd wedelte er mit seinem Brief durch die Luft. »Willst du nicht zu mir kommen? Ich kann es kaum erwarten, dir mitzuteilen, was Angus mir geschrieben hat.«
Lu zog skeptisch die Brauen hoch. »Sonst versuchst du mich immer mit einer Marzipanmaus zu locken - und jetzt mit einem Brief?«
James aber grinste bloß. »Ich sehe schon, du bist nicht nur klug, sondern auch noch gerissen. Eine höchst verführerische Kombination! Aber du hast richtig geraten, denn ich versuche in der Tat gerade, dich mit diesen Zeilen in mein Bett zu locken.« Betont gelassen schaute er sie an. »Andererseits... so interessant ist es nun auch wieder nicht, was hier drinsteht.« Lässig wandte er sich um und schlenderte zurück ins Hauptschlafzimmer.
Doch so schnell ließ Lu sich nicht manipulieren und las erst einmal Georgys Brief, zumal dieser ohnehin nur recht kurz war. Und überhaupt klang Georgy alles andere als glücklich darüber, dass Lu nun nicht bloß eine verheiratete Frau war, sondern auch noch eine echte Marquise.
Wenn ich Dich besuchen komme, hoffe ich, dass Du mir umgehend sämtliche Junggesellen im Umfeld von Barons Court vorstellst. Aber sie müssen reich sein und adlig, und sie müssen Landbesitz haben. Übrigens hat Teddy England verlassen - habe ich aber auch erst erfahren, als wir von Eurer Hochzeit zurückkehrten. Er ist nach Frankreich gereist, in einer »diplomatischen Mission«, wie es heißt, was im Übrigen absolut lächerlich ist, da Teddy so gar kein diplomatisches Geschick besitzt. Der hat seinen Posten doch bloß bekommen, weil Lord Holland so gute Verbindungen zum Premierminister und zum König hat.
Traurig ließ Louisa Georgys Brief sinken. Ihre Schwester tat ihr leid, denn aus ihrer kurzen Nachricht war klar herauszulesen, dass auch Georgianna begriffen hatte, dass Teddy mit seiner Abreise aus England nicht nur seinem Heimatland, sondern vor allem ihr den Rücken gekehrt hatte.
Als Nächstes las Lu den Brief ihrer Mutter. Diese berichtete zunächst ausführlich von der Rückreise nach Woburn Abbey und dankte Lu dann dafür, dass diese ihre Stoffmaus Rachel geschenkt hatte. Außerdem versicherte sie Lu, wie sehr ihr Vater und sie sie vermissten.
Und dennoch bitte ich Dich, nicht zu oft an uns zu denken. Ich will nicht, dass Du Heimweh bekommst. Stattdessen solltest Du Eure Flitterwochen in vollen Zügen genießen. Glaub mir, Euer Sommer in Irland wird schneller vorbei sein, als Du Dir vorstellen kannst.
Nachdenklich legte Louisa den Brief beiseite und stellte fest, dass ihre Mutter sich ganz umsonst sorgte und sie nicht das kleinste bisschen Heimweh hatte. Ganz im Gegenteil sogar!, dachte sie. Ich finde alles an Irland einfach wunderbar.
Schließlich hob sie den Blick wieder und schaute auf die geöffnete Tür. Entschlossen nahm sie die beiden Briefe in die Hand und marschierte ins Hauptschlafzimmer hinüber; der Drang, herauszufinden, was in James’ Brief stand, war einfach zu groß.
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Ich zeige dir meinen, wenn du mir deine zeigst.« Neckend und mit provokativem Unterton in der Stimme schaute James Lu an. Überhaupt sah er so aus, als ob er nur darauf gewartet hätte, dass sie endlich zu ihm ins Bett käme, und heiß wie eine lodernde Flamme schweifte sein Blick über ihr pinkfarbenes Seidennachthemd. Dann klopfte er einladend neben sich auf die Matratze.
Behände kletterte Louisa auf das Bett und ließ sich vis-à-vis von ihrem Ehemann auf die Bettdecke plumpsen. »Meine Briefe sind von Georgy und Mutter. Möchtest du sie lesen?« Ohne zu zögern, bot sie sie ihm an.
James aber überflog nur ganz flüchtig, was Georgy und Georgina Lu geschrieben hatten, bis er schließlich doch stutzte und laut vorlas: »Genieße Deine Flitterwochen.« Fast hätte er sich verschluckt, so sehr musste er sich bezähmen, um nicht laut loszulachen.
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