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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Notenpultes zu legen und sich erschöpft gestehen zu können, daß man mehr, als gehört worden war, aus der Musik nicht herausholen konnte. Was war dagegen die Musik der Modernen, die wie das Instrumentestimmen des Orchesters klang?
    Carola Donani kam vom Balkon ins Zimmer zurück. Sie war noch angezogen. Bernd Donani warf die Partitur auf die Bettumrandung und lehnte sich an die Rückwand. Er gähnte, unter vorgehaltener Hand, und streckte dann die Rechte aus. Es sah aus, als wolle er den Celli und Holzbläsern einen Einsatz angeben.
    »Komm ins Bett, mein Engel«, sagte er und gähnte wieder. »Ich bin wie erschlagen. Immer diese Feierei am Ende eines solchen Tages …«
    »Nein!« sagte Carola hart und lehnte sich an die offene Balkontür. Donani hob den Kopf.
    »Was nein?«
    »Ich komme nicht.«
    »Ich nehme an, die Nacht über Paris ist zauberhaft. Sie wird es sicherlich auch noch morgen sein, mein Engel.« Donani rutschte unter die Steppdecke und seufzte. »Wenn du wüßtest, wie müde ich bin. Laß uns schlafen und nicht die Nacht ansehen …«
    »Wer zwingt dich, so zu leben, wie du es seit Jahren tust?« Ihre Stimme war heiser vor Erregung.
    »Welche Frage, Liebling, Bombalo …«
    »Verdient er das Geld, oder verdienst du es? Ist er dein Angestellter, oder bist du sein Äffchen, das er ausstellt?«
    »Er ist … mein Gott, Engelchen … komm schlafen.«
    »Engelchen, Liebling, Prinzeßchen, Goldkind … ich habe diese Namen satt!« Carolas Stimme wurde laut. »Neun Jahre sind wir verheiratet –«
    »Gott segne jede Stunde dieser 108 Monate!« Donani stützte sich wieder auf und lehnte sich an die Bettrückwand. »Was hast du eigentlich? Nervös? Migräne? Willst du einen Arzt?«
    »Ich will keinen Arzt … ich will einen Mann!« schrie Carola. Plötzlich brach es aus ihr heraus. Sie nahm keine Rücksicht mehr auf die offene Balkontür, auf die Nebenzimmer, auf das Aussehen einer Frau, die ihr Glück nur wie einen Mantel getragen hat. Sie warf alles von sich ab, es war wie eine Explosion, die ihr die Kleider vom Leib riß, alle Kostbarkeiten, mit denen ihr Mann sie in den vergangenen Jahren behängt hatte, verblichen in dem grellen Blitz, der durch ihr Herz zuckte.
    Donani saß im Bett, mit den großen, fragenden Augen eines Kindes, das seine Umwelt nicht mehr versteht, mit der es immer gespielt hatte und die nun zu ihm sagt: Geh, ich will nicht mehr. Und das so plötzlich, so ohne Anzeichen.
    »Was … was ist denn, Carola?« fragte er erschüttert.
    »Was bin ich denn?« Sie schloß die Tür zum Balkon. Nach dem ersten Aufschrei kehrte die Vernunft zurück. »Sage bitte nicht: Du bist meine Frau. Natürlich bin ich sie … im Paß steht dein Name mit meinem Vornamen, unsere beiden Kinder tragen den Namen Donani, in den Zeitungen lese ich es jeden Tag, auf den Rechnungen steht er – es läßt sich nicht leugnen: Ich bin Frau Carola Donani. Aber ist es genug, nur so zu heißen? Wenn du dir die Mühe machen würdest, neben dem zweiten Satz der ›Eroika‹ auch einmal an mich zu denken, müßtest du eine Antwort allein finden. Aber du denkst nur an deine Sinfonien –«
    »Davon leben wir –«
    »Ich möchte lieber hungern, aber wissen, daß ich eine Frau bin.«
    Donani strich sich nervös über die weißen Haare. »Du weißt nicht, was Hunger ist, Carola.«
    »Aber ich weiß, was es heißt, die Frau eines Mannes zu sein, der nie Zeit hat. Der heute in Paris und morgen in London dirigiert, übermorgen in Mailand und am Ende der Woche in Brüssel. Ich kenne alle Luxuszimmer der Grand-Hotels von Tokio bis Montreal, ich weiß, daß der Portier vom ›Miramar‹ in Palermo eine rote Nase hat und der Oberkellner vom ›Park-Hotel‹ in Kopenhagen drei Kinder ernähren muß … ich bin überall zu Hause, ich muß überall zu Hause sein … nur dort, wo ich sein sollte, bei meinen Kindern Alwine und Babette, da bin ich zwei Wochen im Jahr. Und einen Mann habe ich, der am Vormittag im Hemd Orchesterproben abhält, am Nachmittag Solistenproben, am Abend im Frack vor zweitausend Menschen steht und Brahms oder Chopin zelebriert und der dann müde und gähnend im Bett liegt und schon im Halbschlaf sagt: Komm ins Bett, mein Engelchen … Ist das ein Leben?«
    Donani schwieg. Der kindliche Ausdruck in seinen Augen war verschwunden. Nachdenklich sah er seine Frau an. Carola stand in ihrem wundervollen, roten griechischen Kleid am Fenster und zitterte vor Erregung. Der fahle Nachthimmel hinter ihr rahmte sie ein … wie

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