Symphonie des Todes
Alkohol, bemerkte Eve. Er hatte also einen klaren Kopf gehabt.
Die nächste Diskette zeigte, wie Darlene mit ihrem Wagen vor der Tür der Suite zum Stehen kam.
Eine hübsche junge Frau in einer frisch gestärkten Uniform und bequemen Schuhen, in deren großen braunen Augen ein träumerischer Ausdruck lag. Zart gebaut. Kleine Hände, die mit einem kleinen goldenen Herz-Anhänger an einer dünnen goldenen Kette spielten, den sie unter ihrer Bluse hervorgezogen hatte, als sie vor die Tür getreten war.
Sie drückte auf den Klingelknopf, massierte sich mit einer Hand den Rücken und klingelte noch einmal. Schob die Kette mit dem Herz-Anhänger ordentlich zurück unter ihre Bluse, legte ihren rechten Daumen auf den Scanner und schloss erst dann mit ihrem eigenen Schlüssel auf. Sie öffnete die Tür, nahm einen Stapel frischer Handtücher von ihrem Wagen, rief mit gut gelaunter Stimme, dass das Zimmermädchen da sei, und zog die Tür um zwanzig Uhr sechsundzwanzig hinter sich ins Schloss.
Um zwanzig Uhr achtundfünfzig trat Priory, Koffer und Handtücher in einer Hand, in den Korridor hinaus, zog die Tür hinter sich zu, legte die schmutzige Wäsche ordentlich in dem dafür vorgesehenen Fach des Wagens ab und schlenderte gemächlich zur Tür, durch die man das Treppenhaus betrat.
Innerhalb von zweiunddreißig Minuten hatte er Darlene French misshandelt, vergewaltigt und getötet, überlegte Eve.
»Er hat einen völlig klaren Kopf behalten«, sagte sie laut zu sich selbst. »Einen völlig klaren Kopf.«
»Lieutenant?«
Eve schüttelte den Kopf und hob, als ihre Assistentin etwas sagen wollte, abwehrend die Hand.
Peabody presste ihre Lippen aufeinander und musterte ihre Vorgesetzte wortlos. Sie arbeitete seit einem guten Jahr mit Eve zusammen, weshalb ihr ihre Arbeitsweise hinlänglich vertraut war.
Ihre Augen, die beinahe genauso dunkel waren wie ihr glattes, kinnlanges Haar, fielen auf das Standbild eines Mörders, das auf dem Bildschirm zu sehen war.
Sieht echt gemein aus, dachte Peabody, hielt jedoch weiterhin den Mund, bis Eve das Schweigen brach.
»Was haben Sie für mich?«
»Priory, James, Verkaufsleiter der Alliance-Versicherungsgesellschaft mit Sitz in Milwaukee. Bei einem Verkehrsunfall am fünften Januar dieses Jahres gestorben.«
»Tja, dieser Typ ist quicklebendig. Ist es möglich, dass der Unfall getürkt gewesen ist?«
»Sieht nicht so aus. Dem Unfallbericht zufolge ist der Fahrer eines Jet-Trucks hinter dem Steuer eingeschlafen und der Truck ist frontal mit dem Wagen von Priory und einem zweiten Fahrzeug zusammengekracht. Es gibt noch eine Reihe anderer Priorys in Milwaukee, aber nur einen mit Vornamen James.«
»Warten Sie noch mit der Überprüfung von den anderen. Dieser Kerl wurde bestimmt schon einmal irgendwo erkennungsdienstlich erfasst. Rufen Sie Feeney bei sich zu Hause an. Schicken Sie ihm das Bild und bitten Sie ihn, es mit den Bildern in der Datei des internationalen Informationszentrums für Verbrechensaufklärung zu vergleichen. Das ist ein Job für jemanden von der Abteilung für elektronische Ermittlungen, und vor allem ist das IRCCA sein ganzer Stolz. Er findet diesen Typen also garantiert schneller als irgendjemand anderer.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich will noch mit dieser Hilo reden. Inzwischen hat sie sich hoffentlich halbwegs gefasst. Wo ist Roarke?«
Peabody straffte ihre Schultern und sah an Eve vorbei auf die gegenüberliegende Wand. »Ich habe keine Ahnung.«
»Verdammt.« Eve marschierte aus dem Raum und baute sich vor einem der Männer des Sicherheitsdienstes auf. »Hilo.«
»Sie ist in Suite 4020, Lieutenant.«
»Niemand ohne Dienstausweis der Polizei betritt diese Suite. Niemand.« Damit trat sie vor den Fahrstuhl und drückte wütend auf den Knopf. Die Tatsache, dass Roarke stillschweigend gegangen war, konnte nur eins bedeuten. Er hatte wieder einmal irgendetwas vor.
Die gute Nachricht war, dass Hilo in deutlich besserer Verfassung als bei Eves Eintreffen am Tatort war. Sie war zwar kreidebleich, hatte immer noch verquollene Augen, saß jedoch halbwegs gefasst im Wohnzimmer einer kleinen Suite. Vor ihr auf dem Tisch stand eine Kanne Tee, und als Eve hereinkam, hielt sie gerade eine Tasse in der Hand.
»Ms Hilo, ich bin Lieutenant Dallas von der New Yorker Polizei.«
»Ja, ja, ich weiß. Roarke hat mir erklärt, dass ich hier zusammen mit Mr Brigham auf Sie warten soll.«
Eve warf einen Blick auf Brigham, der anscheinend fasziniert das Bild
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