syrenka
Euch im ›White Horse‹-Pub, um Euch mit ihm zu beraten.«
»Ich arbeite gerade an der Übersetzung eines äußerst schwierigen lateinischen Textes ...«
»Fabelhaft! Das ist genau das Richtige! Aber macht es glaubhaft, ich bitte Euch! Während Ihr mit Ezra im ›White Horse‹ sitzt, wird meine Nichte Adeline zu Sarah laufen und ihr ausrichten, dass Ezra in der Kirche überraschend einen Schwächeanfall erlitten hat. Danach wird sie Sarah zur Kirche bringen, an die Hintertür.«
»Nun ja – wenn aber Ezra Sarah erzählt, dass wir in den Pub wollen?«
»Das ist sehr klug gedacht«, lobte Eleanor. »Darum müsst Ihr Ezra bitten, dass Ihr Euch an der Kirche trefft. Und sobald er da ist, müsst Ihr mit ihm zum Pub gehen. Das dürfte Euch ja nicht allzu schwerfallen«, schloss sie spitz.
Der Pastor presste die Lippen zusammen.
»Ihr kennt doch die beiden großen Sarkophage in der Krypta der Kirche?«, fuhr Eleanor fort.
»Die von Reverend Robinson und Presbyter Brewster? Ja.«
»Der Sarkophag von Reverend Robinson hat keinen Deckel. Ich werde ihn mit Wasser füllen, damit Ihr sehen könnt, wie Sarah unter der Wasseroberfläche atmet.«
Der Pastor schwieg.
»Ihr werdet Euch von Ezra zu einem bestimmten Zeitpunkt verabschieden und zur Krypta zurückkommen – um Zeuge der Wasserprobe zu werden.«
McKee schüttelte ernst den Kopf. »Wenn das, was Sie behaupten, nicht wahr ist – wenn Sarah unter Wasser nicht atmen kann –, dann ist diese Probe zu gefährlich.«
»Aber ganz und gar nicht! Wir werden gut achtgeben. Sobald wir das Gefühl haben, dass sie in Panik verfällt, lassen wir sie wieder hochkommen. Dann wird von unserer Seele eine Bürdegenommen sein – und Sarah ist ebenfalls entlastet. Dies wäre natürlich die glücklichste Lösung.«
»Sie wird in Panik verfallen, sobald sie bemerkt, dass wir sie in der Krypta in eine Falle gelockt haben ...«
»Nun hört aber auf, Pastor! Ihr wisst doch, wie ich es meine.« Sie lächelte nachsichtig. »Selbstverständlich werden wir für ihr Leben Sorge tragen. Aber vergesst nicht: Unser Ziel ist vor allem, ihre Seele zu retten!«
Am nächsten Abend läutete die kleine Adeline artig an der Tür der Doyles. Sie hatte ihr schönstes Sonntagskleid an. Es war pflaumenblau mit einem eckigen Kragen, heruntergezogener Taille und einer breiten weißen Schärpe, die auf dem Rücken eine große Schleife bildete. Ihr blondes Haar war zu Korkenzieherlocken gedreht.
Die Haushälterin öffnete die Tür.
»Mein Name ist Adeline Angeln«, begann Adeline und hielt ihre Puppe fest im Arm. »Könnte ich bitte Mrs. Doyle sprechen?«
»Mrs. Doyle sitzt in der Bibliothek und liest. Sie empfängt keinen Besuch«, antwortete die Haushälterin. »Kann ich ihr etwas ausrichten?«
Adeline schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich soll aber unbedingt zu Mrs. Doyle.«
»Na, dann komm eben herein, kleine Miss.« Die Haushälterin verschwand in den Tiefen des Korridors.
Kurz darauf erschien Sarah in der Eingangshalle. Mit ihrem Zeigefinger markierte sie die Stelle in ihrem Buch, wo sie stehen geblieben war. Sie trug einen leichten Hausmantel über einem Kleid, das aus mehreren Lagen bestand.
Als Adeline sie sah, musste sie tief durchatmen: Vor ihr stand die hellhäutigste und schönste Frau, die sie je gesehen hatte!
»Mrs. Doyle?«
»Ja?«
»Mein Name ist Adeline Angeln, Mrs. Doyle.«
»Ich freue mich, dich kennenzulernen, Adeline. Wie geht es dir?«
»Danke, gut.« Das Mädchen verstummte und stand wie gebannt da.
»Kann ich etwas für dich tun?«, versuchte Sarah ihr sanft weiterzuhelfen.
Adeline blinzelte. »Ja«, antwortete sie. »Ich soll ... ich soll Ihnen ausrichten«, begann sie ihren Text aufzusagen, »dass Mr. Doyle plötzlich krank geworden ist. Und ich soll Sie zur Kirche bringen. Zur Hintertür. Weil ... weil das näher ist. Zu ihm.«
Sarah hatte ihr Buch bereits abgelegt und zog in aller Eile ihren Hausmantel aus. Adeline starrte das Kleid an, das darunter sichtbar wurde: ein schlichtes cremefarbenes Gewand mit einem durchsichtigen Cape, das von den Schultern bis zum Knöchel reichte, und ein mit zarten Blumen bestickter Überrock.
»Mrs. Banks!«, rief Sarah nach der Haushälterin. »Bitte bringen Sie mir meinen Sommermantel.« Sie wandte sich wieder an das kleine Mädchen. »Was hat Ezra denn, Adeline? Ist es etwas Schlimmes?«
»Ich weiß es nicht. Sie hat mir nur gesagt, was ich sagen soll.«
»Wer ist sie , Adeline? Wer hat dich geschickt?« Sarah
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