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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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nostalgischen Form einer tragbaren Schreibmaschine sehr schnell äußerst kaltes Wasser pumpte. Heidi hatte, auf ihrer letzten Tour, etwas Ähnliches verwendet, um die Schmerzen in den Handgelenken zu lindern, die sie vom Schlagzeugspielen bekam. Garreths Apparat war vor einer Stunde eingetroffen, per Kurier, ein Geschenk des alten Mannes.
    Im Moment sprach er gerade mit dem alten Mann; ganz so, fand sie, wie mit einer langjährigen Ehefrau. Sie konnten einander mit wenigen Worten sehr viel sagen, und sie verfügten über ihren eigenen Slang - Insiderwitze von scheinbar grenzenlosem Tiefsinn, eine Form von Zwillingssprache. Er trug ein Headset, das über ein Kabel mit seinem No-name-Laptop verbunden war, das neben ihm auf dem bestickten Velours stand. Ihre Unterhaltung führten sie wohl über das ein oder andere jener Darknets, die sie frequentierten. Soweit sie es verstand, handelte es sich dabei um private, nicht lizenzierte und nicht überwachte Netzwerke, und Garreth hatte einmal angemerkt, dass Darknets wahrscheinlich den Großteil des ganzen Netzes ausmachten, wenn es denn eine Möglichkeit gäbe, sie genau zu messen.
    Sie hörte nicht zu. Sondern blieb in dem warmen, dampfigen Badezimmer und trocknete ihr Haar.
    Als sie herauskam, starrte er zur Unterseite des Vogelkäfigs hinauf.
    »Telefonierst du noch?«
    »Nein.« Er nahm das Headset ab.
    »Alles okay?«
    »Er hat Schluss gemacht. Ein für alle Mal.« »Was meinst du damit?« Sie ging zu ihm hinüber. »Er hatte etwas, von dem er mir noch nie erzählt hat. Grailware. Er gibt sie mir. Für diese Sache. Was bedeutet, dass es vorbei ist.« »Was ist vorbei?«
    »Die ganze Geschichte. Seine verrückte Karriere. Wenn nicht, hätte er mir das nicht gegeben.«
    »Kannst du mir sagen, was es ist?« »Unsichtbarkeit. Ein Siegel.« »Ein Siegel?«
    »Ein Siegel des Vergessens.«
    »Dieses Zeug gefriert dir das Blut im Gehirn.«
    Er lächelte, aber sie konnte sehen, dass der Verlust ihn schmerzte. »Das ist ein äußerst wertvolles Geschenk. Wenn dein Boss erfährt, dass wir das haben und er nicht, wird er sich die Hosen vollmachen.«
    Bigend und Angst? »Dann wird er es haben wollen, was auch immer es ist.«
    »Genau deshalb darf er auch nichts davon erfahren«, sagte er. »Ich werde ihm erzählen, dass Pep auf den Kameraaufnahmen nicht zu sehen ist, weil er ein schlauer Hund ist.« »Pep?«
    »Ein verrückter kleiner Katalane. Der beste Autodieb der Welt.« Er warf einen Blick auf das schwarze Zifferblatt seiner Armbanduhr. Er hatte ihr einmal erzählt, dass es den Leibwächtern der Königin nicht erlaubt war, Schuhe mit Gummisohlen zu tragen oder Armbanduhren mit schwarzem Zifferblatt. »Warum?«, hatte sie ihn gefragt. »Aberglaube«, hatte er erwidert. »Er wird in zwanzig Minuten aus Frankfurt eintreffen.«
    »Wie ist es möglich, dass du das alles so schnell auf die Beine stellst und immer noch die Zeit findest, mir den Rücken einzuseifen und was weiß ich noch alles?«
    »Der alte Knabe«, sagte er. »Kann's einfach nicht lassen. Er kümmert sich um das Meiste. Läuft nach dem Baukastenprinzip. Das haben wir ziemlich gut drauf. Wir haben alles vorbereitet - feste Preise, Leute, auf die wir uns verlassen können. Dadurch sind wir echt schnell. Müssen wir auch sein, denn die besten Gelegenheiten bieten sich immer aus dem Nichts. Oder haben sich geboten.«
    »Kannst du dich wirklich unsichtbar machen? Oder willst du mich nur wieder verscheißern, wie mit deinen Rattanknochen?«
    »Du wirst noch Franks Gefühle verletzen. Stell es dir einfach wie einen Zauberspruch vor, der Vergessen bringt. Oder erst gar keine Erinnerungen zulässt. Das System sieht dich, vergisst es aber sofort wieder.«
    »Was für ein System?«
    »Du hast in dieser Stadt schon die eine oder andere Kamera gesehen, oder?«
    »Und du kannst dafür sorgen, dass sie dich vergessen?«
    Er stützte sich auf einen Ellenbogen auf, fuhr gedankenverloren über die kalte Oberfläche der Hülle an seinem Bein und wischte sich dann die Handfläche an der bestickten Decke ab. »Der Heilige Gral der Überwachungsindustrie ist Gesichtserkennung. Natürlich bestreiten das alle. Bis zu einem gewissen Grad ist es schon möglich. Wenn auch noch nicht einsatzbereit. Steckt noch in den Kinderschuhen. Das System erkennt dich zum Beispiel nicht, wenn du schwarz bist, oder verwechselt dich vielleicht mit mir, aber Hardware und Software haben Potential. Müssen nur noch verbessert werden. Aber um das Vergessen zu

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