System Neustart
Taser.«
»Ein Taser?«
»Gehört Heidi. Hat sie in Los Angeles gekauft, aus Versehen. Zusammen mit einem Haufen Airfix- Modellbauteilen, als sie stockbesoffen war.«
»Und der TSA ist nichts aufgefallen?«
»Ich sag das ja nur ungern«, erwiderte er in gespielt ernstem Tonfall, »aber das kommt vor. Dass der TSA was entgeht. Schockierend, ich weiß ...«
»Aber woher hat sie das überhaupt?«
»Amerika? Auch wenn gemeinhin etwas anderes behauptet wird — was in Las Vegas geschieht, bleibt nicht immer dort. Jemand hat es ihrem Mann gegeben. Als Geschenk für sie. Daher das Leopardenmustet. Ein Damenmodell. Die TSA hat nichts bemerkt, und die Zollbehörde Ihrer Majestät ebenso wenig. Ajay dagegen schon, und zwar heute Morgen. Sie wusste gar nicht, dass sie das dabei hatte. Hat es aus Versehen eingepackt, als sie betrunken war. Was keine Entschuldigung ist, aber hin und wieder dazu führt, dass etwas über die Grenze gelangt, das man brauchen kann.«
»Was willst du damit?«
»Weiß noch nicht genau. ›Folge dem Zufall! Fürchte den festgelegten Plan!‹«
»Ich dachte, Pläne wären dir wichtig.«
»Ich schmiede gerne Pläne. Das ist etwas anderes. Aber wenn es darauf ankommt, muss man improvisieren können.« »Damit teilt man Stromschläge aus?«
»Da ist ein Kondensator eingebaut. Mit genug Saft, dass es dich umhaut. Zwei Widerhaken und daran fünf Meter Isolierdraht. Wird mit Treibgas verschossen.«
»Grässlich.«
»Ist mir lieber als eine Schusswaffe, wenn du mich fragst. Was nicht heißt, dass ich es toll finde.« Er beugte sich vor, nahm den Taser und lehnte sich wieder gegen das Kissen. Hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Leg das weg! Ich mag das nicht. Ich glaube, du brauchst etwas Schlaf.«
»Milgrim ist unterwegs. Und ein Maskenbildner und Friseur. Wir treffen uns mit Ajay. Für eine Stylingparty.« »Styling?«
»Die Clowns-Nummer.« Er ließ den Taser wie ein Flugzeug hinter dem Bildschirm seines Laptops hin und her fliegen. »Wir wollen Milgrim nicht Big End überlassen, wenn diese Sache erstmal losgegangen ist.« Er sah sie an. »Wir möchten, dass er bei uns ist, ganz egal, was Big End will. Ich brauche eine Aufgabe für ihn, als Rechtfertigung dafür.« »Warum?«
»Wenn mein Plan in die Binsen geht, wie es bei euch so schön heißt, und das ist immer eine Möglichkeit, dann wird der große Meister Milgrim so schnell wie möglich an Gracie ausliefern wollen. Stande pede. Er wird sich für unser unartiges Verhalten entschuldigen. Heutzutage ist es ja so schwer, anständige Mitarbeiter zu finden. Aber voilà, hier ist Milgrim, also nehmen wir jetzt Chombo mit, vielen Dank, und verzeihen Sie den ganzen Ärger. Oder wenn Gracie Scheiße baut ...« Der Taser nahm Kurs auf die Tastatur des Laptops und setzte zu einem lautlosen Tiefflugangriff an.
»Inwiefern Scheiße baut?«
»Ich hab das ganze Unternehmen aus Standardteilen zusammengeschustert. Im Wesentlichen musste ich davon ausgehen, dass Gracie sich wie ein braver Junge verhält, jedenfalls, bis er Milgrim hat, um ihn dann in aller Ruhe ein wenig zu foltern oder ...«
»Sag nicht so was!«
»Tut mir leid. Aber wenn wir nach Bid Ends Regeln spielen, wird das so laufen. Wir wissen, dass Milgrim niemandem ausgeliefert wird, aber Gracie weiß das nicht. Noch nicht. Wenn alles so läuft, wie ich mir das vorstelle, dann werden Gracie und seine Kumpane genug um die Ohren haben und niemand mehr nerven. Aber wenn Gracie beschließt, nicht nach den Regeln zu spielen, dann weiß ich nicht, was ich ihm sonst noch um die Ohren hauen soll.« Er hob den Taser und kniff die Augen zusammen. »Ich wünschte, sie hätte noch ein paar mehr davon mitgebracht.«
66. Verschlüsse
Bennys Zivilmotorrad war, wie Milgrim jetzt wusste, eine schwarzrote Yamaha FZR1000, Baujahr 2006. Sie war, wie Fiona ihm erklärt hatte, tiefergelegt - was auch immer das bedeuten mochte — und verfügte über etwas, das »Spondon-Schwinge« genannt wurde, weshalb für Dragster-Rennstrecken der Radstand verlängert werden konnte.
Fiona war wieder in voller Montur, von Kopf bis Fuß in Reiß- und Klettverschlüsse gehüllt, den gelben Helm unter dem Arm. Auch Milgrim hatte sich gewappnet, und zwar mit geliehenem Nylon und Kevlar, das er - steif und ungewohnt - über dem Tweed und Kord trug. Die Spitzen der hellbraunen Halbschuhe, die Jun ihm gegeben hatte, passten nicht zu den schwarzen Cordura-Überhosen. Seine Tasche mit dem Laptop und den Kleidern, die er
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