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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Bett) saß ein Mann mit kurzem, aber zerzaustem Haar, der Milgrim mit solcher Ernsthaftigkeit und gelassenen Konzentration musterte, dass er fast Milgrims Polizistenalarm auslöste, der zuletzt bei Winnie an der Kreuzung Seven Dials angesprochen hatte. Fast.
    »Sie sind also Milgrim. Hab viel von Ihnen gehört. Ich bin Garreth.
    Wilson. Bitte entschuldigen Sie, dass ich nicht aufstehe. Das Bein ist hinüber. Muss es hochlegen.« Er saß mit einem Kissen im Rücken zwischen zwei verwitterten grauen Kirchenfensterparenthesen, die Milgrim im ersten Moment für Mammutstoßzähne gehalten hatte. Neben sich ein aufgeklappter Laptop. Ein schwarz gekleidetes Bein lag auf drei zusätzlichen Kissen. Uber ihm hing der größte Vogelkäfig, den Milgrim je gesehen hatte; in seinem Innern stapelten sich in märchenhaftes Licht getauchte Bücher.
    »Das ist Fiona, Garreth«, sagte Hollis. »Sie hat mich aus der City gerettet.«
    »Gut gemacht«, sagte der Mann auf dem Bett. »Sie werden also unsere Drohne steuern.« Fiona lächelte. »Hallo.«
    »Ich hab gerade Voytek rübergeschickt, um eine davon umzurüsten.« »Wir sind ihm begegnet«, sagte Fiona.
    »Da hatte er den Taser noch nicht, aber inzwischen wird er ihn haben.« »Taser?«
    »Für den Ballon.« Er zuckte mit den Achseln und grinste. »Ich hatte gerade einen zur Hand.«
    »Wie viel wiegt er?«
    »Etwas mehr als 200 Gramm.«
    »Das wird die Flughöhe beeinflussen«, sagte Fiona.
    »Fast mit Sicherheit. Die Geschwindigkeit auch. Aber die Hersteller des Pinguins haben mir gesagt, dass er trotzdem noch fliegen wird. Wenn auch nicht so hoch. Er ist silberfarben, habe ich recht? Aus Polyester?«
    »Ja.«
    »Dann wäre ein Tarnanstrich vielleicht sinnvoll. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Klar«, erwiderte Fiona, auch wenn Milgrim nicht alles begriff. »Aber Sie wissen, dass ich eine andere Drohne steuern soll?« »Natürlich. Die Box ist auf dem Motorrad?«
    »Ja, ist sie. Inzwischen sollte ich auch neue Stoßdämpfer haben.« »Neue Stoßdämpfer?« »Wegen der Drohne.«
    »Geben Sie mir Ihre Sachen«, sagte Hollis und nahm erst Mrs. Bennys Helm und dann Fionas. »Steht Ihnen gut«, fügte sie hinzu, nachdem Milgrim die steife Nylonjacke ausgezogen hatte, die er über dem Tweedjackett trug.
    »Danke!«
    »Bitte«, sagte Hollis. »Setzen Sie sich!«
    Dem Bett gegenüber standen zwei hohe, gestreifte Sessel. Milgrim nahm in dem einen Platz, Fiona in dem anderen, und Hollis setzte sich aufs Bett. Milgrim bemerkte, dass sie die Hand des Mannes ergriff. Dabei fiel ihm ein, was sie ihm in Paris erzählt hatte. »Sie sind vom höchsten Gebäude der Welt gesprungen«, sagte er.
    »Richtig. Allerdings leider nicht von ganz oben.«
    »Ich bin froh, dass es Ihnen wieder gut geht«, sagte Milgrim. Hollis schenkte ihm ein Lächeln.
    »Danke«, sagte Garreth, und Milgrim bemerkte, wie er Hollis' Hand drückte.
    Jemand pochte zweimal leicht an der Tür, offenbar ohne den Messingtürklopfer zu verwenden. »Ich bin's«, sagte eine Stimme.
    Hollis erhob sich, ging zur Tür hinüber und ließ einen äußerst hübschen jungen Mann und eine nicht ganz so hübsche junge Frau herein. Die junge Frau trug eine altmodische Ledertasche. Für Milgrim sahen sie beide wie Inder aus, aber Südasien war nicht seine Stärke. Die junge Frau gehörte jedoch eindeutig der Gothic-Szene an. Milgrim konnte sich nicht erinnern, jemals eine Grufti-Inderin gesehen zu haben, aber wenn es so etwas gab, dann in London.
    »Meine Cousine Chandra«, sagte der junge Mann. Er trug kunstvoll zerschlissene, sehr enge schwarze Jeans, ein schwarzes Polohemd und eine Motorradjacke, die uralt aussah und ihm ein ganzes Stück zu groß war.
    »Hallo, Chandra«, sagte Hollis.
    Chandra lächelte schüchtern. Sie hatte glattes schwarzes Haar, riesige dunkle Augen und zahlreiche Piercings in Ohren und Nase. Ihr Lippenstift war schwarz, und sie schien eine Krankenschwesterntracht aus der Zeit Edwards VII. zu tragen, wenn auch ebenfalls in Schwarz.
    »Hallo, Chandra«, sagte Hollis. »Chandra und Ajay. Fiona und Milgrim. Und Garreth, Chandra.«
    Ajay musterte Milgrim. »Ganz schöner Unterschied«, sagte er skeptisch.
    »An den Schläfen spray ich dir was hin«, sagte Chandra zu ihm. »Dieses Faserzeug aus der Dose. Um kahle Stellen zu überdecken. Das hab ich dabei.« Dann musterte sie Milgrim. »Er könnte einen Haarschnitt gebrauchen. Was nur gut für uns ist.«
    Ajay strich sich mit der Hand durchs Haar, das an den Schläfen

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