Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
mir überlassen, damit ich meiner Freundin aus der Patsche helfen kann, und ihrem durchgeknallten Boss noch dazu.«
    Ihr Blick fiel auf die Blue-Ant-Figurine, die neben dem Telefon auf dem Nachttisch stand. »Wo ist denn das GPS-Dingsda? Ich möchte es nicht aus den Augen verlieren.«
    Er schaute auf seine Armbanduhr. »Das dürfte inzwischen auf dem Amazonas unterwegs sein. Flussaufwärts, mit dem Boot.«
    »Auf dem Amazonas?«
    Er zuckte mit den Schultern und legte den Arm um sie. »Per Kurier. Ganz gemächlich. Wenn Big End dahintersteckt, dann weiß er, dass wir ihm einen Streich spielen. Wenn es jemand anderes ist, dann denken sie jetzt wahrscheinlich, du paddelst den Amazonas hinauf.«
    »Irgendjemand hat sie mir in die Tasche gesteckt, als ich nach Paris gefahren bin.« »Hotelpersonal.« »Hier?« »Natürlich.« »Das macht mir Angst.«
    »Aber ich habe daran gedacht. Und ich bin immer hier, was vieles vereinfacht.«
    »Wer war denn das vorhin?« »Charlie.«
    »Graue Haare, Asiate, karierte Mütze?« »Charlie.«
    »Der ist ja genauso breit wie hoch.«
    »Gurkha. Verjüngen sich zur Taille hin. Charlie ist ein Juwel. Wie gelingt es dir überhaupt, hier jemals etwas Intimes zu tun, mit all den Köpfen, die dich anstarren?«
    »Keine Ahnung. Ich hab's noch nicht probiert.«
    »Tatsächlich«, sagte er.

72. Smithfield
    Als Milgrim aus Bennys Dusche trat, trug er einen zerschlissenen Frotteebademantel mit Querstreifen, die einmal rostfarben und erfrischend grün gewesen sein mussten, und seine Tanky& 7o/o-Halbschuhe. Fiona folgte ihm, den MontBell-Schlafsack um die Schultern gelegt und übergroße Badelatschen an den nackten Füßen. Milgrim hoffte, dass sie keinen Fußpilz bekommen würden. Der Betonboden von Bennys Dusche hatte sich unangenehm glibberig angefühlt, und das Wasser war erst kochend heiß gewesen und dann plötzlich kalt. Keine Duschkabine, sondern lediglich ein Stück schräg abfallender Betonfußboden an einer Wand. Und es war tatsächlich dunkel gewesen, worüber er froh gewesen war. Er wollte gar nicht daran denken, wie er jetzt von hinten aussah, im hellen Schein von Fionas kleiner Taschenlampe, in dem Bademantel und den Halbschuhen. Es hatte keine Handtücher gegeben.
    Sie suchten sich einen Weg durch das Minenfeld aus Styroporbechern und Maschinenteilen auf dem Boden von Bennys Werkstatt.
    Im Würfel nahm Milgrim seine Kleider in den Miniwaschraum und schloss die Tür. Trocknete sich mit dem Bademantel ab, der schwach nach Benzin roch, wobei er sich den Ellenbogen anschlug. »Hier ist der Bademantel«, sagte et. »Ist gar nicht so nass.« Er öffnete die Tür ein Stück und reichte ihn hinaus. Sie nahm ihn entgegen.
    Er tupfte sich mit einem von Bigends Schweizer Handtüchern ab und mühte sich dann in seine Kleider. Das leise Kratzen des saharischen Geistes von Jimi Hendrix hallte durch den Würfel. »Hallo?«, hörte er sie sagen. »Ja. Einen Moment.« Ihr blasser nackter Arm reichte das iPhone herein. »Für dich.«
    Er nahm es entgegen. »Hallo?«
    »Die Aufgabenstellung«, sagte Winnie.
    Milgrim, der damit nicht gerechnet hatte, wusste nicht, was et sagen sollte.
    »Ich habe nichts von Ihnen gehört«, sagte sie.
    »Ich habe ihn kennengelernt.«
    »Und?«
    »Ich glaube nicht, dass er für eine dieser Firmen arbeitet, die Sie mir beschrieben haben. Ich glaube, er ist Hollis' Freund.«
    »Warum sollte Bigend Hollis' Freund anheuern?«
    »Das ist typisch für ihn«, sagte Milgrim mit etwas mehr Überzeugung. »Er arbeitet lieber mit Amateuren zusammen. Das hat er mal gesagt.« Milgrim war noch immer einigermaßen erstaunt, dass er jemandem die Wahrheit sagte. »Er misstraut« — Milgrim strengte sein Gedächtnis an — »strategischen Geschäftsanalysebüros.«
    »In seiner derzeitigen Situation einen Amateur anzuheuern, könnte selbstmörderisch sein. Sind Sie sicher?«
    »Wie sollte ich sicher sein? Garreth kommt mir nicht wie jemand vor, der für irgendeine Firma arbeitet. Aber auch nicht wie ein Amateur. Er weiß, was er tut, allerdings habe ich keine Ahnung, was genau das ist. Aber ich glaube, dass er mit Hollis schläft. Ich meine, da gibt es nur ein Bett.« Er musste an die Schaumstoffmatratze denken und an Fiona.
    »Wie sieht et aus?«
    »Mitte dreißig? Braune Haare?«
    »Das könnte auch auf Sie passen. Genauer, bitte.«
    »Brite. Wie ein Polizist. Nur anders. Soldat, vielleicht? Oder auch nicht. Durchtrainiert? Aber er hatte einen Unfall.«
    »Was für einen?«
    »Er ist

Weitere Kostenlose Bücher