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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Scheiße«, sagte sie mit einer gewissen Befriedigung. »Los jetzt! Sie haben Ihre Anweisungen.«
    Milgrim stieg aus. Der Mann in dem Regenmantel kam auf ihn zu, also ließ er die Tür offen. Drehte sich um und ging zu Fiona zurück, während diese den Motor startete, vorbei an den beiden Dosen, einsamen Wächtern Smithfields.

73. Flickwerk
    Es ist dunkel. Neben ihr schläft Garreth, und im schwachen Schein der LED-Lämpchen seines Laptops und seiner diversen Handys winzigen roten und grünen Warnsignalen - zeichnet sich die Unterseite des Vogelkäfigs ab.
    Sie hatte jetzt endlich Frank kennengelernt, und so schlimm, wie sie erwartet hatte, war es nicht gewesen, auch wenn sie ein wenig geweint hatte.
    Frank war in Singapur stabilisiert und dann verschiedentlich rekonstruiert worden, wobei der Alte die chirurgische Odyssee finanziert hatte. Frank war in obskuren Einrichtungen in den Vereinigten Staaten gewesen - in gespenstischen Flügeln militärischer Kliniken, in denen ansonsten normaler Betrieb herrschte. In einer davon waren zerschmetterte Knochen durch kalzifiziertes Rattan ersetzt worden, von Keramikschrauben zusammengehalten, deren Hauptbestandteile mit denen natürlicher Knochen übereinstimmten. Das vorläufige Ergebnis war Frank, der mehr aus Nähten zu bestehen schien denn aus Haut - Flickwerk eben. Ein straffes, glänzendes Mosaik, das Hollis an teures Porzellan erinnerte, das geklebt worden war.
    Anfangs hatte Garreth dafür votiert, das Bein abnehmen zu lassen, da er sich mit Prothetik recht gut auskannte, ein Gebiet, das dank der US-amerikanischen Kriege rasche Fortschritte machte - vor allem die Überlebensrate Schwerverletzter hatte sich deutlich verbessert. Aber die Chirurgen, die der Alte ihm besorgt hatte, wollten die Grenzen des Möglichen ausloten, sagte er, und er hatte sich von ihrem Eifer anstecken lassen. Da hatte sie wieder angefangen zu weinen, und er hatte sie in den Arm genommen und herumgealbert, bis es vorbei war. Außerdem, so erzählte er, sei er neugierig gewesen, wie weit das theoretische Wissen und die praktische Erfahrung reichten, die es offiziell gar nicht gab, deren Existenz er aber vermutete. Und er sollte recht behalten. Eine Operation, bei det bestimmte Nerven abgetrennt werden mussten, war mit das Schlimmste gewesen, und die Eingriffe, denen er sich kürzlich in Deutschland unterzogen hatte, hatten dazu gedient, die Nerven wieder miteinander zu verbinden, damit er, nach und nach, wieder spürte, was Frank spürte. Das war zwar nicht eben angenehm, aber weit besser als die bisherige Gefühllosigkeit, zumal es bedeutete, dass er bald wieder laufen lernen konnte.
    Jedes Mal wenn er den Verband wechselte, wurde dieser ein wenig kleiner. Ansonsten sah Frank aus wie eine Luftaufnahme von Kansas - ein Flickenteppich aus verpflanzter Haut, der beruhigenderweise einem ganz normalen Bein glich, allerdings einem etwas verkümmerten Bein, weil es nicht gebraucht worden war.
    Er erklärte ihr, offensichtlich in vollem Ernst, dass die meisten Tiere beidseitig symmetrische Partner vorzögen - eine Tatsache, die so weit ging, dass sie sich als biotaweite Quintessenz bezeichnen ließ -, und er würde verstehen, wenn sie es ebenso halten wolle. Sie erwiderte, für sie sei die Quintessenz ein Mann, der sich nicht wie ein Vollidiot benahm, und küsste ihn. Und küsste ihn noch ein wenig mehr, bis sie gleichzeitig lachten und weinten, und dann führte eines zum anderen.
    Jetzt lag sie im schwachen Schein der LEDs da und genoss die völlige Ruhe, die Abwesenheit jedwelcher Eingangssignale, hier in dem Pibloktoq-Bett, das ihr plötzlich nicht mehr ganz so wahnsinnig vorkam, und die Krümmung des rechten Walfischkiefers schien ihm sogar etwas von einem Ehebett zu verleihen, worüber sie jedoch nicht weiter nachdenken wollte.
    Aber im Moment war alles in Ordnung. Solange sie ihn neben sich atmen hörte.
    Unter dem Kissen begann das iPhone zu vibrieren. Sie schob die Hand darunter und überlegte, ob sie es nicht abschalten sollte. Aber vielleicht war es wichtig.
    »Hallo?«, flüsterte sie.
    »Alles okay?« Milgrim.
    »Garreth schläft.«
    »Tut mir leid«, flüsterte Milgrim.
    »Was ist?«
    »Das ist kompliziert. Sie muss unbedingt mit Garreth sprechen.« »Wer?«
    »Bitte verstehen Sie das jetzt nicht falsch«, flüsterte Milgrim. »Eine FBI-Agentin.«
    »Wie sollte ich das nicht falsch verstehen?« »Was ist?«, fragte Garreth. »Milgrim ist dran.« »Gib ihn mir.«
    Sie legte die Hand auf das

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