T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
Zäuneausbessern oder im Reparieren von Scheunendächern oder eingefrorenen Wasserpumpen. Dern ist Handwerker, ein richtiger Do-it-yourself-Mann.«
»Wie bist du auf ihn gekommen?«
»Er hat für einen meiner Klienten gearbeitet, der seine Ranch verkauft hat.« Wyatts linker Mundwinkel zuckte in die Höhe. »Ich wollte Ian gern ein wenig entlasten.«
»Das wird er zu schätzen wissen«, erwiderte Ava und dachte an ihren Cousin, Jewel-Annes Halbbruder. Ian war nicht gerade ambitioniert. Sie trat ans Fußende des Bettes und lehnte sich gegen einen der hohen Pfosten. »Ich bin überrascht, dass du hier bist.«
Fast unmerklich spannten sich seine Kinnmuskeln an.
Fast.
»Ich war ohnehin auf dem Weg hierher. Jacob hat mit dem Boot auf mich gewartet.« Jacob, Jewel-Annes Bruder, der Computerfreak, der tonnenweise Elektronik in seinem beengten Souterrain-Apartment untergebracht hatte. Eigentlich war er der Chauffeur seiner Schwester, doch seit man Ava den Führerschein abgenommen hatte, fuhr er auch sie.
»Khloe hat mich auf dem Handy angerufen«, fügte Wyatt hinzu. »Zum Glück war ich da schon kurz vor Anchorville.«
»Wie nett von ihr.«
Seine Mundwinkel verzogen sich missbilligend nach unten. »Du solltest dich mal hören. Immerhin war Khloe deine beste Freundin.«
Das stimmte. »
Sie
ist doch diejenige, die sich zurückgezogen hat.«
»Tatsächlich?« Er hob die Hände und schüttelte den Kopf. »Bist du dir da sicher?« Als sie nicht antwortete, fügte er mit einer Spur von Sarkasmus hinzu: »Wenn du meinst. Übrigens ist Dr. McPherson auf dem Weg hierher. Du solltest mit ihr reden.«
»Wenn du meinst«, äffte sie ihn nach, doch als sie den verletzten Ausdruck in seinen Augen bemerkte, hätte sie ihre barschen Worte am liebsten zurückgenommen.
»Ich gebe es auf.« Binnen Sekunden war er zur Tür hinaus, und wieder einmal verspürte sie einen Kloß im Hals.
»Ich auch«, flüsterte sie. »Ich auch.«
»Sie wissen, dass Sie Noah nicht wirklich gesehen haben«, sagte Dr. McPherson freundlich, wenngleich leicht herablassend. Sie war eine hübsche, schlanke Frau in Rock und Stiefeln, deren gesträhntes Haar bis auf die Schultern fiel. In ihren Augen stand Besorgnis. Meistens wirkte sie ernst, mitfühlend, doch Ava traute auch ihr nicht. Hatte ihr nie getraut. Lag das wirklich nur an ihrer Paranoia?
Jetzt saßen sie in der Bibliothek mit den vom Boden bis zur Decke reichenden Regalen voller alter Bücher. Im Kamin flackerte ein Gasfeuer.
»Ich habe ihn gesehen«, beharrte Ava. Sie saß auf der betagten Couch, die Hände im Schoß zu Fäusten geballt. »Ob er wirklich da war, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass ich ihn gesehen habe.«
»Und du weißt, wie das klingt.« Ihr Ehemann stand in einer Ecke, die Krawatte noch weiter gelockert, einen finsteren Ausdruck im Gesicht.
»Es ist mir egal, wie das klingt, es ist nun einmal die Wahrheit.« Trotzig begegnete sie Wyatts Blick. »Ich dachte, ich soll ehrlich sein.«
»Das sollen Sie auch, selbstverständlich«, beschwichtigte Dr. McPherson sie mit einem raschen Kopfnicken. Sie saß auf der Kante des Sessels, der zwischen Kamin und Sofa stand, das Licht der Flammen fing sich in ihren hellen Strähnchen. Obwohl sie ihre Praxis auf dem Festland führte, setzte sie häufig auf die Insel über, das hatte sie mit Wyatt so vereinbart.
Evelyn warf Wyatt einen Blick über die Schulter zu, und für den Bruchteil einer Sekunde meinte Ava, Zärtlichkeit darin zu erkennen, die blitzschnell wieder der Fassade wich. Vielleicht hatte sie sich auch getäuscht.
»Ich denke, es wäre das Beste, wenn Sie uns allein lassen«, schlug die Psychiaterin ihm vor.
»Es ist schon in Ordnung«, lenkte Ava ein. »Es macht mir nichts aus, wenn er dabei ist. Vielleicht können wir die Sitzung ja in eine Eheberatung umwandeln, anstatt unbedingt nachweisen zu wollen, dass ich durchgedreht bin.«
»Das hat doch niemand behauptet«, entgegnete Wyatt. Er trat ans Feuer und drehte das Gas ab. Die Flammen zogen sich zurück wie verängstigte Schnecken in ihre Häuser.
»Ich weiß, das klingt verrückt. Selbst für mich. Trotzdem sage ich euch, dass ich meinen Kleinen im Nebel auf dem Anleger gesehen habe.« Sie wollte die Überlegung hinzufügen, dass die Medikamente, die man ihr verabreichte, eventuell Halluzinationen verursachten, doch damit hätte sie die Psychiaterin in die Enge getrieben, weil sie ihr ja die Tabletten gegen ihre Angstzustände und Depressionen verschrieben
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