Taberna Libraria
sind Corrie und Silvana. Die beiden haben den Buchladen in Woodmoore wiedereröffnet."
Cryas Gesichtszüge hellten sich sichtlich auf. "Welch wunderbare Nachrichten!" Er senkte den Kopf tiefer zu ihnen hinunter. "Ihr braucht euch nicht zu fürchten oder schüchtern zu sein. Ihr seid hier unter Freunden." Sein Blick fiel wieder auf den Faun, der noch immer breit zurücklächelte. "Vincent, ist Yazeem nicht mitgekommen?"
"Der Buchladen hat gerade ein kleines Feuerwolf-Problem, wie es scheint", erwiderte Vincent, wobei er wieder ernst wurde.
"Dann hat er Marsh mitgenommen?"
Der Faun nickte.
"Ein Wehrmutstropfen." Cryas zwinkerte den beiden jungen Frauen zu. "Aber nichts, was er nicht lösen könnte, da bin ich mir sicher." Er sah belustigt auf die beiden Freundinnen hinunter, die ihn noch immer sprachlos anstarrten. Ihre offene Faszination verleitete ihn zu einem tiefen, krächzenden Lachen. "Oh, vergeudet eure Blicke nicht an einer so alten Krähe wie mir. Ich versichere euch, hier gibt es noch weitaus mehr und Interessanteres zu sehen." Er streckte einladend die Pfote aus. "Mögt ihr eine Tasse Tee?"
Silvana gab sich einen Ruck und räusperte sich. "Uhm, sehr gerne. Denke ich …" Sie versetzte Corrie einen auffordernden Stoß.
Auch Corrie nickte daraufhin. "Auf jeden Fall."
"Dann bin ich ja erleichtert. Danke, dass du sie begleitet hast, Vincent." Er wollte sich gerade mit den beiden jungen Frauen an der Seite in Bewegung setzen, als eine zierliche Zentaurin auf ihn zugetrabt kam, ein offensichtlich von Feuer arg mitgenommenes Buch in den Händen. Das Fell ihres Pferdekörpers war von dunklem Schokoladenbraun, mit feinen weißen Kronen über den Hufen und das nervöse Schlagen ihres goldfarbenen Schweifs unterstrich das unsichere Lächeln, mit dem sie dem Greif und den beiden Fremden begegnete. "Auch wenn du Besuch hast Cryas, darf ich dich ganz kurz etwas fragen?"
Ihre großen, hellen Augen huschten von dem Buch zurück zu ihrem Arbeitgeber.
Der Greif seufzte tief, neigte aber den Kopf. "Was gibt es denn, Pearly?"
Sie streckte ihm daraufhin den verkohlten Einband entgegen. "Einer von Maribos' Schülern ist hier. Er hat beim Einstudieren seiner neuen Zaubersprüche nicht aufgepasst und dabei versehentlich das Buch in Brand gesetzt. Er will es Maribos nicht sagen, weiß aber auch nicht, welches Buch es war, um es nachzukaufen. Ich kann es durch den Ruß leider auch nicht mehr entziffern. Kannst du mir vielleicht sagen, was das hier ist - oder vielmehr, was das hier mal war?"
"Immer diese unvorsichtigen Novizen." Cryas seufzte erneut und nahm das Buch behutsam in seine Pranke. "Sich immer und überall als zukünftige Magier brüsten und dann aber auf der anderen Seite nicht den Mut haben, ihre Fehler zuzugeben und es ihrem Meister zu beichten." Vorsichtig blätterte er durch die ersten Seiten, die daraufhin zu einem Großteil zu Asche zerfielen, die lautlos gen Boden rieselte. Nach ein paar mehr oder wenigen versehrten Abbildungen nickte Cryas. "Das war einmal Aracandadus
Manifest von der Mannigfaltigkeit der Feuersprüche
. Wie passend, dass er ausgerechnet
das
angezündet hat." Der Greif machte ein Gesicht, das Ähnlichkeit mit einem Stirnrunzeln hatte. "Ich glaube, ich habe heute Morgen ein Exemplar auf den Eingangslisten gesehen. Aber frag zur Sicherheit lieber nochmal Vincent. Er kann es dir gewiss ganz genau sagen."
Die Zentaurin nahm freudestrahlend die Überreste des Manifests wieder an sich. "Vielen Dank Cryas. Ich bin beeindruckt."
Der Greif neigte dankend den Kopf. "Irgendetwas muss mich ja zum Inhaber dieses Ladens qualifizieren. Und Pearly, wenn du ihm das Buch verkauft hast, dann schlag es ihm doch bitte ausnahmsweise kostenlos in feuerfestes Drachenleder ein, ja?" Er lächelte Corrie und Silvana zu. "Wollen wir drei dann weiter zum Tee?" Er wandte sich zum Gehen, stutzte jedoch gleich wieder und duckte sich. "Vorsicht!"
Auch die beiden Freundinnen zogen reflexartig die Köpfe ein. Im selben Moment schoss ein dünner Foliant in pfeilschnellem Flug über sie hinweg. Dichtauf folgte ihm ein schlanker Mann mit spitzen Ohren, großen, hellblauen Schwingen und einem Schmetterlingsnetz in den Händen. "Tut mir leid, Cryas!", rief er im Vorüberjagen, ohne das Buch aus den Augen zu lassen, das direkt vor ihm abrupt wieder nach oben in Richtung der Kuppel ausbrach. Mit kräftigem Flügelschlag tat es ihm sein Verfolger unter den staunenden Augen der beiden Frauen gleich und holte mit dem Netz aus.
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