Taberna Libraria
Welt."
Corrie stellte ihre leere Tasse zurück. "Er erwähnte schon, dass er für unseren Vorgänger gearbeitet hat."
"Mr. Lien. Das ist richtig." Cryas' Gesicht verfinsterte sich und er hob die Schale zum Schnabel, um noch ein paar langsame Schlucke zu trinken. "Da in eurem Buchladen etwas verborgen ist, das des besonderen Schutzes vor dem Erzmagier bedarf und darüber hinaus auch viel Publikum diesen Buchladen aufsucht, das ursprünglich aus dieser Welt stammt, waren auch immer Helfer aus Amaranthina vor Ort, um den Inhaber zu unterstützen. Leider konnte das Robert nicht retten. Aber wir haben aus diesem Fehler gelernt, das kann ich euch versichern."
"Was ist denn nun eigentlich genau passiert?", wollte Silvana wissen. "Yazeem hat abgeblockt und Vincent hat gesagt, dass es dir vorbehalten wäre, uns davon zu erzählen."
"Darum habe ich in der Tat jeden gebeten. Robert und ich kannten uns sehr gut, er war oft hier. Fast häufiger als in seinem eigenen Laden." Cryas gab ein wehmütiges Krächzen von sich. "Er war sehr interessiert an dieser Welt und konnte Stunden damit zubringen, in den alten Büchern zu blättern und Karten zu studieren. Deshalb war er sich auch des Risikos bewusst, das er einging, als er sich entschied, uns zu helfen."
Cryas sprach nicht weiter und Silvana hob die Brauen. "Wobei?"
Der Greif sah sie ernst an. "Es ging dabei selbstverständlich um ein Buch. Ein sehr kostbares. Ein guter Freund kam zu mir und berichtete mir, er habe es in einem entlegenen Winkel des Schneemeers gefunden. Er nahm es mit sich. Um euch die Bedeutung dieses Fundes zu verdeutlichen, muss ich allerdings weit in die Geschichte dieses Reiches zurückgehen und euch von Meister Angwil erzählen." Er hielt inne. "Noch jemand Tee?"
Silvana sah in ihre Tasse und schüttelte den Kopf. Corrie hingegen hielt ihm ihre Tasse hin. "Sehr gerne."
Als Cryas ihr nachgeschenkt hatte, holte er tief Luft und strich sich raschelnd über seine dichten, schwarz-weißen Halsfedern. "Meister Angwil lebte vor etwa 200 Jahren auf Amaranthina. Nicht hier in Dogalaan, sondern weiter östlich in Theawan. Er war sehr mächtig und seine Weisheit bereits zu seinen Lebzeiten legendär. Früh besuchte er auch eure Welt, die ihn sehr faszinierte. Eine seiner Thesen war es, dass unsere beiden Welten so eng miteinander verbunden sind, dass nicht nur ein Überwechseln möglich ist, wie es ja schon lange praktiziert wurde, sondern dass keine der beiden Welten ohne die andere existieren könne. Das war eine gewagte Aussage, selbst für einen Mann wie ihn, doch kein König wollte in seiner Missgunst stehen und auf seine Ratschläge verzichten müssen. So hatte er freie Hand bei der Suche nach Beweisen, die seine Vermutungen unterstützen konnten. Natürlich hatte er aufgrund seines Rufs eine Menge Novizen um sich versammelt, die seinem Vorbild nacheiferten. Doch es gab nur fünf unter ihnen, die er in seinen engsten Kreis berief.
Zu jener Zeit gab es aber auch einen weiteren Magier, ähnlich mächtig, doch nicht so weise wie Meister Angwil, sondern machthungrig, unbeugsam und von neidvollem, unstetem Wesen. Sein Name war Saranus. Er war erfüllt von dem Gedanken, die Inselreiche zu beherrschen und das Reich der schwachen Menschen in der jenseitigen Welt auszulöschen, da er fürchtete, von dort aus könnten eines Tages Armeen zurückkehren und ihm seine Herrschaft streitig machen. Er stand in den Diensten eines sehr einfältigen Königs, der ihm die Kontrolle über seine Heere überließ und von seinem Magier dafür in blutige Kriege verwickelt wurde, die hunderttausende Opfer forderten. Als sich Saranus mit seinen Kriegern auch den friedlichen Inseln um Amaranthina näherte, beschloss Angwil, ihn um der Völker Willen aufzuhalten. Er sammelte Mitstreiter um sich und stellte sich Saranus entgegen. Doch bevor er Saranus auf dem Schlachtfeld konfrontieren konnte, trug dieser den Kampf zu Angwil. Mit seinen engsten Untergebenen drang Saranus in Angwils Akademie ein. Dort trafen die beiden Magier dann aufeinander. Ihr Kampf, so sagt man, dauerte ganze sechs Tage und Nächte, bevor Angwil Saranus in die Knie zwang und seine böse Seele von seinem Körper trennen konnte. Den Geist bannte er in einem Kristall, den er von da an stets mit sich trug. Saranus' Novizen jedoch sammelten sich Jahre nach ihrer Niederlage im Verborgenen, um ihren Meister zurückzuholen. Es gelang ihnen, erneut in die Akademie einzudringen und Angwil schwer zu verwunden. Seine fünf
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