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Tablettenfee

Tablettenfee

Titel: Tablettenfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter K. Kubicza
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ein androgynes Wesen und war sicher schon in der Firma gewesen bevor Udo eingeschult worden war. Angeblich war sie immer schon die rechte Hand vom alten Schlürpi.
    »Der Chef wartet schon …«, zischte sie ihm zu.
    »Ja, ich weiß ...« Udo klang etwas angewidert und ging eilenden Schrittes auf die Stiege, die sich gleich in der Mitte des Eingangsbereiches erhob, zu. Dahlke war auch noch nie sein Fall gewesen. Und in letzter Zeit hatte Udo immer öfter vermutet, dass sie sicherlich auch mit Leitner, diesem Fatzke, unter einer Decke steckte. Sprichwörtlich ganz sicher, ob dies auch in der Realität zutraf, wusste er nicht. Sicher wusste er nur, dass es die Dahlke war, die dem HTL-Leitner immer dabei half sich bei den Richtigen einzuschleimen. Das genügte, um sie nicht zu mögen! Und da Leitner kein Kostverächter war, war wohl auch das Zweite im Bereich des Möglichen. Naja, wenn man auf androgyne Dominas stand.
    Als er das Ende der Stiege und somit das Obergeschoß erreicht hatte, sah er auch schon die gepolsterte Tür des Besprechungsraums vor sich. Er überlegte kurz, ob er einfach so reingehen sollte, aber anklopfen war hier sowieso sinnlos. Der Polster auf der Türe hätte es eh geschluckt. Also öffnete Udo die Tür. Drinnen war gerade sein ›Freund‹, der Herr Ingenieur, beim Reden. Leitner stand bei einer Flipcharttafel im vorderen Teil des Raums und redete Käse. Udo wusste zwar nicht, wo Leitner vom Kontext her eben war, diese Schlussfolgerung kam ihm dennoch unausweichlich. Als Leitner den verspäteten Eindringling erblickte, verstummte er mitten im Vortrag. Er sah Udo mit einem strafenden Blick an. In etwa so, wie ein Oberlehrer einen verspäteten Volksschüler ansah. Udo bekam auf Grund der unangenehmen Situation weiche Knie. Aber zum Glück – der alte Schlürpmann rief mit einem Lächeln im Gesicht: »Ahhh der Herr Weikert gibt uns auch die Ehre.«
    Der Alte war also offensichtlich gut gelaunt. Aber als Udo sich gerade schon freuen wollte, schlugen sowohl dessen Laune als auch sein Gesichtsausdruck um. »Setzen Sie sich!«
    Dafür wanderte der erfreute Ausdruck Gepettos nun zu Leitner. Diesmal schien er wirklich echt zu sein. Leitner war dankbar für die Attacke des Chefs und zeitgleich realisierte er, dass sich Udo wohl selbst mal wieder ins taktische Aus befördert hatte. Er konnte sich heute die Drecksarbeit wahrscheinlich sogar sparen.
    Udo tat, wie ihm geheißen und setzte sich auf den einzigen freien Stuhl, vor dem auch noch ein leeres Mineralwasserglas plus dazugehöriger Flasche stand. Schließlich sollte es ihn nicht dürsten.
    Flaschen gab es genug in dieser Firma.
    Als er saß, wanderte sein Blick durch die Runde. Mit mulmigem Gefühl realisierte er, dass beinahe alle Teilnehmer der Sitzung Leitner fasziniert an den Lippen hingen. Einzig und allein die drei Außendienst-Kollegen vom Vertrieb waren mehr mit ihren Smartphones beschäftigt, als nur annähernd daran zu denken zuzuhören. Auf Grund ihrer seltenen Anwesenheit kannte er diese drei gar nicht beim Namen. Auch wenn es unsinnig war, aber die Tatsache, dass sie Leitner nicht zuhörten, machte sie zeitgleich und augenblicklich sympathisch für Udo.
    So einfach konnte die Welt sein. Schwarz-Weiß.
    Leitner fuhr in seiner Rede fort. »Und deshalb ist es sicher besser für die Firma, wenn wir ab sofort weniger produzieren. Ich meine, dass wir die erzeugten Stück je Produktionsschicht reduzieren. Wir können damit die Lagerkosten mehr als halbieren. Die Umsätze sind in den letzten Monaten leicht zurückgegangen und gerade in den kommenden Wintermonaten ist sicherlich mit keinem Plus zu rechnen. Außerdem würden wir unnötig Kapital binden. Die Leute trinken zu dieser Jahreszeit leider lieber Glühwein und Punsch als Schlürpmanns Sprudelwater oder Schlürpmanns Zuckerbärli-Drink. Ich habe daher mit Herrn Rettis ...«
    Leitner deutete mit dem verschlossenen Flipchartstift in die Richtung eines gepflegten Mittvierzigers, der direkt neben dem Alten saß.
    »..das genau durchgerechnet und wir sind auf Grund der Lagerumschlagshäufigkeit, den zu prognostizierenden Umsatzzahlen und der Tatsache, dass zwei der derzeit genutzten Lagerhallen nur angemietet sind, zu dem Schluss gekommen, dass es sinnvoll wäre die Produktion zurückzufahren, um die Lagerhaltung zu minimieren. In der weiteren Folge würden wir, erst einmal testweise, bis mindestens Mai des kommenden Jahres nur mehr die halben Tranchen in der Produktion fahren. So könnten wir

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