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Tablettenfee

Tablettenfee

Titel: Tablettenfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter K. Kubicza
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die angemieteten Lagerhallen freigeben, sobald wir sehen, dass der Weg stimmt.«
    ›Kompletter Schwachsinn‹, dachte Udo in bester Niki Lauda-Manier. Seiner Meinung nach wurde das nur mehr durch die Umbenennung von Schlürpmanns Sprudelwasser in Sprudelwater getoppt. Aber Schreck – Nein! Sah er recht? Der alte Schlürpmann nickte wohlwollend und machte sich scheinbar Notizen auf dem Block.
    War das wirklich ein Nicken? Hoffentlich nicht. Was nun? Während Udo noch überlegte, beugte sich der alte Schlürpmann zu dem Mittvierziger Rettis neben ihm und flüsterte ihm offensichtlich eine Frage ins Ohr. Dieser begann sofort wild und bejahend zu nicken, fast als hätte er plötzlich einen Parkinson-Anfall bekommen. Und wieder notierte sich der alte Schlürpi etwas. Nein! Udo schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass der Alte sich am Block nur notiert hatte: ›Leitner ist ein dummer Schwachkopf und Dummschwätzer. Ich muss ihn bei Gelegenheit feuern.‹ Oder wenigstens: ›Brot, Milch, Bananen und Butter kaufen nicht vergessen‹. Aber bitte bloß nicht Ansätze oder womöglich sogar Lob zur schwachsinnigen Idee vom Leitner. Udo hoffte, dass er sich nicht umsonst reinreklamiert hatte. Er dachte an den Strauß Blumen für die Unek, die zweite Tippse vom alten Schlürpi und an die Flasche Whiskey für Hammler, den Werksleiter.
    Es war nicht billig gewesen all die nötigen Empfehlungen zu bekommen. Egal, dass war es ihm wert. Es ging auch gar nicht um eine krankhafte Rivalität mit dem HTL-Leitner, nein gar nicht. In dieser Hinsicht war Udo Idealist und wenn man ihm in dieser Sache etwas vorwerfen wollte, dann maximal, dass er sich stets so benahm, als wenn diese Firma ihm gehörte. Er dachte und handelte als Kaufmann. Natürlich hatte es ihn vergangenes Jahr dann umso mehr gefreut, dass die ultrageile Karibikreise für zwei Personen – der Benefit, den die Firma im vergangenen Jahr gesponsert hatte – an Herrn Supertoll-HTL-Leitner gegangen war, für die innovativste Idee.
Der Klassiker.
    »Sooo ...«, sprach der alte Josef Schlürpmann und blickte in die Richtung von Udo. Recht unmissverständlich mit der Aufforderung, nun seinen Beitrag zu leisten.
    »Sie haben, wenn ich recht informiert bin, noch weitere Vorschläge zur Idee der beiden Kollegen?« Udo wurde es heiß. Seine Kehle schnürte sich zu.
    »Nein, … äh ... nicht direkt«, stammelte er. Unglücklicherweise wurde ihm in diesem Moment bewusst, dass er in wenigen Sekunden nicht nur weiterhin den ollen Leitner am Arsch hatte, sondern dass auch dieser Rettis wohl kaum erfreut sein dürfte. Egal! Es ging um die Zukunft der Firma. Um die Zukunft von Schlürpmanns Sprudelwater. Udo wollte, dass ›seine‹ Firma weiterhin erfolgreich war. Schließlich wollte er hier auch weiterhin arbeiten. Wenn schon alle anderen Firmen immer nur ›Krise!‹ riefen, so sollte zumindest Schlürpmanns Bestand haben und ihm und seinen Kollegen einen sicheren Arbeitsplatz bieten.
    Udo gab sich den nötigen Ruck. Er stand auf, ging in Richtung Flipchart und drehte das Flipchartboard ruckartig um hundertachtzig Grad. Nunmehr blickte nur noch die wenig entzückende Rückseite in Richtung der Sitzungsteilnehmer. Udo stützte sich auf das Board und setzte an: »Mein Vorschlag ist es, diese Idee nicht umzusetzen!«
    Der Satz schlug ein wie der Blitz. Udo blickte in die Reihe der Auditoren und bemerkte mit Verwunderung, dass alle drei Smartphones der Herren vom Außendienst entweder gleichzeitig den Geist aufgegeben hatten oder aber er es geschafft hatte, sogar die Herren vom Verkauf aufzuschrecken. Naja, meist wurde hier ja auch nur der Bauch gepinselt und Honig um die Münder geschmiert. Er konnte sich schon recht gut vorstellen, dass es eher selten geschah, dass hier Tacheles geredet wurde. Blick zu Leitner, welcher ihn seiner Vermutung nach sicher schon seit zehn Sekunden mit den Augen tötete. Bingo! Wobei töten eine Untertreibung war. Warum fiel ihm jetzt die Hausmeisterin ein?
    Aber auch die anderen Blicke waren eine Mischung aus Verwirrung und Verweigerung gegenüber dem Revoluzzer.
    Wo war sein Che Guevara-Leibchen? Udo Weikert, der Anführer des ersten Schlürpmanns Sprudelwater-Aufstandes.
    Sein Tagtraum wich, als ein Stuhl so ruckartig nach hinten geschoben wurde, dass dieser nach kurzem Taumeln mit einem lauten Knall zu Boden fiel. Leitner stand da und brüllte, dass sich seine Stimme sogar überschlug. »Das ist ja wohl die Oberfrechheit! Was bilden Sie sich eigentlich ein?

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