Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taeter wie wir

Taeter wie wir

Titel: Taeter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Fupz Aakeson
Vom Netzwerk:
trugen vorn den Sarg, seine Mutter und seine Schwester waren in der Mitte, Henks Vater und einer, den wir nicht kannten, trugen hinten, wahrscheinlich war das ein Onkel oder so.
    Draußen hielt der Leichenwagen mit offener Heckklappe und sie schoben den Sarg da auf solche Schienen. Dann klappten sie die Türen zu und fuhren los, Mikkels Mutter weinte jetzt total. Sein Vater kam rüber und gab uns die Hand, die Mädchen umarmte er. Hinterher sagte eine, die Annette Marcussen hieß, dass er eklig war, der Vater, er war abgehauen, als Mikkel noch klein war, hatte nie mit ihm zusammen gelebt und war nur darauf aus, junge Mädchen zu umarmen, aber dann war Henk wieder da, er zeigte auf Annette und sagte, sie solle aufhören. Und da hörte sie auch auf.
    Mikkels Mutter machte nichts, sie hatte uns wahrscheinlich gar nicht gesehen, sie hatte anderes, an das sie denken musste. Die Pfarrerin redete mit ihr, sie waren ein Stück zur Seite gegangen,Mikkels Mutter stand da, guckte auf ihre Hände, die Pfarrerin hielt sie an den Schultern und sprach ihr ins Ohr, es wehte und die Pfarrerin hielt mit der anderen Hand vorsichtig ihr Haar zurück. Es stimmte schon, was Niko geflüstert hatte, sie war ziemlich scharf. Aber so konnte man ja nicht reden, nicht, wo es doch Henks Cousin war und die Leute da herumstanden und weinten und alles.
    Miriams Mutter starb an Krebs, als wir noch klein waren. Wir gingen in die erste oder zweite Klasse, als das passierte, das war, bevor wir Janne bekamen, damals hieß unserer Lehrerin noch Ulla und sie kam in die Klasse und hatte geweint. Miriam war nicht da, sie hatte schon viele Tage gefehlt und wir wussten alle genau, dass mit ihrer Mutter etwas nicht stimmte.
    Ullas Hände zitterten, als sie sagte: »Wir müssen über etwas reden. Miriams Mutter hat eine schwere Krankheit gehabt. Sie hat lange Zeit Krebs gehabt, aber jetzt hat sie endlich ihren Frieden gefunden.«
    Sie saßen da und starrten sie an, viele von uns kapierten überhaupt nicht, was das bedeuten sollte. Und es war natürlich Niko, der damit herausplatzte.
    »Wie schön«, sagte Niko.
    »Was soll das bedeuten, Nikolaj?« Ulla war vollkommen empört und erschüttert gleichzeitig.
    »Was?«, fragte Niko.
    »Stehst du bitte auf und verlässt augenblicklich die Klasse?«, schrie Ulla.
    »Ich?«, fragte Niko.
    »Ja, du, Nikolaj, und zwar sofort!«
    »Okay«, sagte Niko, er war es gewohnt, wegen aller möglichen Dinge Ärger zu kriegen, schon damals, für Dinge, die er getan hatte, aber auch für Sachen, mit denen er gar nichts zu tun hatte, er war so einer, der es immer abkriegte.
    »Und jetzt gehst du und setzt dich ins Büro des Rektors. Ich komme gleich und rede mit dir, wenn die Stunde vorbei ist.«
    »Okay«, sagte Niko und ging hinaus.
    Ulla stand zitternd da und schaute uns an, als wären wir alle wahnsinnig geworden. Als wartete sie nur darauf, dass wir etwas Hässliches sagten, damit sie uns auch ins Büro schicken konnte.
    Dann beruhigte sie sich ein wenig und sagte: »Gibt es jemanden, der etwas fragen möchte?«
    »Ist sie denn wieder gesund?«, fragte Benji.
    »Wie meinst du das, Benjamin?«
    »Na, wenn sie ihren Frieden vor der Krankheit gefunden hat?«
    »Oh«, sagte Ulla da. »Oh nein, natürlich nicht.«
    Wir saßen reglos da und Ulla sah irritiert aus.
    Sie sagte: »Einen Augenblick.«
    Und dann ging sie raus und blieb hundert Jahre weg. Sie ging natürlich ins Büro des Rektors und kam mit Niko zurück. Sie hatte ihm eine Hand auf den Nacken gelegt und redete ganz freundlich.
    »Setz dich nur hin, Nikolaj«, sagte sie lächelnd, jetzt war sie wirklich zuckersüß. Dann erzählte sie uns, was es bedeutete, seinen Frieden gefunden zu haben, über den Tod und über die Krankheit und dass wir ganz, ganz lieb zu Miriam sein sollten, dass Miriam es sehr, sehr lange Zeit schwer haben würde.
    Niko war äußerst zufrieden, in der Pause standen wir alle um ihn herum, er hatte von Ulla Karamellbonbons bekommen, als sie ihn geholt hatte, braune und welche mit Lakritz. »Und sie hat zehn Mal Entschuldigung gesagt, Entschuldigung, Entschuldigung.«
    Wenn Miriam richtig blau war, fing sie häufig an, davon zu erzählen, also von den Dingen, an die sie sich noch erinnerte. Und das war eigentlich nicht so viel.
    »Die Tabletten, ich kann mich an all die Tabletten erinnern, die waren weiß, aber da waren auch rote und gelbe Pillen, mein Vater sagt, sie hat vierzig Tabletten am Tag geschluckt.«
    »Aha«, sagten wir. Man konnte nicht so

Weitere Kostenlose Bücher