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Taeter wie wir

Taeter wie wir

Titel: Taeter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Fupz Aakeson
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nicht total geschockt. Als Mikkel zwölf war, versuchte er, die Margretheschule anzuzünden, er fackelte aber nur einen der Fahrradschuppen ab. Immerhin. Als er vierzehn war, rannte er im Gymnasium herum und leerte die Taschen der Mäntel und Jacken, die auf den Fluren hingen, unter anderem bekam er eine Kreditkarte in die Finger, die versuchte er den Idioten aus dem Munken zu verkaufen.
    Als wir in der Pokalrunde den FCK zogen, war Mikkel mit bei der Giga-Prügelei nach dem Kampf, da war er immer noch vierzehn und schlug einem Erwachsenen mit einem Stück Wasserrohrleitung über den Schädel. Er ging ein und aus in den verschiedenen Institutionen und war auch eine Zeit lang bei einer Pflegefamilie, als er sechzehn war, schnappte er sich das Auto seines großen Bruders und fuhr damit herum, dabei er hatte garantiert nie einen Führerschein. Seine Mutter hatte ihn einfach nicht im Griff. Das hatte niemand. Wir konnten ihn gut leiden, manchmal ließ er sich herab, mit uns zu reden.
    Mikkel fuhr gegen einen Baum am Straßenrand, Karsten Iversen saß mit im Auto, aber er war besoffen und hatte keine Ahnung, was da passierte.
    »Ich bin hinterher nur aufgewacht«, sagte er uns, Karsten Iversen.
    »Was redest du da, nur aufgewacht?«, wir fanden schon, dass das merkwürdig klang.
    »Ich bin aufgewacht und da war der Wagen Schrott. Ich konnte mich nicht bewegen und Mikkel war durch die Windschutzscheibe geflogen. So war das. Ich bin einfach nur aufgewacht und dann saß ich da. Und so einen Eisengeschmack hatte ich im Mund.«
    »Eisen?« Wir mussten fast lachen, manchmal konnte man schon denken, dass Karsten Iversenetwas hohl in der Birne war. Einmal wurde er stadtberühmt, weil er eines Nachts mit seinem Auto an eine Benzinzapfsäule vor dem Superbrugsen gefahren war. Dann wollte er zurücksetzen, aber dabei fuhr er in die Glastüren und sah dann zu, dass er wegkam, aber sie hatten ihn ja auf der Überwachungskamera, das Kennzeichen und alles, es gab ein Foto von dem Auto in der Zeitung, die machten sich über ihn lustig, unter dem Foto stand: Wie dumm darf man sein?
    Und später waren dann diese Einbrüche.
    Zuerst hatte er einen Bruch im Havecenteret gemacht. Also, das war eine Baumschule. Da war kein Geld zu holen, aber stattdessen hatte er einige Kisten mit Kräuterpflanzen und so mitgenommen. Die hatte er seiner Mutter geschenkt und sie hatte sich so gefreut, dass er am nächsten Abend wieder dort raus und eingestiegen ist. Dann stahl er einen Pflaumenbaum, den er hinten auf seinem Scooter festband. Über den freute seine Mutter sich auch sehr. Sie hatte einen ziemlich heruntergekommenen Garten, nur so einen kleinen.
    Dann fuhr er den dritten Abend nacheinander dort hinaus, aber die von der Baumschule waren ja nicht blöd, also warteten sie auf ihn und verpassten ihm eine gehörige Tracht Prügel. Dabei schlugen sie ihm beide Vorderzähne aus.
    »Ehrlich gesagt«, erklärte er, »ich hätte meinerMutter noch gern einen Kirschbaum geschenkt, Kirschen sind doch so leckere Früchte.«
    Nun ja. Mikkel starb, aber Karsten Iversen überlebte. In der Kirche setzten wir uns ganz hinten hin, wir gehörten ja nicht zur Familie. Zuerst standen wir draußen, Nana hatte Blumen gekauft, sie war mit ihm in eine Klasse gegangen, aber die Blumen, die waren von uns allen, wir hatten alle zusammengelegt. Nana legte unsere Blumen oben auf den Sarg. Und dann setzten wir uns ganz hinten hin, damit die Familie vorne Platz hatte. Nana saß mit ein paar Leuten aus ihrer alten Klasse zusammen.
    Als Pfarrer kam eine Frau, sie hatte eine irritierende Stimme, etwas laut und einfach nervig. Sie sagte einiges über Mikkel, das war ganz okay, dass er voller Energie gewesen war und einen großen Appetit aufs Leben gehabt hatte, das war ja schon richtig. Mikkel hatte immer was am Laufen mit irgendeinem Mädchen gehabt und er war immer dabei gewesen, wenn etwas passierte.
    Mitten in dem Ganzen beugte Niko sich vor und flüsterte: »Ist die nicht scharf?«
    Wir verzogen das Gesicht, was meinte er?
    »Na, die Pfarrerin«, flüsterte er. »Die ist doch scharf.«
    Es war Henk, der Niko eins auf den Kopf gab, und zwar so kräftig, dass selbst Niko kapierenmusste, dass man so etwas verdammt noch mal nicht bei einer Beerdigung sagte. Und Niko sagte auch nichts mehr, er hielt die Schnauze. Wir kannten die Kirchenlieder nicht, die gesungen werden sollten, also bewegten wir nur unseren Mund und schauten in die Bücher.
    Mikkels großer Bruder und sein Vater

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