Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
Treppe vor dem Eingang herum. Dann lösten sich zwei Jungen aus der Gruppe und gingen die Straße hinunter.
    Decker richtete sich abrupt auf. »Das ist der Junge.« Er ließ den Motor an. »Wo, zum Teufel, gehen die hin?«
    Rina sah auf ihre Uhr. Halb drei. »Eigentlich sollten die nirgendwo hingehen. Kinder in diesem Alter dürfen das Schulgelände nicht verlassen.«
    »Dann stimmt was nicht«, sagte Decker. »Laß die Jungs nicht aus den Augen.«
    Decker reihte sich mit dem Volare in den fließenden Verkehr ein. In einem Punkt hatte Eli nicht gelogen. Er war mit seinem Begleiter nur wenige Minuten gegangen, dann bogen sie in einen Gehweg nur ein paar Blocks von der Schule entfernt ein. Decker machte eine weitere unerlaubte Wende, parkte vor dem Eingang und sprang aus dem Auto. Er steckte Mittel- und Zeigefinger in den Mund und ließ einen Pfiff aus, den man noch einen Block weiter hören konnte. Die Jungen drehten sich um. Decker lief den Gehweg hinauf.
    Elis Begleiter war kleiner und kräftiger. Er hatte regelmäßige Gesichtszüge, doch Stirn und Wangen waren voller kleiner roter Pickel. Er war nicht im Studiersaal gewesen, als Decker mit den Schülern gesprochen hatte – vielleicht war er eine Klasse über oder unter Eli. Er sah Decker an und fragte nervös, was er wolle.
    »Warum erklärst du deinem Kumpel nicht, wer ich bin, Eli?« sagte Decker.
    Der Freund sah Eli an, der auf seine Füße starrte.
    Einen Augenblick sagte niemand etwas.
    Schließlich sagte der Freund: »Was geht hier vor, Eli?«
    Eli blieb stumm.
    »Was ist los, mein Junge?« sagte Decker. »Brauchst du erst einen Anwalt, bevor wir miteinander reden können?«
    »Ich kann hier nicht mit Ihnen reden«, murmelte Eli.
    »Wo denn dann?«
    »Kommen Sie morgen wieder …«
    »Nein«, sagte Decker.
    »Sie wissen ja nicht …« Eli schüttelte den Kopf. »Ich kann jetzt nicht klar denken. Ich hab’s eilig.«
    »Ich mach ganz schnell.« Decker zeigte auf den Volare. »Möchtest du im Auto reden?«
    »Eli, wer ist dieser Mann?« fragte der Freund und musterte Decker unverfroren von oben bis unten. »Er fährt nirgendwo mit Ihnen hin.«
    Alle Achtung vor dem Mut dieses Jungen, dachte Decker. Er hatte zwar Angst, zitterte sogar etwas, aber er tat genau das, was man tun sollte, wenn jemand, den man nicht kannte, was von einem wollte. Den Mund aufmachen.
    »Shai, er ist ein Cop«, sagte Eli.
    »Wenn du hier draußen vor aller Welt reden willst«, sagte Decker, »dann ist das deine Sache.«
    »Ich hab nur noch zehn Minuten Pause«, flehte Eli. »Wenn ich wieder zu spät komme, muß ich zum Schulleiter.«
    »Wie wär’s denn nach der Schule?« schlug Decker vor.
    »Dann sind meine Schwestern zu Hause«, sagte Eli. »Bitte. Können wir uns nicht morgen früh treffen …«
    »So lange kann ich nicht warten«, sagte Decker. »Was weißt du über Hersh?«
    Shai holte unwillkürlich Luft. Decker sah ihn an.
    »Der Name sagt dir also auch was?«
    »Wej is mir«, sagte Shai. »Hier können wir nicht reden. Zu viele Leute. Lassen Sie uns reingehen.«
    Eli schien wie gelähmt. Shai schob ihn zu einer Wohnung im Erdgeschoß. Eli nahm den Schlüssel heraus und schloß auf.
    Das Wohnzimmer war makellos sauber. Es enthielt eine Couchgarnitur aus weißem Velours. Rechts war das Eßzimmer. Decker schlug vor, daß sie sich an den Tisch setzen und reden sollten.
    Als alle saßen sagte er: »Ihr kennt diesen Hersh, Jungs. Also macht mir nichts vor. Okay?«
    Eli sah Shai an, Shai sah Eli an. Beide nickten.
    »Wie heißt Hersh mit Nachnamen?« fragte Decker.
    Seine Frage stieß auf Schweigen. Schließlich sagte Eli: »Ich weiß nicht …«
    »Lüg mich nicht an, mein Junge«, fiel Decker ihm ins Wort.
    »Ich schwöre, ich weiß es nicht genau.« Eli war ganz rot geworden. »Ich glaube Schwartz oder Shartz oder Shatz. Irgend so was.«
    Obwohl Decker sich nichts anmerken ließ, jubilierte er innerlich. »Woher kennst du ihn?«
    »Er hängt irgendwie in der Nähe der Schule herum …«
    »Du lügst schon wieder«, unterbrach ihn Decker. Er nahm seine Jarmulke ab und steckte sie wieder fest. »Jetzt werd ich wirklich sauer. Die anderen Jungen in deiner Klasse kennen ihn nicht, also kann er nicht in der Nähe der Schule herumhängen.« Er sah Eli durchdringend an. »Ich frag dich jetzt noch einmal. Woher kennst du Hersh?«
    Eli wandte den Blick ab. Dann begrub er sein Gesicht in den Händen.
    Plötzlich ging Decker ein Licht auf. Der Junge hatte überhaupt keine dunklen Augen. Er

Weitere Kostenlose Bücher