Tag der geschlossenen Tür
erregerfrei und womöglich vollkommen gesund.
Demoralisiert wanke ich durch die sonnenüberfluteten Straßen nach Hause.
Die Sonnenfinsternis der Berühmten
Am Kreuzfahrtterminal hat ein großes, neues Schiff festgemacht. Die Celebrity Eclipse ist ein weiteres strahlendes Juwel der Celebrity-Cruises-Flotte, ein Kreuzfahrtschiff der Extraklasse, das vor Kurzem in der Meyer Werft in Papenburg fertiggestellt wurde. Luxus pur erstreckt sich auf 11 Decks, über 315 Meter Länge und 37 Meter Breite und in über 1425 Kabinen. 2850 Gästen wird in Zukunft die Möglichkeit geboten, die schönste Zeit ihres Lebens an Bord dieses Schiffes zu verbringen. Die Außenfassade besteht aus Hunderten offener Balkone mit Freesightview, auf denen jeweils eine Relaxunit und ein an die Reling montiertes vollautomatisches Maschinengewehr der Klasse MG3 mit 15-mm-Geschossen für die Reisenden bereitstehen. So sind beim Einlaufen in den Zielhafen direkte Angriffe auf die einheimische Bevölkerung möglich, die Schussgenauigkeit liegt pro Geschütz bei etwa 200 Metern mit hoher Durchschlagskraft, dadurch sind selbst für mitreisende Kinder erste Angriffserfolge so gut wie sicher. Auf dem Oberdeck lädt der Lawn Club mit echtem Rasen auf über 2000 qm zum Golf- oder Bocciaspielen ein. Dort stehen acht große Zwillingsflak-Geschütze, mit denen die Reisenden der ersten Klasse unter kompetenter Anleitung eines Militärmaats spontan Angriffe auf größere Objekte wie beispielsweise den Tower oder den Rathausturm des Zielhafens vornehmen können. Die 35-mm-Annäherungszündergeschosse gehören in den Bereich der Explosivmunition und versprechen ein prickelndes Sportvergnügen bei größtmöglicher Zerstörung. Für die 4 Premiumkabinen am Bug der Celebrity Eclipse gibt es schließlich ein eigenes Sonar und Torpedoauswurfschächte und damit die Gelegenheit, auch ortsansässige Fischkutter oder kleinere Fähren anzugreifen und zu vernichten. Für die Touristen der Economy Class besteht außerdem die Möglichkeit, mit den zu jeder Kabinenausstattung gehörenden Macheten und Faustfeuerwaffen (in der Regel Walter P 38) den Zielhafen zu Fuß zu stürmen. Um den dabei erbeuteten Besitz an Bord zu transportieren, greifen ihnen die Boyscouts der Celebrity Eclipse gerne unter die Arme. Für jeden Passagier stehen zudem zwei Quadratmeter Enterraum zur Verfügung.
Selbstverständlich ist eine Kreuzfahrt auf einem Schiff der Celebrity-Klasse kein Billigurlaub, aber das breite Erlebnisspektrum wird sich in ihrem Leben mit einem bleibenden Eindruck festscheißen.
Das Kolumnieren bringt mir, ehrlich gesagt, keinen Spaß mehr. Hat es nie, aber jetzt überhaupt nicht mehr. Gerade der letzte Satz fungiert als Sendbote meiner Unlust. Was soll man denn zu all dem Welt- und Alltagsgeschehen noch hinzufügen, was nicht schon geschehen und dadurch in seiner Ungeheuerlichkeit unübertroffen wäre? Jede Satire ist überflüssig, die Welt ist so mies, die Menschheit so kaputt, dass dem Ganzen eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist. Alle Grenzen sind überschritten, jede Boshaftigkeit, jede Stumpfheit und Abartigkeit wird zelebriert, als ginge es darum, den Bodensatz des Schlechten bis auf den letzten Partikel zu durchwühlen und unbedingt mit ihm in Berührung zu geraten. Kultur und Moral liegen wie ein filigraner, durchsichtiger Schleier, wie eine hauchdünne Milchhaut über der rohen, zuckenden Masse des Biestes Mensch, ein Windhauch genügt, um sie davonzublasen und das Vieh zum Vorschein zu bringen.
Ein Blick in die Zeitschriften reicht aus, um den Geist zu übersäuern und jede Hoffnung auf einen guten Ausgang verdampfen zu lassen. Und dann als Absatz und Kontrapunkt dazu diese jämmerlichen Kolumnen. Jeder Buchstabe ein Eingeständnis der eigenen Schwäche und des Versagens. Entweder man nimmt die Waffe in die Hand und setzt sich zur Wehr, oder man verstummt für immer. Denke ich mir nach dem letzten Satz meiner Kolumne. Für immer verstummen.
Ich verschicke die Mail an Susanne und freue mich still auf ihre Antwort. Für immer verstummen.
Nach etwa einer Stunde, in der ich still und gelöst vor dem Rechner gesessen und auf den Bildschirm gestarrt habe, schwebend in einem unfokussierten Nichts, ertönt ein Signal. Ich habe kraft meiner Gedanken eine Reaktion bei Susanne evoziert. Das erste Mal, dass mir derartige Übertragungsschwingungen gelingen. Man muss die Hoffnung aus dem Signal extrahieren, dann erst dringt die Information zum Adressaten
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