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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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hinreißen lassen. Um die Medien zu manipulieren, brauchte man besonderes Talent, das ihr nicht gegeben war. Außerdem hatte ihr Vater schon, als sie noch klein war, zu ihr gesagt: »Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.«
    »Ich schlage vor, dass Sie sich mit Ihren Fragen an die Pressestelle des Justizministeriums wenden«, hatte sie Dori Engel abgefertigt, so lautete ihr Standardsatz, doch er hatte sich nicht abwimmeln lassen. Er hatte sich an ihre Fersen geheftet, sie zurechtgewiesen, dass sie sich für ihre Vorgehensweise schämen müsse. Wegen ihr sei ein Unschuldiger verurteilt worden, und in jedem funktionierenden Staat hätte ihr die Staatsanwaltschaft längst gekündigt.
    Sie war zügig gelaufen und nicht auf seine Bemerkungen eingegangen, doch er hatte nicht aufgegeben, hatte sie beleidigt und an den Pranger gestellt. Irgendwann, als sie es nicht länger ertrug, drehte sie sich abrupt um und schrie ihn an, er solle sie in Ruhe lassen und zwar sofort.
    Die Leute auf dem Gang des Gerichtsgebäudes wandten verwundert ihre Köpfe, und er selbst schien über ihren Ausbruch so entsetzt, dass er verstummt war.
    Wie immer bereute sie es auf der Stelle, die Beherrschung verloren zu haben. Schließlich gehörte sie nicht zu denen, die aus allem ein Drama machten.
    Bevor sie sich hatte entschuldigen können, war er jedoch näher an sie herangetreten und hatte ihr zugeraunt: »Das wird Ihnen noch leidtun. Am Freitag erscheint ein Artikel, der dafür sorgen wird, dass Sie diesen Auftritt bereuen, Frau Staatsanwältin.«

58
    David Meschulam musste sich am Riemen reißen, um nicht loszuheulen. Ihm, der nie geweint hatte, der jeden verachtete, der neben ihm eine Träne vergoss, war nach Weinen zumute.
    Auf der Fahrt hierher hatte er noch gehofft, etwas an der Sache drehen zu können, irgendein Zwischenfall käme ihm sicher zu Hilfe. Als er Faros missachtenden Blick gesehen hatte, dessen er sich bediente, wenn er jemanden abstrafen wollte, hatte er begriffen, dass er auf verlorenem Posten war. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass er ihn beachtete – noch nicht einmal, dass er ihm verzieh, es hätte ihm schon genügt, wenn er ihn bloß zur Kenntnis nehmen, ihm ein Wort zuwerfen würde, doch nein. Faro zischte nur: »Bei so vielen Verletzten komme ich mir ja vor wie ein Arzt.« Er hatte nicht verstanden, was es damit auf sich hatte.
    Er hatte ihn um fünf Minuten Zwiegespräch gebeten, damit er sich entschuldigen könne; er wollte ihm erklären, weshalb er so gehandelt hatte, ihn davon überzeugen, dass er lautere Absichten verfolgt hatte, auch wenn es einen anderen Eindruck machte; ihm sagen, dass er alles ihm zuliebe getan habe, weil er meinte, es sei in seinem Sinne, doch Faro behandelte ihn wie Luft.
    Die herzliche Begrüßung, der Arm, den er einem um die Schulter legte, und sein vertrautes »Wie geht’s?« gehörten nun Nevo. Auf der Fahrt hierher hatte er einen letzten jämmerlichen Versuch unternommen, ihn sich vom Hals zu schaffen. Wäre Nevo aus dem Wagen gestiegen, hätte er ihn unter dem Vorwand der Flucht erschossen. Doch auch daraus war nichts geworden. Dieser Hurensohn hatte unendliches Glück. Vom Rücksitz aus hatte er verfolgen können, wie sich Nevos Gesichtsausdruck während der Fahrt verändert hatte, wie die Sorge zunehmend verflogen war. Als er ihn in Schufa aus dem Raum geholt und ins Auto geworfen hatte, war er angespannt und verängstigt gewesen, hatte gedacht, sein letztes Stündlein habe geschlagen. Doch nach und nach war auch diesem Blödhammel ein Licht aufgegangen, als er mitbekommen hatte, dass sie nicht tiefer ins Westjordanland hineinfuhren, sondern zurück nach Israel, und nicht über die Seitenwege, sondern auf der Hauptstraße. Als sie in Faros Einfahrt eingebogen waren, meinte er, auf seinem Gesicht ein vages Lächeln zu erkennen. Nevo hatte verstanden, dass er gerettet war – wenn er bis jetzt davongekommen war, war die Sache ausgestanden.
    »Warum haben Sie Noam angerufen?«, wollte Faro von Nevo wissen, nachdem sie alle vier in sein Arbeitszimmer getreten waren.
    Nevo redete hastig. Ließ nichts aus: die Sprengladung, die Ermittlungen der Polizei, Me’irs Drohung. Erzählte einfach alles.
    Stillschweigend saß er da, kreidebleich, spürte, wie jeder Satz von Nevo ihn tiefer ins Desaster manövrierte. Hin und wieder versuchte er, Faros Blick einzufangen, doch vergeblich. Der saß wortlos da, war ganz Ohr.
    Was Faro auch beschließen würde, er nähme es hin. Auch wenn er

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