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Tage der Freuden

Tage der Freuden

Titel: Tage der Freuden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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aneinandergerückt, so schön auferbaut am Horizonte) und die leere Nichtigkeit der blauen Nebelhülle so schlecht ihre unbestimmten Voraussagen eingehalten haben. So wie der Alchimist, der seinen Mißerfolg stets nur den Begleitumständen und jedesmal anderen anrechnet und nie auf den Gedanken kommt, es könne der Essenz, die er gerade in Händen hat, ein unverbesserbarer Fehler anhaften, so klagen auch wir die Bösartigkeit der Begleitwelt in ihren Einzelheiten an, die Bürde, welche auf dem langersehnten Lebensglück lastet, das schlechte Wetter, die unfreundlichen Fremdenherbergen während einer Reise, sie sollen es sein, die unser Glück vergiftet haben. Wir trauen uns ganz sicher zu, die zerstörenden Ursachen aus unserem Genuß abzuscheiden, unaufhörlich rufen wir mit einem bisweilen schmollenden, aber durch eine Traumerfüllung nie zu enttäuschenden Zutrauen (das heißt soviel wie betrogen) nach der geträumten Zukunft.
    Es gibt Menschen von reifer und oft mißgestimmter Überlegung, die noch in höherem Maße als die anderen in dem Lichte der Hoffnung ihre hellste Lichtquelle sehen. Diese Menschen erkennen, ach nur zu bald, daß die Hoffnung nicht herrührt von der Erfüllung ersehnter Stunden, sondern nur aus dem überströmenden Quell des eigenen Herzens. Aber was aus diesem Herzen hervorgeht, es ist der Natur fremd, und mag es sich auch in Gießbächen nach außen ergießen, es wird nie stark genug sein, in einem kalten Herde einen Funken zu entzünden. Diese Menschen fühlen die Kraft nicht mehr in sich, das nicht Ersehnenswerte zu ersehnen, sie wollen Träume nicht verwirklichen, deren Blume augenblicklich welkt, will man sie außerhalb des eigenen Herzens pflücken. Diese melancholische Anlage ist in besonderem Maße der Liebe zugehörig, und in ihr rechtfertigt sie sich auch. Das Spiel der Phantasie kommt und geht, es läßt die Hoffnungen nicht einen Augenblick aus dem Spiel, und so schärft es bewundernswert die Spitzen der Enttäuschungen. Die unglückliche Liebe bleibt uns die Probe der glücklichen schuldig, und dadurch hindert sie uns, das Nichtige der glücklichen zu erkennen. Aber welch eine Lehre der Philosophie, welch altersweiser Rat, welcher Überdruß an allem Streben folgt jeder glücklichen Liebe und wandelt ihre Freuden in eitel Melancholie! Mein teures Kind, Sie lieben mich, woher haben Sie die Grausamkeit genommen, es mir zu sagen? Hier liegt nun vor uns dies brennende Glück erwiderter Liebe, und schon der bloße Gedanke daran macht mich schwindeln, läßt meine Zähne im Fieberfrost gegeneinanderschlagen!
    Ich zerstöre Ihre Blumen, ich verwirre Ihr Haar, ich reiße Ihren Schmuck ab, ich treffe Ihr Fleisch, meine Küsse bedecken mit Schlägen Ihren Körper, wie das Meer, das gegen den Strand schlägt. Sie selbst entschwinden mir und mit Ihnen das Glück. Man muß scheiden, allein kehre ich heim und traurig. Ich klage dies letzte Mißgeschick an, auf immer kehre ich zurück zu Ihnen. Aber das ist meine letzte Illusion gewesen, die ich zerrissen habe, und mir bleibt nichts als ewiges Unglück.
    Ich weiß nicht, wie ich den Mut gefunden habe, Ihnen dies zu sagen, denn es ist mein ganzes Lebensglück, das ich damit unweigerlich von mir werfe, oder doch mein ganzer Trost. Denn von nun an werden Ihre Augen, deren glücklicher Lebensmut mich manchmal berauscht hat, nichts mehr widerspiegeln als die trübselige Entzauberung, vor der Sie Ihre Klugheit und Ihre früheren Enttäuschungen schon im voraus gewarnt haben. Nun haben wir dieses von beiden gegenseitig gehütete Geheimnis laut ausgesprochen, daher gibt es kein Glück mehr für uns. Uns bleiben nicht einmal die leidenschaftslosen Freuden der Hoffnung. Denn auch die Hoffnung ist eine Tat des Glaubens. Sie ist leicht zu hintergehen, und dies haben wir mißbraucht. Sie ist daran gestorben. Aber nachdem wir auf den Genuß verzichtet haben, können wir nicht mehr Zauberfreuden genießen, indem wir ihn erhoffen, denn hoffen ohne Hoffnung, so weise es wäre, es ist unmöglich.
    Aber meine teure kleine Freundin, kommen Sie doch näher zu mir! Trocknen Sie Ihre Augen, um schärfer zu sehen, denn ich weiß nicht, ob ich durch meinen Tränenschleier richtig sehen kann – fast ist mir, als würden da in der Tiefe hinter uns große Feuer angezündet. Oh, meine Liebe, meine Teuerste, wie ich Sie liebe! Geben Sie mir, bitte, Ihre Hand, wir wollen uns den schönen Feuern nähern, doch nicht zu nah! Ich glaube, es ist die in sanfter Kraft

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