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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Engländer
    gleichgestellt und einige sogar untergeordnet waren.
    Seine Rechtsprechung geschah nach sehr einfachen
    Methoden. Auch für die höchste Summe verkaufte er niemals
    sein Urteil in einem Fall, denn er wußte, daß ein Richter, dessen Urteile gefälscht sind, früher oder später dabei erwischt wird.
    Sein Verfahren war viel sicherer: er ließ sich von beiden
    Parteien bestechen und entschied dann den Fall nach streng juristischen Grundsätzen. Das verschaffte ihm den nützlichen Ruf, unparteiisch zu sein. Neben seinen Einkünften von den prozeßführenden Parteien erhob U Po Kyin fortgesetzt einen Zoll, eine Art Privatsteuer von allen Dörfern, die seiner
    Gerichtsbarkeit unterstanden. Wenn ein Dorf seinen Tribut nicht zahlte, ergriff U Po Kyin Strafmaßnahmen - Räuberbanden
    überfielen das Dorf, führende Dorfbewohner wurden unter
    falschen Anklagen verhaftet und so fort -, und die Summe wurde immer binnen kurzem bezahlt. Er erhielt auch einen Anteil am Erlös aller größeren Raubzüge, die im Distrikt verübt wurden.
    Fast alle diese Tatsachen waren natürlich jedermann bekannt mit Ausnahme von U Po Kyins dienstlichen Vorgesetzten (kein
    britischer Beamter wird je etwas glauben, was gegen seine
    eigenen Leute spricht), aber die Versuche, ihn zu entlarven, schlugen ausnahmslos fehl; seine Helfershelfer, die ihm wegen ihres Anteils an der Beute die Treue hielten, waren zu zahlreich.
    Wenn eine Anklage gegen U Po Kyin vorgebracht wurde, ließ er sie einfach von einer Anzahl hergerichteter Zeugen entkräften und antwortete mit Gegenklagen, die seine Position nur noch stärkten. Er war so gut wie unangreifbar, denn er war ein zu guter Menschenkenner, um sich je falscher Werkzeuge zu
    bedienen, und außerdem von seinem Ränkespiel derart
    absorbiert, daß weder Leichtsinn noch Unwissenheit zu einem Fehlgriff führen konnte. Man konnte so gut wie sicher sagen, daß ihm niemand auf seine Schliche kommen und er von Erfolg
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    zu Erfolg schreiten und schließlich hoch in Ehren und mehrere hunderttausend Rupien schwer sterben würde.
    Und auch über das Grab hinaus würde sein Erfolg erhalten
    bleiben. Nach buddhistischem Glauben werden diejenigen, die im Leben Böses getan haben, als Ratte, Frosch oder sonst ein niederes Tier wieder verkörpert. U Po Kyin war ein guter
    Buddhist und gedachte sich gegen diese Gefahr abzusichern. Er würde seine letzten Jahre auf gute Werke verwenden, die ihm einen Haufen Verdienste einbringen würden, der sein ganzes übriges Leben aufwog. Diese guten Werke würden
    wahrscheinlich in der Errichtung von Pagoden bestehen. Vier Pagoden, fünf, sechs, sieben - die Priester würden ihm sagen, wie viele, mit kunstvoller Steinmetzarbeit, vergoldeten
    Sonnenschirmen und Glöckchen, die im Winde klingelten, jedes Klingeln ein Gebet. Und er würde als Mensch wieder auf die Erde kommen, und zwar als Mann - denn eine Frau steht
    ungefähr auf derselben Stufe mit einer Ratte oder einem Frosch
    - oder bestenfalls mit einem würdigeren Tier, z. B. einem
    Elefanten.
    All diese Gedanken flogen U Po Kyin hurtig durch den Kopf, größtenteils in Bildern. Sein Denkapparat war schlau, aber ganz barbarisch und vermochte ausschließlich auf ein bestimmtes Ziel hin zu arbeiten; reine Meditation lag außerhalb seines
    Horizontes. Jetzt hatte er den Punkt erreicht, auf den seine Gedanken abzielten. Er legte seine ziemlich kleinen, dreieckigen Hände auf die Armlehnen seines Sessels, wandte sich ein wenig um und rief leicht schnaufend:
    »Ba Taik! Heh, Ba Taik!«
    U Po Kyins Diener Ba Taik trat durch den Perlenvorhang auf die Veranda. Er war sehr klein, und sein pockennarbiges Gesicht hatte einen schüchternen, etwas hungrigen Ausdruck. U Po Kyin zahlte ihm keinen Lohn, denn er hatte wegen Diebstahls im
    Gefängnis gesessen, und ein Wort hätte genügt, ihn wieder dorthin zu bringen. Während Ba Taik sich seinem Herrn näherte,
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    verbeugte er sich so tief, daß man den Eindruck hatte, er ginge rückwärts.
    »Heiligster Gott?« fragte er.
    »Wartet jemand auf mich, Ba Taik?«
    Ba Taik zählte die Wartenden an den Fingern auf: »Da ist der Dorfälteste aus Thitpingyi mit Geschenken, Euer Ehren, und zwei Bauern mit einer Klage wegen Überfall, die sie bei Euer Ehren vorbringen wollen, auch sie mit Geschenken. Ko Ba Sein, der Oberschreiber aus dem Bü ro des amtierenden Kommissars, wünscht Sie zu sehen, und außerdem der Polizist Ali Shah und ein Bandit, dessen Namen ich nicht weiß. Ich glaube, sie

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