Tage in Burma
wird er alles in seiner Macht tun, um meinen Namen damit in Verbindung zu bringen. Und ich sage Ihnen, daß der leiseste Zweifel an meiner Loyalität mein Untergang sein
könnte, ja, mein Untergang! Wenn der Verdacht aufkommen
sollte, daß ich auch nur mit diesem Aufstand sympathisiere, das wäre mein Ende.«
»Aber verdammt nochmal, das ist doch lächerlich! Bestimmt
können Sie sich doch irgendwie verteidigen?«
»Wie kann ich mich verteidigen, wenn ich nichts beweisen
kann? Ich weiß, daß all das stimmt, aber was nützt mir das?
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Wenn ich eine öffentliche Untersuchung beantrage, würde U Po Kyin für jeden Zeugen fünfzig beibringen. Sie wissen nicht, welchen Einfluß dieser Mann im Distrikt hat. Niemand wagt
etwas gegen ihn zu sagen.«
»Aber warum müssen Sie irgendwas beweisen? Warum gehen
Sie nicht zum alten Macgregor und erzählen ihm die Sache? Er ist auf seine Art ein sehr gerechter alter Bursche. Er würde Sie anhören.«
»Zwecklos, zwecklos. Sie haben nicht die Mentalität eines
Intriganten, Mr. Flory. Qui s’excuse s’accuse, ist es nicht so? Es lohnt sich nicht, ein Geschrei zu machen, daß es eine
Verschwörung gegen einen gibt.«
»Aber was wollen Sie dann tun?«
»Ich kann nichts tun. Ich muß einfach warten und hoffen, daß mein Prestige mich durchbringt. In solchen Affären, wo der Ruf eines eingeborenen Beamten auf dem Spiel steht, ist es nicht eine Frage von Beweisen, von Zeugenaussagen. Alles hängt
davon ab, wie man mit den Europäern steht. Wenn ich gut mit ihnen stehe, werden sie so etwas nicht von mir glauben; wenn schlecht, werden sie’s glauben. Prestige ist alles.«
Sie schwiegen ein Weilchen. Flory verstand sehr wohl, daß
›Prestige alles ist‹. Er war diese nebulösen Streitigkeiten gewohnt, bei denen Verdacht höher zählt als Beweis und Ruf für mehr als Zeugenaussagen. Ein Gedanke ging ihm durch den
Kopf, ein unbehaglicher, bedrückender Gedanke, der ihm vor drei Wochen nie in den Sinn gekommen wäre. Es war einer
dieser Augenblicke, wo man seine Pflicht ganz eindeutig
erkennt und auch mit dem besten Willen der Welt, sich darum zu drücken, genau weiß, daß man sie erfüllen muß. Er sagte:
»Nehmen Sie beispielsweise an, Sie würden in den Club
gewählt? Würde das Ihrem Prestige etwas nützen?«
»Wenn ich in den Club gewählt würde? O ja, allerdings! Der Club! Das ist eine unangreifbare Festung! Wenn ich da einmal
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drin wäre, würde niemand mehr auf diese Geschichten über
mich hören, genausowenig wie auf Geschichten über Sie oder Mr. Macgregor oder jeden anderen europäischen Gentleman.
Aber welche Hoffnung habe ich, daß die Europäer mich wählen werden, nachdem jetzt ihr Geist gegen mich vergiftet worden ist?«
»Nun ja, Doktor, hören Sie zu, ich will Ihnen was sagen. Ich werde Ihren Namen bei der nächsten Generalversammlung
vorschlagen. Ich weiß, daß die Frage dann zur Sprache kommen muß, und wenn jemand vortritt mit dem Namen eines
Kandidaten, glaube ich sagen zu können, daß außer Ellis
niemand gegen ihn stimmen wird. Und inzwischen ...«
»Ach, mein Freund, mein lieber Freund!« Der Doktor konnte
vor Rührung kaum sprechen. Er ergriff Florys Hand. »Ach,
mein Freund, das ist edel! Das ist wahrhaft edel! Aber es ist zuviel. Ich fürchte, Sie werden wieder Ärger mit Ihren
europäischen Freunden haben. Zum Beispiel Mr. Ellis - würde er es dulden, daß Sie meinen Namen vorschlagen?«
»Ach, lassen wir Ellis beiseite. Aber Sie müssen verstehen, daß ich nicht versprechen kann, daß Sie gewählt werden. Es hängt davon ab, was Macgregor sagt und in welcher Laune die anderen sind. Vielleicht kommt aus alledem nichts heraus.«
Der Doktor hielt Florys Hand noch in der seinen, die dick und feucht war. Ihm waren tatsächlich die Tränen in die Augen getreten, die, durch die Brille vergrößert, Flory anstrahlten wie die wäßrigen Augen eines Hundes.
»Ach, mein Freund! Wenn ich doch nur gewählt würde! Das
wäre ein Ende all meiner Schwierigkeiten. Aber, mein Freund, wie gesagt, überstürzen Sie nichts in dieser Angelegenheit.
Hüten Sie sich vor U Po Kyin! Sicher zählt er Sie jetzt schon zu seinen Feinden. Und selbst für Sie kann seine Feindschaft eine Gefahr sein.«
»Ach, lieber Gott, an mich kann er nicht heran. Er hat bisher
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nichts getan - nur ein paar dumme anonyme Briefe.«
»Ich würde mich nicht darauf verlassen. Er hat raffinierte Methoden. Und er wird bestimmt Himmel und Erde
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